Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860.und was nicht. Wir eilten in das Gasthaus hinein, dessen Flur und Eingänge mit allerhand Laubgewinden festlich geschmückt waren, und fanden uns in's Unvermeidliche, als wir unseren Imbiß, ein Stück Hammel mit einem Glase Bier, mit fünf Schilling bezahlen mußten. Es war schon spät Abend und die August-Sonne längst unter, als wir mit jenem süßen Gefühl des Gekräftigtseins, das man auf Reisen von jeder Mahlzeit mitbringt, unsere Thurmplätze wieder erkletterten und in die Sommernacht hinein fuhren. Die abendliche Kühle lief uns wie ein Bad wohlthuend über den Rücken, und Alles war heiter und gesprächig, als ein Feuerwerk eigener Art unsere Fahrt unterbrach. Aus der Achse des einen Vorderrades schoß und sprühte es hervor, wie ein zischender Schwärmer. Ich hatte das Schauspiel gerade vor mir und rief dem Kutscher zu: "Stop, the wheel burns!" Jeder sah das Sprühfeuer, das hell in die Nacht hinein leuchtete. Der Wagen hielt, der Conducteur sprang aus dem Wagenkasten, goß allerhand räthselhafte Flüssigkeiten, über die wir nie aufgeklärt worden sind, auf die Schraubenmutter und erklärte dann mit mehr Gleichmuth als Wahrheit, "daß Alles in Ordnung sei." Aber es war nicht Alles in Ordnung und eine Fahrt begann, wie ich sie vorher nicht durchgemacht habe und auch nicht wieder durchzumachen wünsche. Zwischen Brennen und Löschen ging es vorwärts. Der Conducteur nahm seinen Stand auf einem Wagentritt unmittelbar und was nicht. Wir eilten in das Gasthaus hinein, dessen Flur und Eingänge mit allerhand Laubgewinden festlich geschmückt waren, und fanden uns in’s Unvermeidliche, als wir unseren Imbiß, ein Stück Hammel mit einem Glase Bier, mit fünf Schilling bezahlen mußten. Es war schon spät Abend und die August-Sonne längst unter, als wir mit jenem süßen Gefühl des Gekräftigtseins, das man auf Reisen von jeder Mahlzeit mitbringt, unsere Thurmplätze wieder erkletterten und in die Sommernacht hinein fuhren. Die abendliche Kühle lief uns wie ein Bad wohlthuend über den Rücken, und Alles war heiter und gesprächig, als ein Feuerwerk eigener Art unsere Fahrt unterbrach. Aus der Achse des einen Vorderrades schoß und sprühte es hervor, wie ein zischender Schwärmer. Ich hatte das Schauspiel gerade vor mir und rief dem Kutscher zu: „Stop, the wheel burns!“ Jeder sah das Sprühfeuer, das hell in die Nacht hinein leuchtete. Der Wagen hielt, der Conducteur sprang aus dem Wagenkasten, goß allerhand räthselhafte Flüssigkeiten, über die wir nie aufgeklärt worden sind, auf die Schraubenmutter und erklärte dann mit mehr Gleichmuth als Wahrheit, „daß Alles in Ordnung sei.“ Aber es war nicht Alles in Ordnung und eine Fahrt begann, wie ich sie vorher nicht durchgemacht habe und auch nicht wieder durchzumachen wünsche. Zwischen Brennen und Löschen ging es vorwärts. Der Conducteur nahm seinen Stand auf einem Wagentritt unmittelbar <TEI> <text> <body> <div> <div> <p><pb facs="#f0240" n="226"/> und was nicht. Wir eilten in das Gasthaus hinein, dessen Flur und Eingänge mit allerhand Laubgewinden festlich geschmückt waren, und fanden uns in’s Unvermeidliche, als wir unseren Imbiß, ein Stück Hammel mit einem Glase Bier, mit fünf Schilling bezahlen mußten.</p><lb/> <p>Es war schon spät Abend und die August-Sonne längst unter, als wir mit jenem süßen Gefühl des Gekräftigtseins, das man auf Reisen von jeder Mahlzeit mitbringt, unsere Thurmplätze wieder erkletterten und in die Sommernacht hinein fuhren. Die abendliche Kühle lief uns wie ein Bad wohlthuend über den Rücken, und Alles war heiter und gesprächig, als ein Feuerwerk eigener Art unsere Fahrt unterbrach. Aus der Achse des einen Vorderrades schoß und sprühte es hervor, wie ein zischender Schwärmer. Ich hatte das Schauspiel gerade vor mir und rief dem Kutscher zu: <hi rendition="#aq"><foreign xml:lang="eng">„Stop, the wheel burns!“</foreign></hi> Jeder sah das Sprühfeuer, das hell in die Nacht hinein leuchtete. Der Wagen hielt, der Conducteur sprang aus dem Wagenkasten, goß allerhand räthselhafte Flüssigkeiten, über die wir nie aufgeklärt worden sind, auf die Schraubenmutter und erklärte dann mit mehr Gleichmuth als Wahrheit, „daß Alles in Ordnung sei.“ Aber es war <hi rendition="#g">nicht</hi> Alles in Ordnung und eine Fahrt begann, wie ich sie vorher nicht durchgemacht habe und auch nicht wieder durchzumachen wünsche. Zwischen Brennen und Löschen ging es vorwärts. Der Conducteur nahm seinen Stand auf einem Wagentritt unmittelbar<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [226/0240]
und was nicht. Wir eilten in das Gasthaus hinein, dessen Flur und Eingänge mit allerhand Laubgewinden festlich geschmückt waren, und fanden uns in’s Unvermeidliche, als wir unseren Imbiß, ein Stück Hammel mit einem Glase Bier, mit fünf Schilling bezahlen mußten.
Es war schon spät Abend und die August-Sonne längst unter, als wir mit jenem süßen Gefühl des Gekräftigtseins, das man auf Reisen von jeder Mahlzeit mitbringt, unsere Thurmplätze wieder erkletterten und in die Sommernacht hinein fuhren. Die abendliche Kühle lief uns wie ein Bad wohlthuend über den Rücken, und Alles war heiter und gesprächig, als ein Feuerwerk eigener Art unsere Fahrt unterbrach. Aus der Achse des einen Vorderrades schoß und sprühte es hervor, wie ein zischender Schwärmer. Ich hatte das Schauspiel gerade vor mir und rief dem Kutscher zu: „Stop, the wheel burns!“ Jeder sah das Sprühfeuer, das hell in die Nacht hinein leuchtete. Der Wagen hielt, der Conducteur sprang aus dem Wagenkasten, goß allerhand räthselhafte Flüssigkeiten, über die wir nie aufgeklärt worden sind, auf die Schraubenmutter und erklärte dann mit mehr Gleichmuth als Wahrheit, „daß Alles in Ordnung sei.“ Aber es war nicht Alles in Ordnung und eine Fahrt begann, wie ich sie vorher nicht durchgemacht habe und auch nicht wieder durchzumachen wünsche. Zwischen Brennen und Löschen ging es vorwärts. Der Conducteur nahm seinen Stand auf einem Wagentritt unmittelbar
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Zitationshilfe: | Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_tweed_1860/240>, abgerufen am 16.02.2025. |