Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898.die der "Salon" der Frau Clara den Schauplatz bot. Aber schöner als diese Feste waren die Stunden, die nichts vor einem erschlossen als ein alltägliches Leben, das doch wiederum kein alltägliches Leben war. Von der damals noch wenig belebten Straße drang kaum ein Laut herauf. Eine hohe Schirmlampe gab ein gedämpftes Licht, und um den Tisch herum saßen die Damen: Frau Clara, die noch schöne Mutter, neben ihr die heranblühende Tochter - Heyse nannte sie seinen "Borsdorfer Apfel" - und abseits auf einer Fußbank der Liebling des Hauses, die zwölfjährige Jeanette Baeyer[...] Tochter des Generals, mit klugen großen Augen und vollem schwarzen Haar, der entzückendste Backfisch, den ich je gesehen, und dalberte mit dem mal wieder in einer neuen Weste, türkisches Muster, erschienenen Eggers, der entweder, weil fröstelnd, auf einem Holzkorb in der Nähe des Ofens hockte, oder sich mit einer halb an einen Clown und halb an einen Akrobaten erinnernden Geschicklichkeit über den Zimmerteppich hintrudelte. Denn er gehörte zu denen, die, graziös in ihrem Thun, auch das Gewagteste wagen können. Und dann schließlich, wenn die Theestunde da war, erschien Kugler selbst und setzte sich an das Klavier, über dem eine gute Kopie des Murillo'schen Heiligen Franciscus hing, und nun, auf Zuruf der Seinen, die der „Salon“ der Frau Clara den Schauplatz bot. Aber schöner als diese Feste waren die Stunden, die nichts vor einem erschlossen als ein alltägliches Leben, das doch wiederum kein alltägliches Leben war. Von der damals noch wenig belebten Straße drang kaum ein Laut herauf. Eine hohe Schirmlampe gab ein gedämpftes Licht, und um den Tisch herum saßen die Damen: Frau Clara, die noch schöne Mutter, neben ihr die heranblühende Tochter – Heyse nannte sie seinen „Borsdorfer Apfel“ – und abseits auf einer Fußbank der Liebling des Hauses, die zwölfjährige Jeanette Baeyer[…] Tochter des Generals, mit klugen großen Augen und vollem schwarzen Haar, der entzückendste Backfisch, den ich je gesehen, und dalberte mit dem mal wieder in einer neuen Weste, türkisches Muster, erschienenen Eggers, der entweder, weil fröstelnd, auf einem Holzkorb in der Nähe des Ofens hockte, oder sich mit einer halb an einen Clown und halb an einen Akrobaten erinnernden Geschicklichkeit über den Zimmerteppich hintrudelte. Denn er gehörte zu denen, die, graziös in ihrem Thun, auch das Gewagteste wagen können. Und dann schließlich, wenn die Theestunde da war, erschien Kugler selbst und setzte sich an das Klavier, über dem eine gute Kopie des Murillo’schen Heiligen Franciscus hing, und nun, auf Zuruf der Seinen, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0312" n="303"/> die der „Salon“ der Frau Clara den Schauplatz bot. Aber schöner als diese Feste waren die Stunden, die nichts vor einem erschlossen als ein alltägliches Leben, das doch wiederum kein alltägliches Leben war. Von der damals noch wenig belebten Straße drang kaum ein Laut herauf. Eine hohe Schirmlampe gab ein gedämpftes Licht, und um den Tisch herum saßen die Damen: Frau Clara, die noch schöne Mutter, neben ihr die heranblühende Tochter – Heyse nannte sie seinen „Borsdorfer Apfel“ – und abseits auf einer Fußbank der Liebling des Hauses, die zwölfjährige Jeanette Baeyer<choice><sic/><corr/></choice> Tochter des Generals, mit klugen großen Augen und vollem schwarzen Haar, der entzückendste Backfisch, den ich je gesehen, und dalberte mit dem mal wieder in einer neuen Weste, türkisches Muster, erschienenen Eggers, der entweder, weil fröstelnd, auf einem Holzkorb in der Nähe des Ofens hockte, oder sich mit einer halb an einen Clown und halb an einen Akrobaten <choice><sic>er-<lb/> erinnernden</sic><corr>erinnernden</corr></choice> Geschicklichkeit über den Zimmerteppich hintrudelte. Denn er gehörte zu denen, die, graziös in ihrem Thun, auch das Gewagteste wagen können. Und dann schließlich, wenn die Theestunde da war, erschien Kugler selbst und setzte sich an das Klavier, über dem eine gute Kopie des Murillo’schen Heiligen Franciscus hing, und nun, auf Zuruf der Seinen,<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [303/0312]
die der „Salon“ der Frau Clara den Schauplatz bot. Aber schöner als diese Feste waren die Stunden, die nichts vor einem erschlossen als ein alltägliches Leben, das doch wiederum kein alltägliches Leben war. Von der damals noch wenig belebten Straße drang kaum ein Laut herauf. Eine hohe Schirmlampe gab ein gedämpftes Licht, und um den Tisch herum saßen die Damen: Frau Clara, die noch schöne Mutter, neben ihr die heranblühende Tochter – Heyse nannte sie seinen „Borsdorfer Apfel“ – und abseits auf einer Fußbank der Liebling des Hauses, die zwölfjährige Jeanette Baeyer Tochter des Generals, mit klugen großen Augen und vollem schwarzen Haar, der entzückendste Backfisch, den ich je gesehen, und dalberte mit dem mal wieder in einer neuen Weste, türkisches Muster, erschienenen Eggers, der entweder, weil fröstelnd, auf einem Holzkorb in der Nähe des Ofens hockte, oder sich mit einer halb an einen Clown und halb an einen Akrobaten erinnernden Geschicklichkeit über den Zimmerteppich hintrudelte. Denn er gehörte zu denen, die, graziös in ihrem Thun, auch das Gewagteste wagen können. Und dann schließlich, wenn die Theestunde da war, erschien Kugler selbst und setzte sich an das Klavier, über dem eine gute Kopie des Murillo’schen Heiligen Franciscus hing, und nun, auf Zuruf der Seinen,
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(2018-07-25T10:02:20Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Rahel Gajaneh Hartz: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2018-07-25T10:02:20Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Von Zwanzig bis Dreißig. Autobiographisches. Hrsg. von der Theodor Fontane-Arbeitsstelle, Universität Göttingen. Bandbearbeiter: Wolfgang Rasch. Berlin 2014 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das autobiographische Werk, Bd. 3]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).
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