Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860.sein, und sich schließlich begnügen mußten, den halbtodten Rhoderick Dhu auf den Sattel zu heben. Der nächste Punkt von Interesse war Coil-antogle-Ford. Als der Finger des Conducteurs auf die ziemlich nahe am Wege gelegene Stelle wies, wo Rhoderick Dhu und Fitzjames gekämpft hatten, sprang alles im Wagen auf, mit einem Eifer und einer Raschheit, als fürchte jeder, daß ihm der Platz durch die Schaugier des andern entführt werden könnte. Der Platz an und für sich war unscheinbar genug, aber eben in seiner Unscheinbarkeit vom Dichter trefflich gewählt. Wir empfanden es an uns selbst, daß die beiden Gestalten um so deutlicher und lebensvoller vor uns hintraten, je leerer der Rahmen war, in den sie der Dichter gestellt hatte. Keine Staffage, die irgendwie gestört hätte; eine Wiese, ein Flußstreifen und still zur Rechten der See von Vennachar. Rasch ging es nun am Nordufer des Sees entlang, an Landrick Height vorbei, dem Musterungsplatz der Mac Gregors, bis wir die Ufer Loch Vennachars mit denen des nachbarlichen Loch Achray vertauschten. Aber noch ehe wir die Ufer des Loch Achray zur Seite haben, hält unser Wagen auf's Neue; wir haben die "Türkenbrücke," Bridge of Turk, erreicht, steigen ab und machen dießmal, statt dem Wirthshaus selber, nur seinem Schilde die Reverenz. Nach englischer Art befindet sich dasselbe nicht über der Eingangsthür, sondern ist bildartig in einen Rahmen gespannt, der seinerseits auf einem Holzpfeiler steht; das Ganze einem vergrößerten Licht- sein, und sich schließlich begnügen mußten, den halbtodten Rhoderick Dhu auf den Sattel zu heben. Der nächste Punkt von Interesse war Coil-antogle-Ford. Als der Finger des Conducteurs auf die ziemlich nahe am Wege gelegene Stelle wies, wo Rhoderick Dhu und Fitzjames gekämpft hatten, sprang alles im Wagen auf, mit einem Eifer und einer Raschheit, als fürchte jeder, daß ihm der Platz durch die Schaugier des andern entführt werden könnte. Der Platz an und für sich war unscheinbar genug, aber eben in seiner Unscheinbarkeit vom Dichter trefflich gewählt. Wir empfanden es an uns selbst, daß die beiden Gestalten um so deutlicher und lebensvoller vor uns hintraten, je leerer der Rahmen war, in den sie der Dichter gestellt hatte. Keine Staffage, die irgendwie gestört hätte; eine Wiese, ein Flußstreifen und still zur Rechten der See von Vennachar. Rasch ging es nun am Nordufer des Sees entlang, an Landrick Height vorbei, dem Musterungsplatz der Mac Gregors, bis wir die Ufer Loch Vennachars mit denen des nachbarlichen Loch Achray vertauschten. Aber noch ehe wir die Ufer des Loch Achray zur Seite haben, hält unser Wagen auf’s Neue; wir haben die „Türkenbrücke,“ Bridge of Turk, erreicht, steigen ab und machen dießmal, statt dem Wirthshaus selber, nur seinem Schilde die Reverenz. Nach englischer Art befindet sich dasselbe nicht über der Eingangsthür, sondern ist bildartig in einen Rahmen gespannt, der seinerseits auf einem Holzpfeiler steht; das Ganze einem vergrößerten Licht- <TEI> <text> <body> <div> <div> <div> <p><pb facs="#f0201" n="187"/> sein, und sich schließlich begnügen mußten, den halbtodten Rhoderick Dhu auf den Sattel zu heben. Der nächste Punkt von Interesse war Coil-antogle-Ford. Als der Finger des Conducteurs auf die ziemlich nahe am Wege gelegene Stelle wies, wo Rhoderick Dhu und Fitzjames gekämpft hatten, sprang alles im Wagen auf, mit einem Eifer und einer Raschheit, als fürchte jeder, daß ihm der Platz durch die Schaugier des andern entführt werden könnte. Der Platz an und für sich war unscheinbar genug, aber eben in seiner Unscheinbarkeit vom Dichter trefflich gewählt. Wir empfanden es an uns selbst, daß die beiden Gestalten um so deutlicher und lebensvoller vor uns hintraten, je leerer der Rahmen war, in den sie der Dichter gestellt hatte. Keine Staffage, die irgendwie gestört hätte; eine Wiese, ein Flußstreifen und still zur Rechten der See von Vennachar. Rasch ging es nun am Nordufer des Sees entlang, an Landrick Height vorbei, dem Musterungsplatz der Mac Gregors, bis wir die Ufer Loch Vennachars mit denen des nachbarlichen Loch Achray vertauschten. </p><lb/> <p>Aber noch ehe wir die Ufer des Loch Achray zur Seite haben, hält unser Wagen auf’s Neue; wir haben die „Türkenbrücke,“ <hi rendition="#aq"><foreign xml:lang="eng">Bridge of Turk</foreign></hi>, erreicht, steigen ab und machen dießmal, statt dem Wirthshaus selber, nur seinem Schilde die Reverenz. Nach englischer Art befindet sich dasselbe nicht über der Eingangsthür, sondern ist bildartig in einen Rahmen gespannt, der seinerseits auf einem Holzpfeiler steht; das Ganze einem vergrößerten Licht-<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [187/0201]
sein, und sich schließlich begnügen mußten, den halbtodten Rhoderick Dhu auf den Sattel zu heben. Der nächste Punkt von Interesse war Coil-antogle-Ford. Als der Finger des Conducteurs auf die ziemlich nahe am Wege gelegene Stelle wies, wo Rhoderick Dhu und Fitzjames gekämpft hatten, sprang alles im Wagen auf, mit einem Eifer und einer Raschheit, als fürchte jeder, daß ihm der Platz durch die Schaugier des andern entführt werden könnte. Der Platz an und für sich war unscheinbar genug, aber eben in seiner Unscheinbarkeit vom Dichter trefflich gewählt. Wir empfanden es an uns selbst, daß die beiden Gestalten um so deutlicher und lebensvoller vor uns hintraten, je leerer der Rahmen war, in den sie der Dichter gestellt hatte. Keine Staffage, die irgendwie gestört hätte; eine Wiese, ein Flußstreifen und still zur Rechten der See von Vennachar. Rasch ging es nun am Nordufer des Sees entlang, an Landrick Height vorbei, dem Musterungsplatz der Mac Gregors, bis wir die Ufer Loch Vennachars mit denen des nachbarlichen Loch Achray vertauschten.
Aber noch ehe wir die Ufer des Loch Achray zur Seite haben, hält unser Wagen auf’s Neue; wir haben die „Türkenbrücke,“ Bridge of Turk, erreicht, steigen ab und machen dießmal, statt dem Wirthshaus selber, nur seinem Schilde die Reverenz. Nach englischer Art befindet sich dasselbe nicht über der Eingangsthür, sondern ist bildartig in einen Rahmen gespannt, der seinerseits auf einem Holzpfeiler steht; das Ganze einem vergrößerten Licht-
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Zitationshilfe: | Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_tweed_1860/201>, abgerufen am 22.07.2024. |