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Fontane, Theodor: Schach von Wuthenow. Leipzig, 1883.

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heitrem Himmel. Königliche Hoheit wissen, daß seit
lange von einer Dekorierung die Rede war, und wir
freuten uns, alles Künstlerneides vergessend, als ob
wir den Orden mitempfangen und mittragen sollten.
In der That, alles ließ sich gut an, und die ,Weihe
der Kraft,' für deren Aufführung der Hof sich in¬
teressiert, sollte den Anstoß und zugleich die spezielle
Gelegenheit geben. Iffland ist Macon (auch das
ließ uns hoffen), die Loge nahm es energisch in die
Hand, und die Königin war gewonnen. Und nun
doch gescheitert. Eine kleine Sache, werden Sie sagen;
aber nein, meine Herren, es ist eine große Sache.
Dergleichen ist immer der Strohhalm, an dem man
sieht, woher der Wind weht. Und er weht bei uns
nach wie vor von der alten Seite her. Chi va piano
va sano
, sagt das Sprichwort. Aber im Lande
Preußen heißt es ,pianissimo.'

"Gescheitert, sagten Sie, Dussek. Aber gescheitert
woran?"

"An dem Einfluß der Hofgeneralität. Ich habe
Rüchels Namen nennen hören. Er hat den Gelehrten
gespielt und darauf hingewiesen, wie niedrig das
Histrionentum immer und ewig in der Welt gestanden
habe, mit alleiniger Ausnahme der neronischen Zeiten.
Und die könnten doch kein Vorbild sein. Das half.
Denn welcher allerchristlichste König will Nero sein
oder auch nur seinen Namen hören. Und so wissen

heitrem Himmel. Königliche Hoheit wiſſen, daß ſeit
lange von einer Dekorierung die Rede war, und wir
freuten uns, alles Künſtlerneides vergeſſend, als ob
wir den Orden mitempfangen und mittragen ſollten.
In der That, alles ließ ſich gut an, und die ,Weihe
der Kraft,‘ für deren Aufführung der Hof ſich in¬
tereſſiert, ſollte den Anſtoß und zugleich die ſpezielle
Gelegenheit geben. Iffland iſt Maçon (auch das
ließ uns hoffen), die Loge nahm es energiſch in die
Hand, und die Königin war gewonnen. Und nun
doch geſcheitert. Eine kleine Sache, werden Sie ſagen;
aber nein, meine Herren, es iſt eine große Sache.
Dergleichen iſt immer der Strohhalm, an dem man
ſieht, woher der Wind weht. Und er weht bei uns
nach wie vor von der alten Seite her. Chi va piano
va sano
, ſagt das Sprichwort. Aber im Lande
Preußen heißt es ‚pianissimo.‘

„Geſcheitert, ſagten Sie, Duſſek. Aber geſcheitert
woran?“

„An dem Einfluß der Hofgeneralität. Ich habe
Rüchels Namen nennen hören. Er hat den Gelehrten
geſpielt und darauf hingewieſen, wie niedrig das
Hiſtrionentum immer und ewig in der Welt geſtanden
habe, mit alleiniger Ausnahme der neroniſchen Zeiten.
Und die könnten doch kein Vorbild ſein. Das half.
Denn welcher allerchriſtlichſte König will Nero ſein
oder auch nur ſeinen Namen hören. Und ſo wiſſen

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[84/0096] heitrem Himmel. Königliche Hoheit wiſſen, daß ſeit lange von einer Dekorierung die Rede war, und wir freuten uns, alles Künſtlerneides vergeſſend, als ob wir den Orden mitempfangen und mittragen ſollten. In der That, alles ließ ſich gut an, und die ,Weihe der Kraft,‘ für deren Aufführung der Hof ſich in¬ tereſſiert, ſollte den Anſtoß und zugleich die ſpezielle Gelegenheit geben. Iffland iſt Maçon (auch das ließ uns hoffen), die Loge nahm es energiſch in die Hand, und die Königin war gewonnen. Und nun doch geſcheitert. Eine kleine Sache, werden Sie ſagen; aber nein, meine Herren, es iſt eine große Sache. Dergleichen iſt immer der Strohhalm, an dem man ſieht, woher der Wind weht. Und er weht bei uns nach wie vor von der alten Seite her. Chi va piano va sano, ſagt das Sprichwort. Aber im Lande Preußen heißt es ‚pianissimo.‘ „Geſcheitert, ſagten Sie, Duſſek. Aber geſcheitert woran?“ „An dem Einfluß der Hofgeneralität. Ich habe Rüchels Namen nennen hören. Er hat den Gelehrten geſpielt und darauf hingewieſen, wie niedrig das Hiſtrionentum immer und ewig in der Welt geſtanden habe, mit alleiniger Ausnahme der neroniſchen Zeiten. Und die könnten doch kein Vorbild ſein. Das half. Denn welcher allerchriſtlichſte König will Nero ſein oder auch nur ſeinen Namen hören. Und ſo wiſſen

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Schach von Wuthenow. Leipzig, 1883, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_wuthenow_1883/96>, abgerufen am 21.11.2024.