Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898.Es war ihm, wie schon angedeutet, immer eine große Freude, sich vorweg vorzustellen, wie wohl eine von ihm durchlebte Sache auf mich wirken würde, und noch wenige Jahre vor seinem Tode, als er 'mal wieder etwas ganz Lepel'sches inszeniert hatte, sprach er mir, als sich der Erzählungsmoment für ihn einstellte, dies mit einem besonders liebenswürdigen Behagen aus. Er war auf - sagen wir - Donnerstag den neunzehnten Juni zu einer Hochzeit geladen worden und zwar nach Warmbrunn hin, wo sich ein Verwandter von ihm mit einer jungen Amerikanerin verheiraten wollte. Nie groß im festen sich Einprägen von Zahlen, und überhaupt etwas unpünktlich, traf er - weil er nur "Donnerstag" behalten hatte - statt am neunzehnten Juni schon am zwölften mit dem Frühzuge in Warmbrunn ein, stieg im Preußischen Hof ab, warf sich in Frack und erschien in dem gemutmaßten Hochzeitshause. Hier erfuhr er dann freilich, daß er um eine Woche zu früh gekommen sei, weshalb er, unter Entschuldigungen, am selben Tage wieder abreiste, fest entschlossen, das nächste Mal besser aufzupassen. Das geschah denn auch und rechtzeitig traf er am folgenden Donnerstag früh wieder im Preußischen Hof zu Warmbrunn ein. Er hatte noch zwei Stunden bis zur Trauung, und weil ihm der Wirt gefiel, Es war ihm, wie schon angedeutet, immer eine große Freude, sich vorweg vorzustellen, wie wohl eine von ihm durchlebte Sache auf mich wirken würde, und noch wenige Jahre vor seinem Tode, als er ’mal wieder etwas ganz Lepel’sches inszeniert hatte, sprach er mir, als sich der Erzählungsmoment für ihn einstellte, dies mit einem besonders liebenswürdigen Behagen aus. Er war auf – sagen wir – Donnerstag den neunzehnten Juni zu einer Hochzeit geladen worden und zwar nach Warmbrunn hin, wo sich ein Verwandter von ihm mit einer jungen Amerikanerin verheiraten wollte. Nie groß im festen sich Einprägen von Zahlen, und überhaupt etwas unpünktlich, traf er – weil er nur „Donnerstag“ behalten hatte – statt am neunzehnten Juni schon am zwölften mit dem Frühzuge in Warmbrunn ein, stieg im Preußischen Hof ab, warf sich in Frack und erschien in dem gemutmaßten Hochzeitshause. Hier erfuhr er dann freilich, daß er um eine Woche zu früh gekommen sei, weshalb er, unter Entschuldigungen, am selben Tage wieder abreiste, fest entschlossen, das nächste Mal besser aufzupassen. Das geschah denn auch und rechtzeitig traf er am folgenden Donnerstag früh wieder im Preußischen Hof zu Warmbrunn ein. Er hatte noch zwei Stunden bis zur Trauung, und weil ihm der Wirt gefiel, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0489" n="480"/> <p>Es war ihm, wie schon angedeutet, immer eine große Freude, sich vorweg vorzustellen, wie wohl eine von ihm durchlebte Sache auf mich wirken würde, und noch wenige Jahre vor seinem Tode, als er ’mal wieder etwas ganz Lepel’sches inszeniert hatte, sprach er mir, als sich der Erzählungsmoment für ihn einstellte, dies mit einem besonders liebenswürdigen Behagen aus. Er war auf – sagen wir – Donnerstag den neunzehnten Juni zu einer Hochzeit geladen worden und zwar nach Warmbrunn hin, wo sich ein Verwandter von ihm mit einer jungen Amerikanerin verheiraten wollte. Nie groß im festen sich Einprägen von Zahlen, und überhaupt etwas unpünktlich, traf er – weil er nur „Donnerstag“ behalten hatte – statt am neunzehnten Juni schon am zwölften mit dem Frühzuge in Warmbrunn ein, stieg im Preußischen Hof ab, warf sich in Frack und erschien in dem gemutmaßten Hochzeitshause. Hier erfuhr er dann freilich, daß er um eine Woche zu früh gekommen sei, weshalb er, unter Entschuldigungen, am selben Tage wieder abreiste, fest entschlossen, das nächste Mal besser aufzupassen. Das geschah denn auch und rechtzeitig traf er am folgenden Donnerstag früh wieder im Preußischen Hof zu Warmbrunn ein. Er hatte noch zwei Stunden bis zur Trauung, und weil ihm der Wirt gefiel,<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [480/0489]
Es war ihm, wie schon angedeutet, immer eine große Freude, sich vorweg vorzustellen, wie wohl eine von ihm durchlebte Sache auf mich wirken würde, und noch wenige Jahre vor seinem Tode, als er ’mal wieder etwas ganz Lepel’sches inszeniert hatte, sprach er mir, als sich der Erzählungsmoment für ihn einstellte, dies mit einem besonders liebenswürdigen Behagen aus. Er war auf – sagen wir – Donnerstag den neunzehnten Juni zu einer Hochzeit geladen worden und zwar nach Warmbrunn hin, wo sich ein Verwandter von ihm mit einer jungen Amerikanerin verheiraten wollte. Nie groß im festen sich Einprägen von Zahlen, und überhaupt etwas unpünktlich, traf er – weil er nur „Donnerstag“ behalten hatte – statt am neunzehnten Juni schon am zwölften mit dem Frühzuge in Warmbrunn ein, stieg im Preußischen Hof ab, warf sich in Frack und erschien in dem gemutmaßten Hochzeitshause. Hier erfuhr er dann freilich, daß er um eine Woche zu früh gekommen sei, weshalb er, unter Entschuldigungen, am selben Tage wieder abreiste, fest entschlossen, das nächste Mal besser aufzupassen. Das geschah denn auch und rechtzeitig traf er am folgenden Donnerstag früh wieder im Preußischen Hof zu Warmbrunn ein. Er hatte noch zwei Stunden bis zur Trauung, und weil ihm der Wirt gefiel,
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(2018-07-25T10:02:20Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Rahel Gajaneh Hartz: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2018-07-25T10:02:20Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Von Zwanzig bis Dreißig. Autobiographisches. Hrsg. von der Theodor Fontane-Arbeitsstelle, Universität Göttingen. Bandbearbeiter: Wolfgang Rasch. Berlin 2014 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das autobiographische Werk, Bd. 3]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).
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