Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898.

Bild:
<< vorherige Seite

immer ein Hochgenuß. Ein noch größerer bestand darin, die - verglichen mit unsren Berliner Radaubrüdern - oft feinen und dabei humoristischen Formen zu beobachten, die in dieser Verbrecherwelt anzutreffen waren. Eigentlicher Knotismus ist nur bei uns zu studieren.

Diese Fahrten durch die sehr unoffizielle Welt von London währten eine geraume Zeit. Als wir schließlich Schicht damit machten, kamen Landpartieen an die Reihe, richtiger vielleicht weite Spaziergänge in die Londoner Umgegend. Eines Tages, nachdem wir den Vormittag in einer Werbe-Kneipe dicht bei Downing-Street - Straße, darin die sehr unscheinbaren Baulichkeiten des Auswärtigen Amtes gelegen sind - zugebracht hatten, nahmen wir unsren Weg, über die Westminsterbrücke, nach Süden und schritten auf Kennington-Common und dann auf Norwood und jene reizenden Wald- und Wiesengründe zu, die den Crystal-Palace einfassen. Leise, durchsichtige Nebel lagen über der Landschaft, zugleich aber war es frühlingsfrisch, so daß uns die Luft beinah trug und das Marschieren keine Mühe machte. Faucher hatte seinen besten Tag und sprudelte nur so, wobei mir, nebenherlaufend, die Bemerkung gestattet sein mag, daß ich, mit Ausnahme von Bismarck - von diesem dann freilich in einem guten Abstand -

immer ein Hochgenuß. Ein noch größerer bestand darin, die – verglichen mit unsren Berliner Radaubrüdern – oft feinen und dabei humoristischen Formen zu beobachten, die in dieser Verbrecherwelt anzutreffen waren. Eigentlicher Knotismus ist nur bei uns zu studieren.

Diese Fahrten durch die sehr unoffizielle Welt von London währten eine geraume Zeit. Als wir schließlich Schicht damit machten, kamen Landpartieen an die Reihe, richtiger vielleicht weite Spaziergänge in die Londoner Umgegend. Eines Tages, nachdem wir den Vormittag in einer Werbe-Kneipe dicht bei Downing-Street – Straße, darin die sehr unscheinbaren Baulichkeiten des Auswärtigen Amtes gelegen sind – zugebracht hatten, nahmen wir unsren Weg, über die Westminsterbrücke, nach Süden und schritten auf Kennington-Common und dann auf Norwood und jene reizenden Wald- und Wiesengründe zu, die den Crystal-Palace einfassen. Leise, durchsichtige Nebel lagen über der Landschaft, zugleich aber war es frühlingsfrisch, so daß uns die Luft beinah trug und das Marschieren keine Mühe machte. Faucher hatte seinen besten Tag und sprudelte nur so, wobei mir, nebenherlaufend, die Bemerkung gestattet sein mag, daß ich, mit Ausnahme von Bismarck – von diesem dann freilich in einem guten Abstand –

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0074" n="65"/>
immer ein Hochgenuß. Ein noch größerer bestand darin, die &#x2013; verglichen mit unsren Berliner Radaubrüdern &#x2013; oft feinen und dabei humoristischen Formen zu beobachten, die in dieser Verbrecherwelt anzutreffen waren. Eigentlicher Knotismus ist nur bei uns zu studieren.</p><lb/>
          <p>Diese Fahrten durch die sehr unoffizielle Welt von London währten eine geraume Zeit. Als wir schließlich Schicht damit machten, kamen Landpartieen an die Reihe, richtiger vielleicht weite Spaziergänge in die Londoner Umgegend. Eines Tages, nachdem wir den Vormittag in einer Werbe-Kneipe dicht bei Downing-Street &#x2013; Straße, darin die sehr unscheinbaren Baulichkeiten des Auswärtigen Amtes gelegen sind &#x2013; zugebracht hatten, nahmen wir unsren Weg, über die Westminsterbrücke, nach Süden und schritten auf Kennington-Common und dann auf Norwood und jene reizenden Wald- und Wiesengründe zu, die den Crystal-Palace einfassen. Leise, durchsichtige Nebel lagen über der Landschaft, zugleich aber war es frühlingsfrisch, so daß uns die Luft beinah trug und das Marschieren keine Mühe machte. Faucher hatte seinen besten Tag und sprudelte nur so, wobei mir, nebenherlaufend, die Bemerkung gestattet sein mag, daß ich, mit Ausnahme von Bismarck &#x2013; von diesem dann freilich in einem guten Abstand &#x2013;<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[65/0074] immer ein Hochgenuß. Ein noch größerer bestand darin, die – verglichen mit unsren Berliner Radaubrüdern – oft feinen und dabei humoristischen Formen zu beobachten, die in dieser Verbrecherwelt anzutreffen waren. Eigentlicher Knotismus ist nur bei uns zu studieren. Diese Fahrten durch die sehr unoffizielle Welt von London währten eine geraume Zeit. Als wir schließlich Schicht damit machten, kamen Landpartieen an die Reihe, richtiger vielleicht weite Spaziergänge in die Londoner Umgegend. Eines Tages, nachdem wir den Vormittag in einer Werbe-Kneipe dicht bei Downing-Street – Straße, darin die sehr unscheinbaren Baulichkeiten des Auswärtigen Amtes gelegen sind – zugebracht hatten, nahmen wir unsren Weg, über die Westminsterbrücke, nach Süden und schritten auf Kennington-Common und dann auf Norwood und jene reizenden Wald- und Wiesengründe zu, die den Crystal-Palace einfassen. Leise, durchsichtige Nebel lagen über der Landschaft, zugleich aber war es frühlingsfrisch, so daß uns die Luft beinah trug und das Marschieren keine Mühe machte. Faucher hatte seinen besten Tag und sprudelte nur so, wobei mir, nebenherlaufend, die Bemerkung gestattet sein mag, daß ich, mit Ausnahme von Bismarck – von diesem dann freilich in einem guten Abstand –

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen, Theodor Fontane: Große Brandenburger Ausgabe (GBA): Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). (2018-07-25T10:02:20Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Rahel Gajaneh Hartz: Bearbeitung der digitalen Edition. (2018-07-25T10:02:20Z)

Weitere Informationen:

Theodor Fontane: Von Zwanzig bis Dreißig. Autobiographisches. Hrsg. von der Theodor Fontane-Arbeitsstelle, Universität Göttingen. Bandbearbeiter: Wolfgang Rasch. Berlin 2014 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das autobiographische Werk, Bd. 3]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin).

Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).

  • Bogensignaturen: nicht übernommen;
  • Druckfehler: dokumentiert;
  • fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;
  • Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet;
  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert;
  • langes s (ſ): als s transkribiert;
  • Normalisierungen: keine;
  • Seitenumbrüche markiert: ja;
  • Silbentrennung: aufgelöst;
  • Vollständigkeit: vollständig erfasst;
  • Zeichensetzung: wie Vorlage;
  • Zeilenumbrüche markiert: nein.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_zwanzig_1898
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_zwanzig_1898/74
Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_zwanzig_1898/74>, abgerufen am 18.05.2024.