Lagunen hätten sie gemeinsam und die Gondel auch, und nur um Eines müsse sie bitten, daß der kleine Brückensteg unterm Schilf, an dem die Gondel liege, nie zur Seufzerbrücke erhoben werde.
So ging das Geplauder, und so verging der Besuch.
Am Sonntage, wie verabredet, erfolgte das Auf¬ gebot, und der Freitag, an dem die Hochzeit statt¬ finden sollte, rückte heran. Alles im Carayonschen Hause war Aufregung, am aufgeregtesten Tante Marguerite, die jetzt täglich erschien, und durch ihre naive Glückseligkeit alles Unbequeme balancierte, das sonst unzertrennlich von ihrem Erscheinen war.
Abends kam Schach. Er war heitrer und in seinem Urteile milder als sonst, und vermied nur in ebenso bemerkenswerter wie zum Glück unbemerkt bleibender Weise von der Hochzeit und den Vor¬ bereitungen dazu zu sprechen. Wurd er gefragt, ob er dies oder jenes wünsche, so bat er mit einer Art von Empressement, "ganz nach eigenem Dafür¬ halten verfahren zu wollen; er kenne den Takt und guten Geschmack der Damen und wisse, daß ohne sein Raten und Zuthun alles am besten entschieden werden würde; wenn ihm dabei manches dunkel und geheim¬ nisvoll bleibe, so sei dies ein Vorteil mehr für ihn, hab er doch von Jugend auf eine Neigung gehabt, sich überraschen zu lassen."
Lagunen hätten ſie gemeinſam und die Gondel auch, und nur um Eines müſſe ſie bitten, daß der kleine Brückenſteg unterm Schilf, an dem die Gondel liege, nie zur Seufzerbrücke erhoben werde.
So ging das Geplauder, und ſo verging der Beſuch.
Am Sonntage, wie verabredet, erfolgte das Auf¬ gebot, und der Freitag, an dem die Hochzeit ſtatt¬ finden ſollte, rückte heran. Alles im Carayonſchen Hauſe war Aufregung, am aufgeregteſten Tante Marguerite, die jetzt täglich erſchien, und durch ihre naive Glückſeligkeit alles Unbequeme balancierte, das ſonſt unzertrennlich von ihrem Erſcheinen war.
Abends kam Schach. Er war heitrer und in ſeinem Urteile milder als ſonſt, und vermied nur in ebenſo bemerkenswerter wie zum Glück unbemerkt bleibender Weiſe von der Hochzeit und den Vor¬ bereitungen dazu zu ſprechen. Wurd er gefragt, ob er dies oder jenes wünſche, ſo bat er mit einer Art von Empreſſement, „ganz nach eigenem Dafür¬ halten verfahren zu wollen; er kenne den Takt und guten Geſchmack der Damen und wiſſe, daß ohne ſein Raten und Zuthun alles am beſten entſchieden werden würde; wenn ihm dabei manches dunkel und geheim¬ nisvoll bleibe, ſo ſei dies ein Vorteil mehr für ihn, hab er doch von Jugend auf eine Neigung gehabt, ſich überraſchen zu laſſen.“
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0219"n="207"/>
Lagunen hätten ſie gemeinſam und die Gondel auch,<lb/>
und nur um Eines müſſe ſie bitten, daß der kleine<lb/>
Brückenſteg unterm Schilf, an dem die Gondel liege,<lb/>
nie zur Seufzerbrücke erhoben werde.</p><lb/><p>So ging das Geplauder, und ſo verging der<lb/>
Beſuch.</p><lb/><p>Am Sonntage, wie verabredet, erfolgte das Auf¬<lb/>
gebot, und der Freitag, an dem die Hochzeit ſtatt¬<lb/>
finden ſollte, rückte heran. Alles im Carayonſchen<lb/>
Hauſe war Aufregung, am aufgeregteſten Tante<lb/>
Marguerite, die jetzt täglich erſchien, und durch ihre<lb/>
naive Glückſeligkeit alles Unbequeme balancierte, das<lb/>ſonſt unzertrennlich von ihrem Erſcheinen war.</p><lb/><p>Abends kam Schach. Er war heitrer und in<lb/>ſeinem Urteile milder als ſonſt, und vermied nur in<lb/>
ebenſo bemerkenswerter wie zum Glück unbemerkt<lb/>
bleibender Weiſe von der Hochzeit und den Vor¬<lb/>
bereitungen dazu zu ſprechen. Wurd er gefragt,<lb/>
ob er dies oder jenes wünſche, ſo bat er mit einer<lb/>
Art von Empreſſement, „ganz nach eigenem Dafür¬<lb/>
halten verfahren zu wollen; er kenne den Takt und<lb/>
guten Geſchmack der Damen und wiſſe, daß ohne ſein<lb/>
Raten und Zuthun alles am beſten entſchieden werden<lb/>
würde; wenn ihm dabei manches dunkel und geheim¬<lb/>
nisvoll bleibe, ſo ſei dies ein Vorteil mehr für ihn,<lb/>
hab er doch von Jugend auf eine Neigung gehabt,<lb/>ſich überraſchen zu laſſen.“<lb/></p></div></body></text></TEI>
[207/0219]
Lagunen hätten ſie gemeinſam und die Gondel auch,
und nur um Eines müſſe ſie bitten, daß der kleine
Brückenſteg unterm Schilf, an dem die Gondel liege,
nie zur Seufzerbrücke erhoben werde.
So ging das Geplauder, und ſo verging der
Beſuch.
Am Sonntage, wie verabredet, erfolgte das Auf¬
gebot, und der Freitag, an dem die Hochzeit ſtatt¬
finden ſollte, rückte heran. Alles im Carayonſchen
Hauſe war Aufregung, am aufgeregteſten Tante
Marguerite, die jetzt täglich erſchien, und durch ihre
naive Glückſeligkeit alles Unbequeme balancierte, das
ſonſt unzertrennlich von ihrem Erſcheinen war.
Abends kam Schach. Er war heitrer und in
ſeinem Urteile milder als ſonſt, und vermied nur in
ebenſo bemerkenswerter wie zum Glück unbemerkt
bleibender Weiſe von der Hochzeit und den Vor¬
bereitungen dazu zu ſprechen. Wurd er gefragt,
ob er dies oder jenes wünſche, ſo bat er mit einer
Art von Empreſſement, „ganz nach eigenem Dafür¬
halten verfahren zu wollen; er kenne den Takt und
guten Geſchmack der Damen und wiſſe, daß ohne ſein
Raten und Zuthun alles am beſten entſchieden werden
würde; wenn ihm dabei manches dunkel und geheim¬
nisvoll bleibe, ſo ſei dies ein Vorteil mehr für ihn,
hab er doch von Jugend auf eine Neigung gehabt,
ſich überraſchen zu laſſen.“
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Fontane, Theodor: Schach von Wuthenow. Leipzig, 1883, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_wuthenow_1883/219>, abgerufen am 22.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.