bin, etwa wie die meisten Menschen Oberförsterschwärmer zu sein pflegen. Einzelne Berufe sind eben bevorzugt. Aber das mit dem nicht "einzuschlagenden Nagel" oder gar - wie in dem zweiten Falle - das Verbot eines an einer höchst fragwürdigen Kasernenbau-Front anzubringenden Fensterladens, ist mir denn doch zu viel gewesen. Da spricht man immer von Maleranmaßung, wenn irgendwo ein unglücklicher pittore glaubt, sich gegen eine von pater familias gewünschte Farbenungeheuerlichkeit auflehnen zu müssen, oder man eifert auch wohl gegen den Eigensinn und Dünkel eines armen Tragödienschreibers, der zwei Menschen, die, seiner Meinung nach, sterben müssen, nicht in der Matthäikirche trauen lassen will. Aber was wollen diese sogenannten Maler- und Dichtereigensinnigkeiten sagen gegen diesen Architektenhochmut, der mir das Anbringen eines mich leidlich gegen Blendung schützenden Fensterladens verbieten und mich, vielleicht auf ein Menschenalter hin, zum Schmoren in der Nachmittagssonne verurteilen will.
Bethanien war eine Schöpfung Friedrich Wilhelms IV., der diesem Diakonissenhause, von Beginn seiner Regierung an, seine ganz besondere Liebe zu-
bin, etwa wie die meisten Menschen Oberförsterschwärmer zu sein pflegen. Einzelne Berufe sind eben bevorzugt. Aber das mit dem nicht „einzuschlagenden Nagel“ oder gar – wie in dem zweiten Falle – das Verbot eines an einer höchst fragwürdigen Kasernenbau-Front anzubringenden Fensterladens, ist mir denn doch zu viel gewesen. Da spricht man immer von Maleranmaßung, wenn irgendwo ein unglücklicher pittore glaubt, sich gegen eine von pater familias gewünschte Farbenungeheuerlichkeit auflehnen zu müssen, oder man eifert auch wohl gegen den Eigensinn und Dünkel eines armen Tragödienschreibers, der zwei Menschen, die, seiner Meinung nach, sterben müssen, nicht in der Matthäikirche trauen lassen will. Aber was wollen diese sogenannten Maler- und Dichtereigensinnigkeiten sagen gegen diesen Architektenhochmut, der mir das Anbringen eines mich leidlich gegen Blendung schützenden Fensterladens verbieten und mich, vielleicht auf ein Menschenalter hin, zum Schmoren in der Nachmittagssonne verurteilen will.
Bethanien war eine Schöpfung Friedrich Wilhelms IV., der diesem Diakonissenhause, von Beginn seiner Regierung an, seine ganz besondere Liebe zu-
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bin, etwa wie die meisten Menschen Oberförsterschwärmer zu sein pflegen. Einzelne Berufe sind eben bevorzugt. Aber das mit dem nicht „einzuschlagenden Nagel“ oder gar – wie in dem zweiten Falle – das Verbot eines an einer höchst fragwürdigen Kasernenbau-Front anzubringenden Fensterladens, ist mir denn doch zu viel gewesen. Da spricht man immer von Maleranmaßung, wenn irgendwo ein unglücklicher <hirendition="#aq">pittore</hi> glaubt, sich gegen eine von <hirendition="#aq">pater familias</hi> gewünschte Farbenungeheuerlichkeit auflehnen zu müssen, oder man eifert auch wohl gegen den Eigensinn und Dünkel eines armen Tragödienschreibers, der zwei Menschen, die, seiner Meinung nach, sterben müssen, nicht in der Matthäikirche trauen lassen will. Aber was wollen diese sogenannten Maler- und Dichtereigensinnigkeiten sagen gegen diesen Architektenhochmut, der mir das Anbringen eines mich leidlich gegen Blendung schützenden Fensterladens verbieten und mich, vielleicht auf ein Menschenalter hin, zum Schmoren in der Nachmittagssonne verurteilen will.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><p>Bethanien war eine Schöpfung Friedrich Wilhelms <hirendition="#aq">IV.</hi>, der diesem Diakonissenhause, von Beginn seiner Regierung an, seine ganz besondere Liebe zu-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
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bin, etwa wie die meisten Menschen Oberförsterschwärmer zu sein pflegen. Einzelne Berufe sind eben bevorzugt. Aber das mit dem nicht „einzuschlagenden Nagel“ oder gar – wie in dem zweiten Falle – das Verbot eines an einer höchst fragwürdigen Kasernenbau-Front anzubringenden Fensterladens, ist mir denn doch zu viel gewesen. Da spricht man immer von Maleranmaßung, wenn irgendwo ein unglücklicher pittore glaubt, sich gegen eine von pater familias gewünschte Farbenungeheuerlichkeit auflehnen zu müssen, oder man eifert auch wohl gegen den Eigensinn und Dünkel eines armen Tragödienschreibers, der zwei Menschen, die, seiner Meinung nach, sterben müssen, nicht in der Matthäikirche trauen lassen will. Aber was wollen diese sogenannten Maler- und Dichtereigensinnigkeiten sagen gegen diesen Architektenhochmut, der mir das Anbringen eines mich leidlich gegen Blendung schützenden Fensterladens verbieten und mich, vielleicht auf ein Menschenalter hin, zum Schmoren in der Nachmittagssonne verurteilen will.
Bethanien war eine Schöpfung Friedrich Wilhelms IV., der diesem Diakonissenhause, von Beginn seiner Regierung an, seine ganz besondere Liebe zu-
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Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898, S. 641. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_zwanzig_1898/650>, abgerufen am 23.07.2024.
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