Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860.zes Kleid trug, dasselbe, das sie am Begräbnißtage ihres ersten Gemahls getragen hatte. Die beiden Namen aber, die wir eben vernommen, mahnen uns daran, daß auch wir nicht nach der Kapelle von Holyrood, sondern nach dem Palaste gleichen Namens unsere Wallfahrt angetreten haben und an der Flanke desselben hin, denselben Weg zurücknehmend, auf dem wir in die Kapelle eintraten, werfen wir jetzt von der platzartigen Auffahrt her nochmals einen Blick auf den Palast, zumal auf die berühmt gewordenen Stockwerke und Thürmchen an der Nordwestecke, und treten dann ein. Das Portal, unter dem wir uns zunächst befinden, zeigt durchaus nichts Stattliches oder Schloßartiges, es ist ein gepflasterter Thorweg, dessen Ueberbau von rohen Säulen getragen wird. Zur Linken befindet sich eine Pförtner-, zur Rechten eine Wachtstube; Gewehre der Mannschaften hängen an den Wänden und die Schmucklosigkeit des Ganzen erinnert an einen Kasernen-Eingang, der vierzehn Tage vorher auf Regimentsbefehl geweißt worden ist. Wir passiren diesen Thorweg und haben jetzt den geräumigen, nach allen Seiten hin geschlossenen Hof des Palastes vor uns. Die Zimmer im rechten Flügel heißen die "Queen's Apartments". Die Königin, um die es sich dabei handelt, ist nicht Queen Mary sondern Queen Victoria. Alljährlich, wenn die Königin nach Balmoral geht, um die Sommermonate auf dieser reizenden Besitzung (zwischen Inverneß und Aberdeen) zu verbringen, pflegt sie auf der Durchreise eine Nacht in zes Kleid trug, dasselbe, das sie am Begräbnißtage ihres ersten Gemahls getragen hatte. Die beiden Namen aber, die wir eben vernommen, mahnen uns daran, daß auch wir nicht nach der Kapelle von Holyrood, sondern nach dem Palaste gleichen Namens unsere Wallfahrt angetreten haben und an der Flanke desselben hin, denselben Weg zurücknehmend, auf dem wir in die Kapelle eintraten, werfen wir jetzt von der platzartigen Auffahrt her nochmals einen Blick auf den Palast, zumal auf die berühmt gewordenen Stockwerke und Thürmchen an der Nordwestecke, und treten dann ein. Das Portal, unter dem wir uns zunächst befinden, zeigt durchaus nichts Stattliches oder Schloßartiges, es ist ein gepflasterter Thorweg, dessen Ueberbau von rohen Säulen getragen wird. Zur Linken befindet sich eine Pförtner-, zur Rechten eine Wachtstube; Gewehre der Mannschaften hängen an den Wänden und die Schmucklosigkeit des Ganzen erinnert an einen Kasernen-Eingang, der vierzehn Tage vorher auf Regimentsbefehl geweißt worden ist. Wir passiren diesen Thorweg und haben jetzt den geräumigen, nach allen Seiten hin geschlossenen Hof des Palastes vor uns. Die Zimmer im rechten Flügel heißen die „Queen’s Apartments“. Die Königin, um die es sich dabei handelt, ist nicht Queen Mary sondern Queen Victoria. Alljährlich, wenn die Königin nach Balmoral geht, um die Sommermonate auf dieser reizenden Besitzung (zwischen Inverneß und Aberdeen) zu verbringen, pflegt sie auf der Durchreise eine Nacht in <TEI> <text> <body> <div> <div> <p><pb facs="#f0036" n="22"/> zes Kleid trug, dasselbe, das sie am Begräbnißtage ihres ersten Gemahls getragen hatte.</p><lb/> <p>Die beiden Namen aber, die wir eben vernommen, mahnen uns daran, daß auch wir nicht nach der Kapelle von Holyrood, sondern nach dem <hi rendition="#g">Palaste</hi> gleichen Namens unsere Wallfahrt angetreten haben und an der Flanke desselben hin, denselben Weg zurücknehmend, auf dem wir in die Kapelle eintraten, werfen wir jetzt von der platzartigen Auffahrt her nochmals einen Blick auf den Palast, zumal auf die berühmt gewordenen Stockwerke und Thürmchen an der Nordwestecke, und treten dann ein.</p><lb/> <p>Das Portal, unter dem wir uns zunächst befinden, zeigt durchaus nichts Stattliches oder Schloßartiges, es ist ein gepflasterter Thorweg, dessen Ueberbau von rohen Säulen getragen wird. Zur Linken befindet sich eine Pförtner-, zur Rechten eine Wachtstube; Gewehre der Mannschaften hängen an den Wänden und die Schmucklosigkeit des Ganzen erinnert an einen Kasernen-Eingang, der vierzehn Tage vorher auf Regimentsbefehl geweißt worden ist. Wir passiren diesen Thorweg und haben jetzt den geräumigen, nach allen Seiten hin geschlossenen Hof des Palastes vor uns. Die Zimmer im rechten Flügel heißen die <hi rendition="#aq"><foreign xml:lang="eng">„Queen’s Apartments“</foreign></hi>. Die Königin, um die es sich dabei handelt, ist nicht Queen Mary sondern Queen Victoria. Alljährlich, wenn die Königin nach Balmoral geht, um die Sommermonate auf dieser reizenden Besitzung (zwischen Inverneß und Aberdeen) zu verbringen, pflegt sie auf der Durchreise eine Nacht in<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [22/0036]
zes Kleid trug, dasselbe, das sie am Begräbnißtage ihres ersten Gemahls getragen hatte.
Die beiden Namen aber, die wir eben vernommen, mahnen uns daran, daß auch wir nicht nach der Kapelle von Holyrood, sondern nach dem Palaste gleichen Namens unsere Wallfahrt angetreten haben und an der Flanke desselben hin, denselben Weg zurücknehmend, auf dem wir in die Kapelle eintraten, werfen wir jetzt von der platzartigen Auffahrt her nochmals einen Blick auf den Palast, zumal auf die berühmt gewordenen Stockwerke und Thürmchen an der Nordwestecke, und treten dann ein.
Das Portal, unter dem wir uns zunächst befinden, zeigt durchaus nichts Stattliches oder Schloßartiges, es ist ein gepflasterter Thorweg, dessen Ueberbau von rohen Säulen getragen wird. Zur Linken befindet sich eine Pförtner-, zur Rechten eine Wachtstube; Gewehre der Mannschaften hängen an den Wänden und die Schmucklosigkeit des Ganzen erinnert an einen Kasernen-Eingang, der vierzehn Tage vorher auf Regimentsbefehl geweißt worden ist. Wir passiren diesen Thorweg und haben jetzt den geräumigen, nach allen Seiten hin geschlossenen Hof des Palastes vor uns. Die Zimmer im rechten Flügel heißen die „Queen’s Apartments“. Die Königin, um die es sich dabei handelt, ist nicht Queen Mary sondern Queen Victoria. Alljährlich, wenn die Königin nach Balmoral geht, um die Sommermonate auf dieser reizenden Besitzung (zwischen Inverneß und Aberdeen) zu verbringen, pflegt sie auf der Durchreise eine Nacht in
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Zitationshilfe: | Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_tweed_1860/36>, abgerufen am 16.02.2025. |