Fontane, Theodor: Schach von Wuthenow. Leipzig, 1883.benachbarte Straßentreiben, das, der aristokratischen Aber es war auch an stillen Tagen ein reizendes 3*
benachbarte Straßentreiben, das, der ariſtokratiſchen Aber es war auch an ſtillen Tagen ein reizendes 3*
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0047" n="35"/> benachbarte Straßentreiben, das, der ariſtokratiſchen<lb/> Gegend unerachtet, zu mancher Zeit ein beſonders<lb/> belebtes war, am meiſten um die Zeit der Frühjahrs¬<lb/> paraden, wo nicht blos die berühmten alten Infanterie¬<lb/> regimenter der Berliner Garniſon, ſondern, was für<lb/> die Carayons wichtiger war, auch die Regimenter<lb/> der Garde du Corps und Gensdarmes unter dem<lb/> Klang ihrer ſilbernen Trompeten an dem Hauſe<lb/> vorüberzogen. Bei ſolcher Gelegenheit (wo ſich dann<lb/> ſelbſtverſtändlich die Augen der Herrn Offiziers zu<lb/> dem Balkon hinaufrichteten) hatte das Eckzimmer erſt<lb/> ſeinen eigentlichen Werth, und hätte gegen kein anderes<lb/> vertauſcht werden können.</p><lb/> <p>Aber es war auch an ſtillen Tagen ein reizendes<lb/> Zimmer, vornehm und gemütlich zugleich. Hier lag<lb/> der türkiſche Teppich, der noch die glänzenden, faſt<lb/> ein halbes Menſchenalter zurückliegenden Petersburger<lb/> Tage des Hauſes Carayon geſehen hatte, hier ſtand<lb/> die malachitne Stutzuhr, ein Geſchenk der Kaiſerin<lb/> Katharina, und hier paradierte vor allem auch der<lb/> große, reich vergoldete Trumeau, der der ſchönen Frau<lb/> täglich aufs Neue verſichern mußte, daß ſie noch eine<lb/> ſchöne Frau ſei. Victoire ließ zwar keine Gelegenheit<lb/> vorübergehn, die Mutter über dieſen wichtigen Punkt<lb/> zu beruhigen, aber Frau von Carayon war doch klug<lb/> genug, es ſich jeden Morgen durch ihr von ihr ſelbſt<lb/> zu kontrolierendes Spiegelbild neu beſtätigen zu laſſen.<lb/> <fw place="bottom" type="sig">3*<lb/></fw> </p> </div> </body> </text> </TEI> [35/0047]
benachbarte Straßentreiben, das, der ariſtokratiſchen
Gegend unerachtet, zu mancher Zeit ein beſonders
belebtes war, am meiſten um die Zeit der Frühjahrs¬
paraden, wo nicht blos die berühmten alten Infanterie¬
regimenter der Berliner Garniſon, ſondern, was für
die Carayons wichtiger war, auch die Regimenter
der Garde du Corps und Gensdarmes unter dem
Klang ihrer ſilbernen Trompeten an dem Hauſe
vorüberzogen. Bei ſolcher Gelegenheit (wo ſich dann
ſelbſtverſtändlich die Augen der Herrn Offiziers zu
dem Balkon hinaufrichteten) hatte das Eckzimmer erſt
ſeinen eigentlichen Werth, und hätte gegen kein anderes
vertauſcht werden können.
Aber es war auch an ſtillen Tagen ein reizendes
Zimmer, vornehm und gemütlich zugleich. Hier lag
der türkiſche Teppich, der noch die glänzenden, faſt
ein halbes Menſchenalter zurückliegenden Petersburger
Tage des Hauſes Carayon geſehen hatte, hier ſtand
die malachitne Stutzuhr, ein Geſchenk der Kaiſerin
Katharina, und hier paradierte vor allem auch der
große, reich vergoldete Trumeau, der der ſchönen Frau
täglich aufs Neue verſichern mußte, daß ſie noch eine
ſchöne Frau ſei. Victoire ließ zwar keine Gelegenheit
vorübergehn, die Mutter über dieſen wichtigen Punkt
zu beruhigen, aber Frau von Carayon war doch klug
genug, es ſich jeden Morgen durch ihr von ihr ſelbſt
zu kontrolierendes Spiegelbild neu beſtätigen zu laſſen.
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