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Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 1. Berlin, 1791.

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aber dennoch glimmte schon hier der Funke,
der bald Flamme werden und jedes andere
Licht verdunkeln sollte. Er verräth auch
hier bereits ein hohes Dichtergefühl von der
Würde seines Gegenstandes. Die geheim¬
nissreiche Lehre seiner Kirche zeigte ihm die
erhabensten Wesen in der geringsten, unge¬
bildetsten Klasse eines ungebildeten Volkes.
Diesen schuf er in seiner Einbildungskraft
eine schöne Harmonie ihrer Geisteskräfte;
er bildete in ihren Zügen die sanfte, reine,
richtige Empfindung und jene Güte des Her¬
zens, wozu er in sich selbst das Urbild fand;
mit Einem Worte: er gab ihnen an inten¬
siver Vollkommenheit, was ihnen an exten¬
sivem Wissen fehlen musste. Götter waren
es nicht, die er zu schildern hatte; allein
es blieb ihm unbenommen, sich wenigstens
göttliche Menschen zu denken, und die Be¬
dingnisse sich anschaulich zu machen, unter

denen

aber dennoch glimmte schon hier der Funke,
der bald Flamme werden und jedes andere
Licht verdunkeln sollte. Er verräth auch
hier bereits ein hohes Dichtergefühl von der
Würde seines Gegenstandes. Die geheim¬
niſsreiche Lehre seiner Kirche zeigte ihm die
erhabensten Wesen in der geringsten, unge¬
bildetsten Klasse eines ungebildeten Volkes.
Diesen schuf er in seiner Einbildungskraft
eine schöne Harmonie ihrer Geisteskräfte;
er bildete in ihren Zügen die sanfte, reine,
richtige Empfindung und jene Güte des Her¬
zens, wozu er in sich selbst das Urbild fand;
mit Einem Worte: er gab ihnen an inten¬
siver Vollkommenheit, was ihnen an exten¬
sivem Wissen fehlen muſste. Götter waren
es nicht, die er zu schildern hatte; allein
es blieb ihm unbenommen, sich wenigstens
göttliche Menschen zu denken, und die Be¬
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[224/0236] aber dennoch glimmte schon hier der Funke, der bald Flamme werden und jedes andere Licht verdunkeln sollte. Er verräth auch hier bereits ein hohes Dichtergefühl von der Würde seines Gegenstandes. Die geheim¬ niſsreiche Lehre seiner Kirche zeigte ihm die erhabensten Wesen in der geringsten, unge¬ bildetsten Klasse eines ungebildeten Volkes. Diesen schuf er in seiner Einbildungskraft eine schöne Harmonie ihrer Geisteskräfte; er bildete in ihren Zügen die sanfte, reine, richtige Empfindung und jene Güte des Her¬ zens, wozu er in sich selbst das Urbild fand; mit Einem Worte: er gab ihnen an inten¬ siver Vollkommenheit, was ihnen an exten¬ sivem Wissen fehlen muſste. Götter waren es nicht, die er zu schildern hatte; allein es blieb ihm unbenommen, sich wenigstens göttliche Menschen zu denken, und die Be¬ dingnisse sich anschaulich zu machen, unter denen

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 1. Berlin, 1791, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein01_1791/236>, abgerufen am 27.04.2024.