ist indess von Erfindung und von Dichtung die Rede; ich vermisse den kühnen Schwung der Phantasie, der diese müssigen Figuren mit Individualität begaben soll, dass man sie nicht bloss an ihren Attributen, wie den Petrus an seinen Schlüsseln, den Paulus am Schwert, den Moses an den Hörnern und den Gesetztafeln, erkenne. Mitleid und Neu¬ gierde malen sich jedoch in vielen Köpfen. Petrus, Johannes und Moses scheinen über den richterlichen Zorn zu verstummen, der an einer weiblichen Figur im Hintergrunde sogar den vollen Ausdruck des Schreckens, mit zurückgezogenem Kopf und vorgespreiz¬ ter Hand, zuwege bringt.
Jetzt kommen wir dem eigentlichen Schau¬ platz, dessen Gewühl auch die Himmlischen beschäftigt, etwas näher. Zwei sehr weit von einander entfernte Zeitpunkte, der Auf¬ erstehung nämlich und des Gerichts, hat der
ist indeſs von Erfindung und von Dichtung die Rede; ich vermisse den kühnen Schwung der Phantasie, der diese müſsigen Figuren mit Individualität begaben soll, daſs man sie nicht bloſs an ihren Attributen, wie den Petrus an seinen Schlüsseln, den Paulus am Schwert, den Moses an den Hörnern und den Gesetztafeln, erkenne. Mitleid und Neu¬ gierde malen sich jedoch in vielen Köpfen. Petrus, Johannes und Moses scheinen über den richterlichen Zorn zu verstummen, der an einer weiblichen Figur im Hintergrunde sogar den vollen Ausdruck des Schreckens, mit zurückgezogenem Kopf und vorgespreiz¬ ter Hand, zuwege bringt.
Jetzt kommen wir dem eigentlichen Schau¬ platz, dessen Gewühl auch die Himmlischen beschäftigt, etwas näher. Zwei sehr weit von einander entfernte Zeitpunkte, der Auf¬ erstehung nämlich und des Gerichts, hat der
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ist indeſs von Erfindung und von Dichtung
die Rede; ich vermisse den kühnen Schwung
der Phantasie, der diese müſsigen Figuren
mit Individualität begaben soll, daſs man sie
nicht bloſs an ihren Attributen, wie den
Petrus an seinen Schlüsseln, den Paulus am
Schwert, den Moses an den Hörnern und
den Gesetztafeln, erkenne. Mitleid und Neu¬
gierde malen sich jedoch in vielen Köpfen.
Petrus, Johannes und Moses scheinen über
den richterlichen Zorn zu verstummen, der
an einer weiblichen Figur im Hintergrunde
sogar den vollen Ausdruck des Schreckens,
mit zurückgezogenem Kopf und vorgespreiz¬
ter Hand, zuwege bringt.
Jetzt kommen wir dem eigentlichen Schau¬
platz, dessen Gewühl auch die Himmlischen
beschäftigt, etwas näher. Zwei sehr weit
von einander entfernte Zeitpunkte, der Auf¬
erstehung nämlich und des Gerichts, hat der
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Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 1. Berlin, 1791, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein01_1791/155>, abgerufen am 16.02.2025.
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