schön zu sein ungemein anziehender Nonnenkopf, - ebenso Tracht und Kopfbekleidung ganz nach Art einer Konventualin. Wenn es ein Bildnis der Maria Stuart ist, kann es nur aus der Zeit stammen, wo sie, die Königin, vor ihrer Verheiratung mit Franz Valois, in einem französischen Kloster erzogen wurde. Dies allerlei Bedenken umschließende "wenn" stammt aber, so weit meine Person mitspricht, aus viel späterer Zeit. Damals drückten mich noch keine derartigen Zweifel; ich nahm vielmehr umgekehrt in meiner Schwärmerei für die schöne Königin, - eine Schwärmerei, von der ich übrigens, wie von mancher anderen, etwas zurückgekommen bin, - alles begierig auf Treu und Glauben hin und war ganz wie benommen davon, diese "Holdselige" wenigstens im Bilde gesehen zu haben.
Ich will hier auch noch von einem dritten Nachmittagsausflug sprechen, der sich freilich in bescheidenerer Sphäre hielt und nichts von historischem Hintergrund hatte. Die Sache nahm folgenden Verlauf. Ich hatte mich, wie das mehr als einmal vorkam, von meinen Reisegefährten getrennt und aß, statt mich einer Partie nach Woolwich anzuschließen, in meinem "Adelaide-Hotel" mit an der Table d'hote. Table d'hote ist aber nicht ganz das richtige Wort; es war vielmehr ein Stammtisch, höchstens zehn Personen,
schön zu sein ungemein anziehender Nonnenkopf, – ebenso Tracht und Kopfbekleidung ganz nach Art einer Konventualin. Wenn es ein Bildnis der Maria Stuart ist, kann es nur aus der Zeit stammen, wo sie, die Königin, vor ihrer Verheiratung mit Franz Valois, in einem französischen Kloster erzogen wurde. Dies allerlei Bedenken umschließende „wenn“ stammt aber, so weit meine Person mitspricht, aus viel späterer Zeit. Damals drückten mich noch keine derartigen Zweifel; ich nahm vielmehr umgekehrt in meiner Schwärmerei für die schöne Königin, – eine Schwärmerei, von der ich übrigens, wie von mancher anderen, etwas zurückgekommen bin, – alles begierig auf Treu und Glauben hin und war ganz wie benommen davon, diese „Holdselige“ wenigstens im Bilde gesehen zu haben.
Ich will hier auch noch von einem dritten Nachmittagsausflug sprechen, der sich freilich in bescheidenerer Sphäre hielt und nichts von historischem Hintergrund hatte. Die Sache nahm folgenden Verlauf. Ich hatte mich, wie das mehr als einmal vorkam, von meinen Reisegefährten getrennt und aß, statt mich einer Partie nach Woolwich anzuschließen, in meinem „Adelaïde-Hotel“ mit an der Table d’hôte. Table d’hôte ist aber nicht ganz das richtige Wort; es war vielmehr ein Stammtisch, höchstens zehn Personen,
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schön zu sein ungemein anziehender Nonnenkopf, – ebenso Tracht und Kopfbekleidung ganz nach Art einer Konventualin. Wenn es ein Bildnis der Maria Stuart ist, kann es nur aus der Zeit stammen, wo sie, die Königin, vor ihrer Verheiratung mit Franz Valois, in einem französischen Kloster erzogen wurde. Dies allerlei Bedenken umschließende „wenn“ stammt aber, so weit meine Person mitspricht, aus viel späterer Zeit. Damals drückten mich noch keine derartigen Zweifel; ich nahm vielmehr umgekehrt in meiner Schwärmerei für die schöne Königin, – eine Schwärmerei, von der ich übrigens, wie von mancher anderen, etwas zurückgekommen bin, – alles begierig auf Treu und Glauben hin und war ganz wie benommen davon, diese „Holdselige“ wenigstens im Bilde gesehen zu haben.</p><lb/><p>Ich will hier auch noch von einem dritten Nachmittagsausflug sprechen, der sich freilich in bescheidenerer Sphäre hielt und nichts von historischem Hintergrund hatte. Die Sache nahm folgenden Verlauf. Ich hatte mich, wie das mehr als einmal vorkam, von meinen Reisegefährten getrennt und aß, statt mich einer Partie nach Woolwich anzuschließen, in meinem „Adelaïde-Hotel“ mit an der Table d’hôte. Table d’hôte ist aber nicht ganz das richtige Wort; es war vielmehr ein Stammtisch, höchstens zehn Personen,<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
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schön zu sein ungemein anziehender Nonnenkopf, – ebenso Tracht und Kopfbekleidung ganz nach Art einer Konventualin. Wenn es ein Bildnis der Maria Stuart ist, kann es nur aus der Zeit stammen, wo sie, die Königin, vor ihrer Verheiratung mit Franz Valois, in einem französischen Kloster erzogen wurde. Dies allerlei Bedenken umschließende „wenn“ stammt aber, so weit meine Person mitspricht, aus viel späterer Zeit. Damals drückten mich noch keine derartigen Zweifel; ich nahm vielmehr umgekehrt in meiner Schwärmerei für die schöne Königin, – eine Schwärmerei, von der ich übrigens, wie von mancher anderen, etwas zurückgekommen bin, – alles begierig auf Treu und Glauben hin und war ganz wie benommen davon, diese „Holdselige“ wenigstens im Bilde gesehen zu haben.
Ich will hier auch noch von einem dritten Nachmittagsausflug sprechen, der sich freilich in bescheidenerer Sphäre hielt und nichts von historischem Hintergrund hatte. Die Sache nahm folgenden Verlauf. Ich hatte mich, wie das mehr als einmal vorkam, von meinen Reisegefährten getrennt und aß, statt mich einer Partie nach Woolwich anzuschließen, in meinem „Adelaïde-Hotel“ mit an der Table d’hôte. Table d’hôte ist aber nicht ganz das richtige Wort; es war vielmehr ein Stammtisch, höchstens zehn Personen,
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Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898, S. 236. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_zwanzig_1898/245>, abgerufen am 23.07.2024.
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