Leser oder Zuhörer es wohl nicht der Mühe werth finden möchten, ihrer Einbildungs¬ kraft diese Arbeit zuzumuthen, wo das Ge¬ fühl sie nicht dazu begeisterte. Allein, was liegt denn auch daran, ob die Bilder, die wir uns selbst aus der blossen Kraft unseres Wesens schaffen müssen, einem Vorbilde genau entsprechen? Je nachdem unser Gei¬ stesreichthum uns mit freigebiger oder mit karger Hand von der Natur gespendet ward, müssen auch seine Ausströmungen an Man¬ nichfaltigkeit, Harmonie, Schönheit, Grösse und Adel verschieden seyn; und so oft es sich treffen mag, dass sie hinter dem, was grosse Künstler wirklich leisteten, weit zu¬ rückbleiben, sind doch auch die Fälle mög¬ lich, wo sie Meisterwerke überfliegen. Nicht immer sind die genievollsten, phantasiereich¬ sten Menschen im Darstellen geübt; und wer erinnert sich hier nicht an Lessings fei¬
Leser oder Zuhörer es wohl nicht der Mühe werth finden möchten, ihrer Einbildungs¬ kraft diese Arbeit zuzumuthen, wo das Ge¬ fühl sie nicht dazu begeisterte. Allein, was liegt denn auch daran, ob die Bilder, die wir uns selbst aus der bloſsen Kraft unseres Wesens schaffen müssen, einem Vorbilde genau entsprechen? Je nachdem unser Gei¬ stesreichthum uns mit freigebiger oder mit karger Hand von der Natur gespendet ward, müssen auch seine Ausströmungen an Man¬ nichfaltigkeit, Harmonie, Schönheit, Gröſse und Adel verschieden seyn; und so oft es sich treffen mag, daſs sie hinter dem, was groſse Künstler wirklich leisteten, weit zu¬ rückbleiben, sind doch auch die Fälle mög¬ lich, wo sie Meisterwerke überfliegen. Nicht immer sind die genievollsten, phantasiereich¬ sten Menschen im Darstellen geübt; und wer erinnert sich hier nicht an Lessings fei¬
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Leser oder Zuhörer es wohl nicht der Mühe
werth finden möchten, ihrer Einbildungs¬
kraft diese Arbeit zuzumuthen, wo das Ge¬
fühl sie nicht dazu begeisterte. Allein, was
liegt denn auch daran, ob die Bilder, die
wir uns selbst aus der bloſsen Kraft unseres
Wesens schaffen müssen, einem Vorbilde
genau entsprechen? Je nachdem unser Gei¬
stesreichthum uns mit freigebiger oder mit
karger Hand von der Natur gespendet ward,
müssen auch seine Ausströmungen an Man¬
nichfaltigkeit, Harmonie, Schönheit, Gröſse
und Adel verschieden seyn; und so oft es
sich treffen mag, daſs sie hinter dem, was
groſse Künstler wirklich leisteten, weit zu¬
rückbleiben, sind doch auch die Fälle mög¬
lich, wo sie Meisterwerke überfliegen. Nicht
immer sind die genievollsten, phantasiereich¬
sten Menschen im Darstellen geübt; und
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Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 1. Berlin, 1791, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein01_1791/135>, abgerufen am 21.11.2024.
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