Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860.Holyrood Palace zu verbringen. Ich habe diese Queens Apartments gewissenhaft in Augenschein genommen, führe aber meine Leser absichtlich nicht treppauf in den Flügeln des Gebäudes umher, sondern halte sie, um ihnen das Bild des Ganzen so wenig wie möglich zu verwirren, unter dem frischgeweißten Thorweg fest, und erzähl' ihnen lieber, was von jenen Apartments mit hohen Fenstern und herabgelassenen Rouleaux zu wissen Noth thut. Alle dahin gehörigen Zimmer sind modern, moderne Bilder, zum Theil kein Dutzend Jahre alt, hängen an den Wänden, beblümter Zitz zieht sich sorglich über Stühle und Ottomanen, und die nicht sonderlich interessante Inspektion schließt man mit der beruhigenden Gewißheit, daß kein Rizzio in diesen Räumen ermordet worden sei. Um diesen ermordeten Rizzio handelt es sich nun aber mal, die ganze Berühmtheit dieses Ortes knüpft sich an jenen baufälligen alten Nordwestthurm, der der Zeuge jener Ermordung war. Diesem Nordwestthurm gilt jetzt unser Besuch; aus dem Thorweg tretend biegen wir links kurzum, schreiten an der Rückseite des Frontflügels entlang, und treten da, wo der linke Flügel auf den Frontflügel stößt, durch eine Eckthür ein. Die Räumlichkeiten dieses Thurmes liegen in drei Etagen: Hochparterre die Zimmer Darnley's und eine Gemälde-Gallerie; eine Treppe hoch die Zimmer Maria Stuarts; zwei Treppen hoch niedrige Zimmerchen, in denen einige Damen vom Haushalt der Königin (vielleicht die sogenannten "vier Marien") gewohnt haben mögen. Holyrood Palace zu verbringen. Ich habe diese Queens Apartments gewissenhaft in Augenschein genommen, führe aber meine Leser absichtlich nicht treppauf in den Flügeln des Gebäudes umher, sondern halte sie, um ihnen das Bild des Ganzen so wenig wie möglich zu verwirren, unter dem frischgeweißten Thorweg fest, und erzähl’ ihnen lieber, was von jenen Apartments mit hohen Fenstern und herabgelassenen Rouleaux zu wissen Noth thut. Alle dahin gehörigen Zimmer sind modern, moderne Bilder, zum Theil kein Dutzend Jahre alt, hängen an den Wänden, beblümter Zitz zieht sich sorglich über Stühle und Ottomanen, und die nicht sonderlich interessante Inspektion schließt man mit der beruhigenden Gewißheit, daß kein Rizzio in diesen Räumen ermordet worden sei. Um diesen ermordeten Rizzio handelt es sich nun aber mal, die ganze Berühmtheit dieses Ortes knüpft sich an jenen baufälligen alten Nordwestthurm, der der Zeuge jener Ermordung war. Diesem Nordwestthurm gilt jetzt unser Besuch; aus dem Thorweg tretend biegen wir links kurzum, schreiten an der Rückseite des Frontflügels entlang, und treten da, wo der linke Flügel auf den Frontflügel stößt, durch eine Eckthür ein. Die Räumlichkeiten dieses Thurmes liegen in drei Etagen: Hochparterre die Zimmer Darnley’s und eine Gemälde-Gallerie; eine Treppe hoch die Zimmer Maria Stuarts; zwei Treppen hoch niedrige Zimmerchen, in denen einige Damen vom Haushalt der Königin (vielleicht die sogenannten „vier Marien“) gewohnt haben mögen. <TEI> <text> <body> <div> <div> <p><pb facs="#f0037" n="23"/> Holyrood Palace zu verbringen. Ich habe diese <hi rendition="#aq"><foreign xml:lang="eng">Queens Apartments</foreign></hi> gewissenhaft in Augenschein genommen, führe aber meine Leser absichtlich nicht treppauf in den Flügeln des Gebäudes umher, sondern halte sie, um ihnen das Bild des Ganzen so wenig wie möglich zu verwirren, unter dem frischgeweißten Thorweg fest, und erzähl’ ihnen lieber, was von jenen <hi rendition="#aq"><foreign xml:lang="eng">Apartments</foreign></hi> mit hohen Fenstern und herabgelassenen Rouleaux zu wissen Noth thut. Alle dahin gehörigen Zimmer sind modern, moderne Bilder, zum Theil kein Dutzend Jahre alt, hängen an den Wänden, beblümter Zitz zieht sich sorglich über Stühle und Ottomanen, und die nicht sonderlich interessante Inspektion schließt man mit der beruhigenden Gewißheit, daß kein Rizzio in diesen Räumen ermordet worden sei.</p><lb/> <p>Um diesen ermordeten Rizzio handelt es sich nun aber mal, die ganze Berühmtheit dieses Ortes knüpft sich an jenen baufälligen alten Nordwestthurm, der der Zeuge jener Ermordung war. Diesem Nordwestthurm gilt jetzt unser Besuch; aus dem Thorweg tretend biegen wir links kurzum, schreiten an der Rückseite des Frontflügels entlang, und treten da, wo der linke Flügel auf den Frontflügel stößt, durch eine Eckthür ein. Die Räumlichkeiten dieses Thurmes liegen in drei Etagen: Hochparterre die Zimmer Darnley’s und eine Gemälde-Gallerie; eine Treppe hoch die Zimmer Maria Stuarts; zwei Treppen hoch niedrige Zimmerchen, in denen einige Damen vom Haushalt der Königin (vielleicht die sogenannten „vier Marien“) gewohnt haben mögen.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [23/0037]
Holyrood Palace zu verbringen. Ich habe diese Queens Apartments gewissenhaft in Augenschein genommen, führe aber meine Leser absichtlich nicht treppauf in den Flügeln des Gebäudes umher, sondern halte sie, um ihnen das Bild des Ganzen so wenig wie möglich zu verwirren, unter dem frischgeweißten Thorweg fest, und erzähl’ ihnen lieber, was von jenen Apartments mit hohen Fenstern und herabgelassenen Rouleaux zu wissen Noth thut. Alle dahin gehörigen Zimmer sind modern, moderne Bilder, zum Theil kein Dutzend Jahre alt, hängen an den Wänden, beblümter Zitz zieht sich sorglich über Stühle und Ottomanen, und die nicht sonderlich interessante Inspektion schließt man mit der beruhigenden Gewißheit, daß kein Rizzio in diesen Räumen ermordet worden sei.
Um diesen ermordeten Rizzio handelt es sich nun aber mal, die ganze Berühmtheit dieses Ortes knüpft sich an jenen baufälligen alten Nordwestthurm, der der Zeuge jener Ermordung war. Diesem Nordwestthurm gilt jetzt unser Besuch; aus dem Thorweg tretend biegen wir links kurzum, schreiten an der Rückseite des Frontflügels entlang, und treten da, wo der linke Flügel auf den Frontflügel stößt, durch eine Eckthür ein. Die Räumlichkeiten dieses Thurmes liegen in drei Etagen: Hochparterre die Zimmer Darnley’s und eine Gemälde-Gallerie; eine Treppe hoch die Zimmer Maria Stuarts; zwei Treppen hoch niedrige Zimmerchen, in denen einige Damen vom Haushalt der Königin (vielleicht die sogenannten „vier Marien“) gewohnt haben mögen.
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Zitationshilfe: | Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_tweed_1860/37>, abgerufen am 22.07.2024. |