fortzupflanzen versucht, die sein Anblick im innern Sinn erregte. Durch diese Fortpflan¬ zung der Empfindungen ahnden wir dann, -- nicht wie das Kunstwerk wirklich gestaltet war, -- aber gleichwohl, wie reich oder arm es seyn musste, um diese oder jene Kräfte zu äussern; und im Augenblicke des Affekts dichten wir vielleicht eine Gestalt, der wir jene Wirkungen zutrauen, und in der wir nun die Schatten jener unmittel¬ baren Eindrücke nachempfinden. Hier wird man mir doch nicht den Einwurf machen, dass ein solches aus der Empfindung allein geschöpftes Bild dem Werke des Künstlers sehr unähnlich ausfallen könne? Ich würde diesen Mangel gern eingestehen, und mir nur die Frage erlauben: ob die Unähnlich¬ keit bei einer blossen Beschreibung nicht noch mehr zu befürchten sei? Die Gefahr zu geschweigen, dass in den meisten Fällen die
fortzupflanzen versucht, die sein Anblick im innern Sinn erregte. Durch diese Fortpflan¬ zung der Empfindungen ahnden wir dann, — nicht wie das Kunstwerk wirklich gestaltet war, — aber gleichwohl, wie reich oder arm es seyn muſste, um diese oder jene Kräfte zu äuſsern; und im Augenblicke des Affekts dichten wir vielleicht eine Gestalt, der wir jene Wirkungen zutrauen, und in der wir nun die Schatten jener unmittel¬ baren Eindrücke nachempfinden. Hier wird man mir doch nicht den Einwurf machen, daſs ein solches aus der Empfindung allein geschöpftes Bild dem Werke des Künstlers sehr unähnlich ausfallen könne? Ich würde diesen Mangel gern eingestehen, und mir nur die Frage erlauben: ob die Unähnlich¬ keit bei einer bloſsen Beschreibung nicht noch mehr zu befürchten sei? Die Gefahr zu geschweigen, daſs in den meisten Fällen die
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fortzupflanzen versucht, die sein Anblick im
innern Sinn erregte. Durch diese Fortpflan¬
zung der Empfindungen ahnden wir dann, —
nicht wie das Kunstwerk wirklich gestaltet
war, — aber gleichwohl, wie reich oder
arm es seyn muſste, um diese oder jene
Kräfte zu äuſsern; und im Augenblicke des
Affekts dichten wir vielleicht eine Gestalt,
der wir jene Wirkungen zutrauen, und in
der wir nun die Schatten jener unmittel¬
baren Eindrücke nachempfinden. Hier wird
man mir doch nicht den Einwurf machen,
daſs ein solches aus der Empfindung allein
geschöpftes Bild dem Werke des Künstlers
sehr unähnlich ausfallen könne? Ich würde
diesen Mangel gern eingestehen, und mir
nur die Frage erlauben: ob die Unähnlich¬
keit bei einer bloſsen Beschreibung nicht
noch mehr zu befürchten sei? Die Gefahr
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Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 1. Berlin, 1791, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein01_1791/134>, abgerufen am 02.05.2024.
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