aufgeschüttetem Binsenstroh überdeckt war. Schach sprang hinein, löste die Kette vom Pflock und stieß ab. Irgend welche Ruderkünste zu zeigen, war ihm vor der Hand noch unmöglich, denn das Wasser war so seicht und schmal, daß er bei jedem Schlage das Schilf getroffen haben würde. Bald aber verbreiterte sichs und er konnte nun die Ruder einlegen. Eine tiefe Stille herrschte; der Tag war noch nicht wach, und Schach hörte nichts als ein leises Wehen und Rauschen, und den Ton des Wassers, das sich glucksend an dem Schilfgürtel brach. Endlich aber war er in dem großen und eigentlichen See, durch den der Rhin fließt, und die Stelle, wo der Strom ging, ließ sich an einem Gekräusel der sonst spiegelglatten Fläche deutlich erkennen. In diese Strömung bog er jetzt ein, gab dem Boote die rechte Richtung, legte sich und die Ruder ins Binsenstroh, und fühlte sofort wie das Treiben und ein leises Schaukeln begann.
Immer blasser wurden die Sterne, der Himmel rötete sich im Osten und er schlief ein.
Als er erwachte, war das mit dem Strom gehende Boot schon weit über die Stelle hinaus, wo der tote Arm des Sees nach Wuthenow hin abbog. Er nahm also die Ruder wieder in die Hand und legte sich mit aller Kraft ein, um aus der Strömung heraus und an die verpaßte Stelle zurückzukommen, und freute sich der Anstrengung dies ihm kostete.
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aufgeſchüttetem Binſenſtroh überdeckt war. Schach ſprang hinein, löſte die Kette vom Pflock und ſtieß ab. Irgend welche Ruderkünſte zu zeigen, war ihm vor der Hand noch unmöglich, denn das Waſſer war ſo ſeicht und ſchmal, daß er bei jedem Schlage das Schilf getroffen haben würde. Bald aber verbreiterte ſichs und er konnte nun die Ruder einlegen. Eine tiefe Stille herrſchte; der Tag war noch nicht wach, und Schach hörte nichts als ein leiſes Wehen und Rauſchen, und den Ton des Waſſers, das ſich gluckſend an dem Schilfgürtel brach. Endlich aber war er in dem großen und eigentlichen See, durch den der Rhin fließt, und die Stelle, wo der Strom ging, ließ ſich an einem Gekräuſel der ſonſt ſpiegelglatten Fläche deutlich erkennen. In dieſe Strömung bog er jetzt ein, gab dem Boote die rechte Richtung, legte ſich und die Ruder ins Binſenſtroh, und fühlte ſofort wie das Treiben und ein leiſes Schaukeln begann.
Immer blaſſer wurden die Sterne, der Himmel rötete ſich im Oſten und er ſchlief ein.
Als er erwachte, war das mit dem Strom gehende Boot ſchon weit über die Stelle hinaus, wo der tote Arm des Sees nach Wuthenow hin abbog. Er nahm alſo die Ruder wieder in die Hand und legte ſich mit aller Kraft ein, um aus der Strömung heraus und an die verpaßte Stelle zurückzukommen, und freute ſich der Anſtrengung dies ihm koſtete.
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aufgeſchüttetem Binſenſtroh überdeckt war. Schach
ſprang hinein, löſte die Kette vom Pflock und ſtieß
ab. Irgend welche Ruderkünſte zu zeigen, war ihm
vor der Hand noch unmöglich, denn das Waſſer war
ſo ſeicht und ſchmal, daß er bei jedem Schlage das
Schilf getroffen haben würde. Bald aber verbreiterte
ſichs und er konnte nun die Ruder einlegen. Eine
tiefe Stille herrſchte; der Tag war noch nicht wach,
und Schach hörte nichts als ein leiſes Wehen und
Rauſchen, und den Ton des Waſſers, das ſich gluckſend
an dem Schilfgürtel brach. Endlich aber war er in
dem großen und eigentlichen See, durch den der Rhin
fließt, und die Stelle, wo der Strom ging, ließ ſich
an einem Gekräuſel der ſonſt ſpiegelglatten Fläche
deutlich erkennen. In dieſe Strömung bog er jetzt
ein, gab dem Boote die rechte Richtung, legte ſich und
die Ruder ins Binſenſtroh, und fühlte ſofort wie das
Treiben und ein leiſes Schaukeln begann.
Immer blaſſer wurden die Sterne, der Himmel
rötete ſich im Oſten und er ſchlief ein.
Als er erwachte, war das mit dem Strom gehende
Boot ſchon weit über die Stelle hinaus, wo der tote
Arm des Sees nach Wuthenow hin abbog. Er nahm
alſo die Ruder wieder in die Hand und legte ſich
mit aller Kraft ein, um aus der Strömung heraus und
an die verpaßte Stelle zurückzukommen, und freute
ſich der Anſtrengung dies ihm koſtete.
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Fontane, Theodor: Schach von Wuthenow. Leipzig, 1883, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_wuthenow_1883/173>, abgerufen am 22.07.2024.
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