der Verwirrung! Ich weile jedoch lieber bei dem eigenen Bildnisse des Malers und seiner ersten Gattin. Es ist eine überströ¬ mende Geistesfülle in seinem Kopf, und sein ganzes Wesen, sein Anstand, seine Kleidung verrathen die höchste Eleganz. Wenn Rubens so ausgesehen hat -- und dieses Bild trägt alle Kennzeichen an sich, dass es treu dem Leben nachgebildet worden ist, -- so war der Mensch an ihm bei weitem das Edelste, Grösste und Beste; keines seiner Werke giebt einen halb so erhabenen Begrif von ihm, als diese Nachahmung seiner eigenen Züge. Der schöne, kraftvolle Mann sitzt da in der Blüthe des männlichen Alters. Die tiefliegenden Augen sprühen Feuer hervor unter dem Schatten der dunklen Augen¬ brauen; auf seiner Stirne liest man den Reichthum, und ich möchte fast sagen, auch das Ungezähmte seiner Phantasie. Seine Seele
der Verwirrung! Ich weile jedoch lieber bei dem eigenen Bildnisse des Malers und seiner ersten Gattin. Es ist eine überströ¬ mende Geistesfülle in seinem Kopf, und sein ganzes Wesen, sein Anstand, seine Kleidung verrathen die höchste Eleganz. Wenn Rubens so ausgesehen hat — und dieses Bild trägt alle Kennzeichen an sich, daſs es treu dem Leben nachgebildet worden ist, — so war der Mensch an ihm bei weitem das Edelste, Gröſste und Beste; keines seiner Werke giebt einen halb so erhabenen Begrif von ihm, als diese Nachahmung seiner eigenen Züge. Der schöne, kraftvolle Mann sitzt da in der Blüthe des männlichen Alters. Die tiefliegenden Augen sprühen Feuer hervor unter dem Schatten der dunklen Augen¬ brauen; auf seiner Stirne liest man den Reichthum, und ich möchte fast sagen, auch das Ungezähmte seiner Phantasie. Seine Seele
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0182"n="170"/>
der Verwirrung! Ich weile jedoch lieber<lb/>
bei dem eigenen Bildnisse des Malers und<lb/>
seiner ersten Gattin. Es ist eine überströ¬<lb/>
mende Geistesfülle in seinem Kopf, und sein<lb/>
ganzes Wesen, sein Anstand, seine Kleidung<lb/>
verrathen die höchste Eleganz. Wenn <hirendition="#i">Rubens</hi><lb/>
so ausgesehen hat — und dieses Bild trägt<lb/>
alle Kennzeichen an sich, daſs es treu dem<lb/>
Leben nachgebildet worden ist, — so war<lb/>
der Mensch an ihm bei weitem das Edelste,<lb/>
Gröſste und Beste; keines seiner Werke<lb/>
giebt einen halb so erhabenen Begrif von<lb/>
ihm, als diese Nachahmung seiner eigenen<lb/>
Züge. Der schöne, kraftvolle Mann sitzt da<lb/>
in der Blüthe des männlichen Alters. Die<lb/>
tiefliegenden Augen sprühen Feuer hervor<lb/>
unter dem Schatten der dunklen Augen¬<lb/>
brauen; auf seiner Stirne liest man den<lb/>
Reichthum, und ich möchte fast sagen, auch<lb/>
das Ungezähmte seiner Phantasie. Seine Seele<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[170/0182]
der Verwirrung! Ich weile jedoch lieber
bei dem eigenen Bildnisse des Malers und
seiner ersten Gattin. Es ist eine überströ¬
mende Geistesfülle in seinem Kopf, und sein
ganzes Wesen, sein Anstand, seine Kleidung
verrathen die höchste Eleganz. Wenn Rubens
so ausgesehen hat — und dieses Bild trägt
alle Kennzeichen an sich, daſs es treu dem
Leben nachgebildet worden ist, — so war
der Mensch an ihm bei weitem das Edelste,
Gröſste und Beste; keines seiner Werke
giebt einen halb so erhabenen Begrif von
ihm, als diese Nachahmung seiner eigenen
Züge. Der schöne, kraftvolle Mann sitzt da
in der Blüthe des männlichen Alters. Die
tiefliegenden Augen sprühen Feuer hervor
unter dem Schatten der dunklen Augen¬
brauen; auf seiner Stirne liest man den
Reichthum, und ich möchte fast sagen, auch
das Ungezähmte seiner Phantasie. Seine Seele
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 1. Berlin, 1791, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein01_1791/182>, abgerufen am 04.05.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.