Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860.Perth war vor der Thronbesteigung der Stuarts ein Lieblingsaufenthalt der schottischen Könige, wiewohl sie keinen Palast in der Stadt besaßen. Sie pflegten in einem reichen Cistercienserkloster abzusteigen, dessen Reichthum und Gastlichkeit es unnöthig erscheinen ließ, noch einen königlichen Palast herzurichten. Das Zeitalter der königlichen Prachtbauten, der Stadt-, Jagd- und Lustschlösser, war damals noch nicht angebrochen, und das arme Königthum nahm noch nicht Anstand, bei dem reichen Clerus zu Gast zu gehen. Mit der Thronbesteigung der Stuarts verlor Perth den Charakter einer jeweiligen königlichen Residenz. Die Königssitze wurden südlicher verlegt, und an die Stelle von Dunkeld, Scone und Perth traten Linlithgow, Stirling und Holyrood. Nur ausnahmsweise und auf kurze Zeit nahmen auch die Stuarts noch ihren Aufenthalt in Perth, und von den sechs Jakobs, die in fast ununterbrochener Reihenfolge das Land beherrschten (nur Maria Stuart schiebt sich zwischen Jakob V. und Jakob VI. ein), wurde Jakob I. wirklich in Perth ermordet, während der letzte (Jakob VI.) den Anschlägen auf sein Leben wie durch ein Wunder entging. Diese Anschläge bilden die sogenannte "Gowrie-Conspiracy", worauf ich weiter unten in aller Kürze zurückkomme. Perth ist alt und hat eine schöne Lage am Tay, der ungefähr 1000 Fuß breit, der Längsseite der Stadt entlang fließt. Die beiden Hauptstraßen, High-Street und South-Street, laufen senkrecht auf den Fluß zu und sind Perth war vor der Thronbesteigung der Stuarts ein Lieblingsaufenthalt der schottischen Könige, wiewohl sie keinen Palast in der Stadt besaßen. Sie pflegten in einem reichen Cistercienserkloster abzusteigen, dessen Reichthum und Gastlichkeit es unnöthig erscheinen ließ, noch einen königlichen Palast herzurichten. Das Zeitalter der königlichen Prachtbauten, der Stadt-, Jagd- und Lustschlösser, war damals noch nicht angebrochen, und das arme Königthum nahm noch nicht Anstand, bei dem reichen Clerus zu Gast zu gehen. Mit der Thronbesteigung der Stuarts verlor Perth den Charakter einer jeweiligen königlichen Residenz. Die Königssitze wurden südlicher verlegt, und an die Stelle von Dunkeld, Scone und Perth traten Linlithgow, Stirling und Holyrood. Nur ausnahmsweise und auf kurze Zeit nahmen auch die Stuarts noch ihren Aufenthalt in Perth, und von den sechs Jakobs, die in fast ununterbrochener Reihenfolge das Land beherrschten (nur Maria Stuart schiebt sich zwischen Jakob V. und Jakob VI. ein), wurde Jakob I. wirklich in Perth ermordet, während der letzte (Jakob VI.) den Anschlägen auf sein Leben wie durch ein Wunder entging. Diese Anschläge bilden die sogenannte „Gowrie-Conspiracy“, worauf ich weiter unten in aller Kürze zurückkomme. Perth ist alt und hat eine schöne Lage am Tay, der ungefähr 1000 Fuß breit, der Längsseite der Stadt entlang fließt. Die beiden Hauptstraßen, High-Street und South-Street, laufen senkrecht auf den Fluß zu und sind <TEI> <text> <body> <div> <div> <pb facs="#f0213" n="199"/> <p>Perth war vor der Thronbesteigung der Stuarts ein Lieblingsaufenthalt der schottischen Könige, wiewohl sie keinen Palast in der Stadt besaßen. Sie pflegten in einem reichen Cistercienserkloster abzusteigen, dessen Reichthum und Gastlichkeit es unnöthig erscheinen ließ, noch einen königlichen Palast herzurichten. Das Zeitalter der königlichen Prachtbauten, der Stadt-, Jagd- und Lustschlösser, war damals noch nicht angebrochen, und das arme Königthum nahm noch nicht Anstand, bei dem reichen Clerus zu Gast zu gehen. Mit der Thronbesteigung der Stuarts verlor Perth den Charakter einer jeweiligen königlichen Residenz. Die Königssitze wurden südlicher verlegt, und an die Stelle von Dunkeld, Scone und Perth traten Linlithgow, Stirling und Holyrood. Nur ausnahmsweise und auf kurze Zeit nahmen auch die Stuarts noch ihren Aufenthalt in Perth, und von den sechs Jakobs, die in fast ununterbrochener Reihenfolge das Land beherrschten (nur Maria Stuart schiebt sich zwischen Jakob <hi rendition="#aq">V</hi>. und Jakob <hi rendition="#aq">VI</hi>. ein), wurde Jakob <hi rendition="#aq">I</hi>. wirklich in Perth ermordet, während der letzte (Jakob <hi rendition="#aq">VI</hi>.) den Anschlägen auf sein Leben wie durch ein Wunder entging. Diese Anschläge bilden die sogenannte „Gowrie-Conspiracy“, worauf ich weiter unten in aller Kürze zurückkomme.</p><lb/> <p>Perth ist alt und hat eine schöne Lage am Tay, der ungefähr 1000 Fuß breit, der Längsseite der Stadt entlang fließt. Die beiden Hauptstraßen, High-Street und South-Street, laufen senkrecht auf den Fluß zu und sind<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [199/0213]
Perth war vor der Thronbesteigung der Stuarts ein Lieblingsaufenthalt der schottischen Könige, wiewohl sie keinen Palast in der Stadt besaßen. Sie pflegten in einem reichen Cistercienserkloster abzusteigen, dessen Reichthum und Gastlichkeit es unnöthig erscheinen ließ, noch einen königlichen Palast herzurichten. Das Zeitalter der königlichen Prachtbauten, der Stadt-, Jagd- und Lustschlösser, war damals noch nicht angebrochen, und das arme Königthum nahm noch nicht Anstand, bei dem reichen Clerus zu Gast zu gehen. Mit der Thronbesteigung der Stuarts verlor Perth den Charakter einer jeweiligen königlichen Residenz. Die Königssitze wurden südlicher verlegt, und an die Stelle von Dunkeld, Scone und Perth traten Linlithgow, Stirling und Holyrood. Nur ausnahmsweise und auf kurze Zeit nahmen auch die Stuarts noch ihren Aufenthalt in Perth, und von den sechs Jakobs, die in fast ununterbrochener Reihenfolge das Land beherrschten (nur Maria Stuart schiebt sich zwischen Jakob V. und Jakob VI. ein), wurde Jakob I. wirklich in Perth ermordet, während der letzte (Jakob VI.) den Anschlägen auf sein Leben wie durch ein Wunder entging. Diese Anschläge bilden die sogenannte „Gowrie-Conspiracy“, worauf ich weiter unten in aller Kürze zurückkomme.
Perth ist alt und hat eine schöne Lage am Tay, der ungefähr 1000 Fuß breit, der Längsseite der Stadt entlang fließt. Die beiden Hauptstraßen, High-Street und South-Street, laufen senkrecht auf den Fluß zu und sind
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Zitationshilfe: | Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_tweed_1860/213>, abgerufen am 22.07.2024. |