Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898.Durchglüht von heilgem Feuer, O schöne, hehre Zeit, Hat Deutschland um die Freiheit Hier ritterlich gefreit. Doch hat sein Lieb gefunden, Nur wen der Tod getraut, - Den Wunden und Gesunden Blieb fern wie je die Braut. Die Schlachtfeldwanderungen im Oktober 41 waren wunderschöne Tage für mich. Daß die Freiheit noch nicht da war, machte mich weiter nicht tief unglücklich, ja vielleicht war es ein Glück für mich, ich hätte sonst nicht nach ihr rufen können. Immer erst spät abends kam ich von solchen Ausflügen zurück und freute mich, je müder ich war. Mir war dann zu Sinn, als hätt' ich mitgesiegt. So war mein Leben im Neubert'schen Hause. Man wolle jedoch aus dieser Aufzählung von Morgenspaziergängen im Rosenthal, von Sperlinge-Füttern bei Kinschy, von Doktoren-Börse, von Verskorrespondenz mit Doktor Adler und Schlachtfelderbesuch um die Stadt herum, nicht etwa den Schluß ziehen, daß mein Leben eine Reihenfolge kleiner allerliebster Allotrias gewesen wäre. Ganz das Gegenteil, und ich würde traurig sein, wenn es anders läge. Durchglüht von heilgem Feuer, O schöne, hehre Zeit, Hat Deutschland um die Freiheit Hier ritterlich gefreit. Doch hat sein Lieb gefunden, Nur wen der Tod getraut, – Den Wunden und Gesunden Blieb fern wie je die Braut. Die Schlachtfeldwanderungen im Oktober 41 waren wunderschöne Tage für mich. Daß die Freiheit noch nicht da war, machte mich weiter nicht tief unglücklich, ja vielleicht war es ein Glück für mich, ich hätte sonst nicht nach ihr rufen können. Immer erst spät abends kam ich von solchen Ausflügen zurück und freute mich, je müder ich war. Mir war dann zu Sinn, als hätt’ ich mitgesiegt. So war mein Leben im Neubert’schen Hause. Man wolle jedoch aus dieser Aufzählung von Morgenspaziergängen im Rosenthal, von Sperlinge-Füttern bei Kinschy, von Doktoren-Börse, von Verskorrespondenz mit Doktor Adler und Schlachtfelderbesuch um die Stadt herum, nicht etwa den Schluß ziehen, daß mein Leben eine Reihenfolge kleiner allerliebster Allotrias gewesen wäre. Ganz das Gegenteil, und ich würde traurig sein, wenn es anders läge. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0137" n="128"/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Durchglüht von heilgem Feuer,</l><lb/> <l>O schöne, hehre Zeit,</l><lb/> <l>Hat Deutschland um die Freiheit</l><lb/> <l>Hier ritterlich gefreit.</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Doch hat sein Lieb gefunden,</l><lb/> <l>Nur wen der Tod getraut, –</l><lb/> <l>Den Wunden und Gesunden</l><lb/> <l>Blieb fern wie je die Braut.</l><lb/> </lg> </lg> <p>Die Schlachtfeldwanderungen im Oktober 41 waren wunderschöne Tage für mich. Daß die Freiheit noch nicht da war, machte mich weiter nicht tief unglücklich, ja vielleicht war es ein Glück für mich, ich hätte sonst nicht nach ihr rufen können.</p><lb/> <p>Immer erst spät abends kam ich von solchen Ausflügen zurück und freute mich, je müder ich war. Mir war dann zu Sinn, als hätt’ ich mitgesiegt.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>So war mein Leben im Neubert’schen Hause. Man wolle jedoch aus dieser Aufzählung von Morgenspaziergängen im Rosenthal, von Sperlinge-Füttern bei Kinschy, von Doktoren-Börse, von Verskorrespondenz mit Doktor Adler und Schlachtfelderbesuch um die Stadt herum, nicht etwa den Schluß ziehen, daß mein Leben eine Reihenfolge kleiner allerliebster Allotrias gewesen wäre. Ganz das Gegenteil, und ich würde traurig sein, wenn es anders läge.<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [128/0137]
Durchglüht von heilgem Feuer,
O schöne, hehre Zeit,
Hat Deutschland um die Freiheit
Hier ritterlich gefreit.
Doch hat sein Lieb gefunden,
Nur wen der Tod getraut, –
Den Wunden und Gesunden
Blieb fern wie je die Braut.
Die Schlachtfeldwanderungen im Oktober 41 waren wunderschöne Tage für mich. Daß die Freiheit noch nicht da war, machte mich weiter nicht tief unglücklich, ja vielleicht war es ein Glück für mich, ich hätte sonst nicht nach ihr rufen können.
Immer erst spät abends kam ich von solchen Ausflügen zurück und freute mich, je müder ich war. Mir war dann zu Sinn, als hätt’ ich mitgesiegt.
So war mein Leben im Neubert’schen Hause. Man wolle jedoch aus dieser Aufzählung von Morgenspaziergängen im Rosenthal, von Sperlinge-Füttern bei Kinschy, von Doktoren-Börse, von Verskorrespondenz mit Doktor Adler und Schlachtfelderbesuch um die Stadt herum, nicht etwa den Schluß ziehen, daß mein Leben eine Reihenfolge kleiner allerliebster Allotrias gewesen wäre. Ganz das Gegenteil, und ich würde traurig sein, wenn es anders läge.
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(2018-07-25T10:02:20Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Rahel Gajaneh Hartz: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2018-07-25T10:02:20Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Von Zwanzig bis Dreißig. Autobiographisches. Hrsg. von der Theodor Fontane-Arbeitsstelle, Universität Göttingen. Bandbearbeiter: Wolfgang Rasch. Berlin 2014 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das autobiographische Werk, Bd. 3]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).
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