In solcher Stimmung sah man dem Revuetage der ein Sonnabend war, entgegen.
Das Bild, das die Stadt vom frühen Morgen an darbot, entsprach der Aufregung, die herrschte. Tausende strömten hinaus, und bedeckten vom Halleschen Thor an die bergansteigende Straße, zu deren beiden Seiten sich die "Knapphänse", diese bekannten Zivilmarketen¬ der, mit ihren Körben und Flaschen etabliert hatten. Bald danach erschienen auch die Equipagen der vor¬ nehmen Welt, unter diesen die Schachs, die für den heutigen Tag den Carayonschen Damen zur Dispo¬ sition gestellt worden war. Im selben Wagen mit ihnen befand sich ein alter Herr v. d. Recke, früher Offizier, der, als naher Anverwandter Schachs, die Honneurs und zugleich den militärischen Interpreten machte. Frau v. Carayon trug ein stahlgraues Sei¬ denkleid und eine Mantille von gleicher Farbe, während von Victoirens breitrandigem Italienerhut ein blauer Schleier im Winde flatterte. Neben dem Kutscher saß der Groom und erfreute sich der Huld beider Damen, ganz besonders auch der ziemlich willkürlich accentuierten englischen Worte, die Victoire von Zeit zu Zeit an ihn richtete.
Für elf Uhr war das Eintreffen des Königs angemeldet worden, aber lange vorher schon erschienen die zur Revue befohlenen, altberühmten Infanterie¬ regimenter Alt Larisch, v. Arnim und Möllendorff,
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In ſolcher Stimmung ſah man dem Revuetage der ein Sonnabend war, entgegen.
Das Bild, das die Stadt vom frühen Morgen an darbot, entſprach der Aufregung, die herrſchte. Tauſende ſtrömten hinaus, und bedeckten vom Halleſchen Thor an die berganſteigende Straße, zu deren beiden Seiten ſich die „Knapphänſe“, dieſe bekannten Zivilmarketen¬ der, mit ihren Körben und Flaſchen etabliert hatten. Bald danach erſchienen auch die Equipagen der vor¬ nehmen Welt, unter dieſen die Schachs, die für den heutigen Tag den Carayonſchen Damen zur Dispo¬ ſition geſtellt worden war. Im ſelben Wagen mit ihnen befand ſich ein alter Herr v. d. Recke, früher Offizier, der, als naher Anverwandter Schachs, die Honneurs und zugleich den militäriſchen Interpreten machte. Frau v. Carayon trug ein ſtahlgraues Sei¬ denkleid und eine Mantille von gleicher Farbe, während von Victoirens breitrandigem Italienerhut ein blauer Schleier im Winde flatterte. Neben dem Kutſcher ſaß der Groom und erfreute ſich der Huld beider Damen, ganz beſonders auch der ziemlich willkürlich accentuierten engliſchen Worte, die Victoire von Zeit zu Zeit an ihn richtete.
Für elf Uhr war das Eintreffen des Königs angemeldet worden, aber lange vorher ſchon erſchienen die zur Revue befohlenen, altberühmten Infanterie¬ regimenter Alt Lariſch, v. Arnim und Möllendorff,
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In ſolcher Stimmung ſah man dem Revuetage
der ein Sonnabend war, entgegen.
Das Bild, das die Stadt vom frühen Morgen an
darbot, entſprach der Aufregung, die herrſchte. Tauſende
ſtrömten hinaus, und bedeckten vom Halleſchen Thor
an die berganſteigende Straße, zu deren beiden Seiten
ſich die „Knapphänſe“, dieſe bekannten Zivilmarketen¬
der, mit ihren Körben und Flaſchen etabliert hatten.
Bald danach erſchienen auch die Equipagen der vor¬
nehmen Welt, unter dieſen die Schachs, die für den
heutigen Tag den Carayonſchen Damen zur Dispo¬
ſition geſtellt worden war. Im ſelben Wagen mit
ihnen befand ſich ein alter Herr v. d. Recke, früher
Offizier, der, als naher Anverwandter Schachs, die
Honneurs und zugleich den militäriſchen Interpreten
machte. Frau v. Carayon trug ein ſtahlgraues Sei¬
denkleid und eine Mantille von gleicher Farbe, während
von Victoirens breitrandigem Italienerhut ein blauer
Schleier im Winde flatterte. Neben dem Kutſcher
ſaß der Groom und erfreute ſich der Huld beider
Damen, ganz beſonders auch der ziemlich willkürlich
accentuierten engliſchen Worte, die Victoire von Zeit
zu Zeit an ihn richtete.
Für elf Uhr war das Eintreffen des Königs
angemeldet worden, aber lange vorher ſchon erſchienen
die zur Revue befohlenen, altberühmten Infanterie¬
regimenter Alt Lariſch, v. Arnim und Möllendorff,
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Fontane, Theodor: Schach von Wuthenow. Leipzig, 1883, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_wuthenow_1883/111>, abgerufen am 16.02.2025.
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