herrn und Rittmeisters ehemaliger Spielgefährte, war er diesem und allem, was Schach hieß, selbstverständlich in unbedingten Treuen ergeben.
Es war vier Uhr Nachmittags und der Verkehr nicht groß, trotzdem die Sonne schien und ein er¬ quickender Wind wehte. Nur wenige Reiter begegneten ihnen, unter diesen auch ein paar Offiziere von Schachs Regiment. Schach erwiderte ihren Gruß, passierte den Landwehrgraben und ritt bald danach in die breite Charlottenburger Hauptstraße mit ihren Sommer¬ häusern und Vorgärten ein.
Am türkischen Zelt, das sonst wohl sein Ziel zu sein pflegte, wollte sein Pferd einbiegen; er zwang es aber weiter und hielt erst bei dem Morellischen Kaffee¬ hause, das ihm heute für den Gang, den er vorhatte, bequemer gelegen war. Er schwang sich aus dem Sattel, gab der Ordonnanz den Zügel und ging ohne Versäumnis auf das Schloß zu. Hier trat er nach Passierung eines öden und von der Julisonne längst verbrannten Grasvierecks erst in ein geräumiges Treppenhaus und bald danach in einen schmalen Korridor ein, an dessen Wänden in anscheinend über¬ lebensgroßen Porträts die glotzäugigen blauen Riesen König Friedrich Wilhelms I. paradierten. Am Ende dieses Ganges aber traf er einen Kammerdiener, der ihn, nach vorgängiger Meldung, in das Arbeitskabinet des Königs führte.
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herrn und Rittmeiſters ehemaliger Spielgefährte, war er dieſem und allem, was Schach hieß, ſelbſtverſtändlich in unbedingten Treuen ergeben.
Es war vier Uhr Nachmittags und der Verkehr nicht groß, trotzdem die Sonne ſchien und ein er¬ quickender Wind wehte. Nur wenige Reiter begegneten ihnen, unter dieſen auch ein paar Offiziere von Schachs Regiment. Schach erwiderte ihren Gruß, paſſierte den Landwehrgraben und ritt bald danach in die breite Charlottenburger Hauptſtraße mit ihren Sommer¬ häuſern und Vorgärten ein.
Am türkiſchen Zelt, das ſonſt wohl ſein Ziel zu ſein pflegte, wollte ſein Pferd einbiegen; er zwang es aber weiter und hielt erſt bei dem Morelliſchen Kaffee¬ hauſe, das ihm heute für den Gang, den er vorhatte, bequemer gelegen war. Er ſchwang ſich aus dem Sattel, gab der Ordonnanz den Zügel und ging ohne Verſäumnis auf das Schloß zu. Hier trat er nach Paſſierung eines öden und von der Juliſonne längſt verbrannten Grasvierecks erſt in ein geräumiges Treppenhaus und bald danach in einen ſchmalen Korridor ein, an deſſen Wänden in anſcheinend über¬ lebensgroßen Porträts die glotzäugigen blauen Rieſen König Friedrich Wilhelms I. paradierten. Am Ende dieſes Ganges aber traf er einen Kammerdiener, der ihn, nach vorgängiger Meldung, in das Arbeitskabinet des Königs führte.
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herrn und Rittmeiſters ehemaliger Spielgefährte, war
er dieſem und allem, was Schach hieß, ſelbſtverſtändlich
in unbedingten Treuen ergeben.
Es war vier Uhr Nachmittags und der Verkehr
nicht groß, trotzdem die Sonne ſchien und ein er¬
quickender Wind wehte. Nur wenige Reiter begegneten
ihnen, unter dieſen auch ein paar Offiziere von Schachs
Regiment. Schach erwiderte ihren Gruß, paſſierte
den Landwehrgraben und ritt bald danach in die
breite Charlottenburger Hauptſtraße mit ihren Sommer¬
häuſern und Vorgärten ein.
Am türkiſchen Zelt, das ſonſt wohl ſein Ziel zu
ſein pflegte, wollte ſein Pferd einbiegen; er zwang es
aber weiter und hielt erſt bei dem Morelliſchen Kaffee¬
hauſe, das ihm heute für den Gang, den er vorhatte,
bequemer gelegen war. Er ſchwang ſich aus dem
Sattel, gab der Ordonnanz den Zügel und ging ohne
Verſäumnis auf das Schloß zu. Hier trat er nach
Paſſierung eines öden und von der Juliſonne längſt
verbrannten Grasvierecks erſt in ein geräumiges
Treppenhaus und bald danach in einen ſchmalen
Korridor ein, an deſſen Wänden in anſcheinend über¬
lebensgroßen Porträts die glotzäugigen blauen Rieſen
König Friedrich Wilhelms I. paradierten. Am Ende
dieſes Ganges aber traf er einen Kammerdiener, der
ihn, nach vorgängiger Meldung, in das Arbeitskabinet
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Fontane, Theodor: Schach von Wuthenow. Leipzig, 1883, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_wuthenow_1883/207>, abgerufen am 22.07.2024.
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