Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898.junge Künstler, Dichter und Gelehrte: Storm, Otto Gildemeister, Jakob Burckhardt (Basel), Lucae, Roquette, Felix Dahn, Zöllner, Wilhelm Lübke. Von den Abenden, wo Storm Gast war, erzähl' ich an anderer Stelle; Lübke, damals noch ganz jung, erschien, von Eggers und Zöllner eingeführt, in Papiervatermördern, die damals noch nicht elegant-fabrikmäßig hergestellt, sondern in jedem Einzelfall aus steifem Papier ausgeschnitten wurden. Der Unglückliche litt furchtbar, physisch und moralisch, weil ihn nicht nur die Papierspitzen stachen, sondern auch weil das minderwertige Aushülfe-Material von dem scharfen Auge der Damen erkannt worden war. Einmal gab es auch eine kleine Gesellschaft, Eichendorff zu Ehren, und Paul Heyse, damals kaum zweiundzwanzig, hielt ihm eine improvisierte Toastansprache in Versen. Er war so erregt dabei, daß ich durch den zwischen uns befindlichen Tischfuß sein Zittern fühlte. - Jener Eichendorff-Abend verlief im engsten Zirkel. Aber auch wenn große Gesellschaft war, mußte der bescheidene Raum ausreichen, so beispielsweise, wenn an dem einen oder anderen Geburtstag Kugler'sche Stücke gespielt, oder, bei noch feierlicheren Gelegenheiten, Polterabend-Aufführungen insceniert wurden. So vor allem bei Heyses Hochzeit im Herbst 1854. Das waren die Feste, mal große, mal kleine, für junge Künstler, Dichter und Gelehrte: Storm, Otto Gildemeister, Jakob Burckhardt (Basel), Lucae, Roquette, Felix Dahn, Zöllner, Wilhelm Lübke. Von den Abenden, wo Storm Gast war, erzähl’ ich an anderer Stelle; Lübke, damals noch ganz jung, erschien, von Eggers und Zöllner eingeführt, in Papiervatermördern, die damals noch nicht elegant-fabrikmäßig hergestellt, sondern in jedem Einzelfall aus steifem Papier ausgeschnitten wurden. Der Unglückliche litt furchtbar, physisch und moralisch, weil ihn nicht nur die Papierspitzen stachen, sondern auch weil das minderwertige Aushülfe-Material von dem scharfen Auge der Damen erkannt worden war. Einmal gab es auch eine kleine Gesellschaft, Eichendorff zu Ehren, und Paul Heyse, damals kaum zweiundzwanzig, hielt ihm eine improvisierte Toastansprache in Versen. Er war so erregt dabei, daß ich durch den zwischen uns befindlichen Tischfuß sein Zittern fühlte. – Jener Eichendorff-Abend verlief im engsten Zirkel. Aber auch wenn große Gesellschaft war, mußte der bescheidene Raum ausreichen, so beispielsweise, wenn an dem einen oder anderen Geburtstag Kugler’sche Stücke gespielt, oder, bei noch feierlicheren Gelegenheiten, Polterabend-Aufführungen insceniert wurden. So vor allem bei Heyses Hochzeit im Herbst 1854. Das waren die Feste, mal große, mal kleine, für <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0311" n="302"/> junge Künstler, Dichter und Gelehrte: Storm, Otto Gildemeister, Jakob Burckhardt (Basel), Lucae, Roquette, Felix Dahn, Zöllner, Wilhelm Lübke.</p><lb/> <p>Von den Abenden, wo Storm Gast war, erzähl’ ich an anderer Stelle; Lübke, damals noch ganz jung, erschien, von Eggers und Zöllner eingeführt, in Papiervatermördern, die damals noch nicht elegant-fabrikmäßig hergestellt, sondern in jedem Einzelfall aus steifem Papier ausgeschnitten wurden. Der Unglückliche litt furchtbar, physisch und moralisch, weil ihn nicht nur die Papierspitzen stachen, sondern auch weil das minderwertige Aushülfe-Material von dem scharfen Auge der Damen erkannt worden war. Einmal gab es auch eine kleine Gesellschaft, Eichendorff zu Ehren, und Paul Heyse, damals kaum zweiundzwanzig, hielt ihm eine improvisierte Toastansprache in Versen. Er war so erregt dabei, daß ich durch den zwischen uns befindlichen Tischfuß sein Zittern fühlte. – Jener Eichendorff-Abend verlief im engsten Zirkel. Aber auch wenn große Gesellschaft war, mußte der bescheidene Raum ausreichen, so beispielsweise, wenn an dem einen oder anderen Geburtstag Kugler’sche Stücke gespielt, oder, bei noch feierlicheren Gelegenheiten, Polterabend-Aufführungen insceniert wurden. So vor allem bei Heyses Hochzeit im Herbst 1854.</p><lb/> <p>Das waren die Feste, mal große, mal kleine, für<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [302/0311]
junge Künstler, Dichter und Gelehrte: Storm, Otto Gildemeister, Jakob Burckhardt (Basel), Lucae, Roquette, Felix Dahn, Zöllner, Wilhelm Lübke.
Von den Abenden, wo Storm Gast war, erzähl’ ich an anderer Stelle; Lübke, damals noch ganz jung, erschien, von Eggers und Zöllner eingeführt, in Papiervatermördern, die damals noch nicht elegant-fabrikmäßig hergestellt, sondern in jedem Einzelfall aus steifem Papier ausgeschnitten wurden. Der Unglückliche litt furchtbar, physisch und moralisch, weil ihn nicht nur die Papierspitzen stachen, sondern auch weil das minderwertige Aushülfe-Material von dem scharfen Auge der Damen erkannt worden war. Einmal gab es auch eine kleine Gesellschaft, Eichendorff zu Ehren, und Paul Heyse, damals kaum zweiundzwanzig, hielt ihm eine improvisierte Toastansprache in Versen. Er war so erregt dabei, daß ich durch den zwischen uns befindlichen Tischfuß sein Zittern fühlte. – Jener Eichendorff-Abend verlief im engsten Zirkel. Aber auch wenn große Gesellschaft war, mußte der bescheidene Raum ausreichen, so beispielsweise, wenn an dem einen oder anderen Geburtstag Kugler’sche Stücke gespielt, oder, bei noch feierlicheren Gelegenheiten, Polterabend-Aufführungen insceniert wurden. So vor allem bei Heyses Hochzeit im Herbst 1854.
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(2018-07-25T10:02:20Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Rahel Gajaneh Hartz: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2018-07-25T10:02:20Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Von Zwanzig bis Dreißig. Autobiographisches. Hrsg. von der Theodor Fontane-Arbeitsstelle, Universität Göttingen. Bandbearbeiter: Wolfgang Rasch. Berlin 2014 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das autobiographische Werk, Bd. 3]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).
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