vorlag. Im Wachtlokal war er nicht anders, wie vorher in der Kneipe, randalierte, schlug um sich und stellte sich schließlich vor mich hin, dabei mich anschreiend: "Himmelwetter, ich bin auch Soldat gewesen, ... so geht das nicht, Herr Fähnrich, ... Sie verstehen den Dienst nicht." Alle solche Szenen sind mir immer gräßlich gewesen. Aber wenn sie da sind, amüsieren sie mich eigentlich. So war es auch diesmal und ich kam in ein Lachen, bis ein Zwischenfall mich mit einem Mal in eine sehr schwierige Lage brachte. Der Posten draußen vorm Gewehr, wahrscheinlich ein Gefreiter, also halbe Respektsperson, glaubte, als das Toben da drinnen kein Ende nehmen wollte, daß er mir zur Hülfe kommen müsse, stürzte ohne weiteres in das Wachtlokal herein und stieß dem Randaleur den Kolben derart vor die Brust, daß er in die Ecke taumelte. Das war nun alles sehr gut gemeint, aber doch eigentlich ganz unverschämt; er hatte draußen Posten zu stehen, statt ungerufen herein zu stürzen und mir seine gar nicht gewollte Hülfe aufzudrängen. Es hieß doch nicht viel was anderes, als wie: "der Freiwillige weiß nicht mehr aus noch ein, da muß ich einspringen," - und so war ich denn in der unangenehmen Lage, daß ich meinen Hülfebringer andonnern und wieder an seinen Posten 'raus ver-
vorlag. Im Wachtlokal war er nicht anders, wie vorher in der Kneipe, randalierte, schlug um sich und stellte sich schließlich vor mich hin, dabei mich anschreiend: „Himmelwetter, ich bin auch Soldat gewesen, … so geht das nicht, Herr Fähnrich, … Sie verstehen den Dienst nicht.“ Alle solche Szenen sind mir immer gräßlich gewesen. Aber wenn sie da sind, amüsieren sie mich eigentlich. So war es auch diesmal und ich kam in ein Lachen, bis ein Zwischenfall mich mit einem Mal in eine sehr schwierige Lage brachte. Der Posten draußen vorm Gewehr, wahrscheinlich ein Gefreiter, also halbe Respektsperson, glaubte, als das Toben da drinnen kein Ende nehmen wollte, daß er mir zur Hülfe kommen müsse, stürzte ohne weiteres in das Wachtlokal herein und stieß dem Randaleur den Kolben derart vor die Brust, daß er in die Ecke taumelte. Das war nun alles sehr gut gemeint, aber doch eigentlich ganz unverschämt; er hatte draußen Posten zu stehen, statt ungerufen herein zu stürzen und mir seine gar nicht gewollte Hülfe aufzudrängen. Es hieß doch nicht viel was anderes, als wie: „der Freiwillige weiß nicht mehr aus noch ein, da muß ich einspringen,“ – und so war ich denn in der unangenehmen Lage, daß ich meinen Hülfebringer andonnern und wieder an seinen Posten ’raus ver-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0259"n="250"/>
vorlag. Im Wachtlokal war er nicht anders, wie vorher <choice><sic>iu</sic><corr>in</corr></choice> der Kneipe, randalierte, schlug um sich und stellte sich schließlich vor mich hin, dabei mich anschreiend: „Himmelwetter, ich bin auch Soldat gewesen, … so geht das nicht, Herr Fähnrich, … Sie verstehen den Dienst nicht.“ Alle solche Szenen sind mir immer gräßlich gewesen. Aber wenn sie da sind, amüsieren sie mich eigentlich. So war es auch diesmal und ich kam in ein Lachen, bis ein Zwischenfall mich mit einem Mal in eine sehr schwierige Lage brachte. Der Posten draußen vorm Gewehr, wahrscheinlich ein Gefreiter, also halbe Respektsperson, glaubte, als das Toben da drinnen kein Ende nehmen wollte, daß er mir zur Hülfe kommen müsse, stürzte ohne weiteres in das Wachtlokal herein und stieß dem Randaleur den Kolben derart vor die Brust, daß er in die Ecke taumelte. Das war nun alles sehr gut gemeint, aber doch eigentlich ganz unverschämt; er hatte draußen Posten zu stehen, statt ungerufen herein zu stürzen und mir seine gar nicht gewollte Hülfe aufzudrängen. Es hieß doch nicht viel was anderes, als wie: „der Freiwillige weiß nicht mehr aus noch ein, da muß ich einspringen,“– und so war ich denn in der unangenehmen Lage, daß ich meinen Hülfebringer andonnern und wieder an seinen Posten ’raus ver-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[250/0259]
vorlag. Im Wachtlokal war er nicht anders, wie vorher in der Kneipe, randalierte, schlug um sich und stellte sich schließlich vor mich hin, dabei mich anschreiend: „Himmelwetter, ich bin auch Soldat gewesen, … so geht das nicht, Herr Fähnrich, … Sie verstehen den Dienst nicht.“ Alle solche Szenen sind mir immer gräßlich gewesen. Aber wenn sie da sind, amüsieren sie mich eigentlich. So war es auch diesmal und ich kam in ein Lachen, bis ein Zwischenfall mich mit einem Mal in eine sehr schwierige Lage brachte. Der Posten draußen vorm Gewehr, wahrscheinlich ein Gefreiter, also halbe Respektsperson, glaubte, als das Toben da drinnen kein Ende nehmen wollte, daß er mir zur Hülfe kommen müsse, stürzte ohne weiteres in das Wachtlokal herein und stieß dem Randaleur den Kolben derart vor die Brust, daß er in die Ecke taumelte. Das war nun alles sehr gut gemeint, aber doch eigentlich ganz unverschämt; er hatte draußen Posten zu stehen, statt ungerufen herein zu stürzen und mir seine gar nicht gewollte Hülfe aufzudrängen. Es hieß doch nicht viel was anderes, als wie: „der Freiwillige weiß nicht mehr aus noch ein, da muß ich einspringen,“ – und so war ich denn in der unangenehmen Lage, daß ich meinen Hülfebringer andonnern und wieder an seinen Posten ’raus ver-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_zwanzig_1898/259>, abgerufen am 29.06.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.