und Westminster-Abbey wurden andächtig besucht. Westminster-Hall mit seinen merkwürdigen Holzkonstruktionen ist weniger imposant für Laien, als für Fachleute, während Westminster-Abbey auch den einfachen Menschen sofort gefangen nimmt und zwar mehr als irgend eine sonstige gotische Kirchenarchitektur, auch die berühmtesten französisch-belgischen Kathedralen - unter denen viel formvollendetere sein mögen - nicht ausgeschlossen. Es gilt von Westminster-Abbey dasselbe, was ich oben vom Tower gesagt habe: ganz unmittelbar wirkt der historische Zauber, der in diesen Steinen geheimnisvoll verkörpert ist. Die wundervollsten Farbentöne kommen hinzu; nirgends in der Welt ein tiefer wirkendes Blau. Die Kirche, daran fast ein Jahrtausend gebaut hat, ist in ihren Einzelteilen sehr verschiedenwertig; das von Christopher Wren herrührende Langschiff ist vergleichsweise langweilig und die der Elisabethzeit entstammende "Kapelle Heinrichs VII." erscheint, trotz aller Kunst und Meisterschaft, in ihrer Tromben-Ueberfülle doch immerhin von einer mehr oder weniger anfechtbaren Schönheit. Aber wunderschön ist das Querschiff und wunderschön vor allem sind die Kapellen, die den alten Chor umstehen. Unter diesen Kapellen ist die älteste die von "Edward dem Bekenner". In eben dieser steht auch, etwa
und Westminster-Abbey wurden andächtig besucht. Westminster-Hall mit seinen merkwürdigen Holzkonstruktionen ist weniger imposant für Laien, als für Fachleute, während Westminster-Abbey auch den einfachen Menschen sofort gefangen nimmt und zwar mehr als irgend eine sonstige gotische Kirchenarchitektur, auch die berühmtesten französisch-belgischen Kathedralen – unter denen viel formvollendetere sein mögen – nicht ausgeschlossen. Es gilt von Westminster-Abbey dasselbe, was ich oben vom Tower gesagt habe: ganz unmittelbar wirkt der historische Zauber, der in diesen Steinen geheimnisvoll verkörpert ist. Die wundervollsten Farbentöne kommen hinzu; nirgends in der Welt ein tiefer wirkendes Blau. Die Kirche, daran fast ein Jahrtausend gebaut hat, ist in ihren Einzelteilen sehr verschiedenwertig; das von Christopher Wren herrührende Langschiff ist vergleichsweise langweilig und die der Elisabethzeit entstammende „Kapelle Heinrichs VII.“ erscheint, trotz aller Kunst und Meisterschaft, in ihrer Tromben-Ueberfülle doch immerhin von einer mehr oder weniger anfechtbaren Schönheit. Aber wunderschön ist das Querschiff und wunderschön vor allem sind die Kapellen, die den alten Chor umstehen. Unter diesen Kapellen ist die älteste die von „Edward dem Bekenner“. In eben dieser steht auch, etwa
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und Westminster-Abbey wurden andächtig besucht. Westminster-Hall mit seinen merkwürdigen Holzkonstruktionen ist weniger imposant für Laien, als für Fachleute, während Westminster-Abbey auch den einfachen Menschen sofort gefangen nimmt und zwar mehr als irgend eine sonstige gotische Kirchenarchitektur, auch die berühmtesten französisch-belgischen Kathedralen – unter denen viel formvollendetere sein mögen – nicht ausgeschlossen. Es gilt von Westminster-Abbey dasselbe, was ich oben vom Tower gesagt habe: ganz unmittelbar wirkt der historische Zauber, der in diesen Steinen geheimnisvoll verkörpert ist. Die wundervollsten Farbentöne kommen hinzu; nirgends in der Welt ein tiefer wirkendes Blau. Die Kirche, daran fast ein Jahrtausend gebaut hat, ist in ihren Einzelteilen sehr verschiedenwertig; das von Christopher Wren herrührende Langschiff ist vergleichsweise langweilig und die der Elisabethzeit entstammende „Kapelle Heinrichs VII.“ erscheint, trotz aller Kunst und Meisterschaft, in ihrer Tromben-Ueberfülle doch immerhin von einer mehr oder weniger anfechtbaren Schönheit. Aber wunderschön ist das Querschiff und wunderschön vor allem sind die Kapellen, die den alten Chor umstehen. Unter diesen Kapellen ist die älteste die von „Edward dem Bekenner“. In eben dieser steht auch, etwa
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Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_zwanzig_1898/250>, abgerufen am 16.02.2025.
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