Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860.uns wirklich bereits an, die warme feuchte Luft in langen Zügen einzuathmen, als die Stimme des Führers uns daran erinnert, daß wir um keines Spaziergangs willen dies alte Mauerwerk erklettert haben, sondern blos, um mit Benutzung desselben, auf bestem Wege an den Margarethen-Thurm zu gelangen. Vor diesem stehn wir nunmehr, die Mauern sind ziemlich dick und durch eine schmale Seitenthür treten wir jetzt in das erste Stockwerk desselben ein. Die hinauf führende, schmale Wendeltreppe hat der Stufen nicht allzu viele und ohne sonderliche Anstrengung erreichen wir alsbald das oberste, laternenartige Gemach des Thurmes, das den Namen Queen Margrets bower (Zimmerchen) führt. Die Aussicht von diesem Thurm ist entzückend. Nach allen Seiten hin, aber sehr allmälig, hebt sich das Terrain; breite, goldgelbe Haferfelder steigen die Hügel hinauf und verdünnen sich landeinwärts zu immer schmaleren Streifen. Hier und dort Hecken und Baumgruppen, die sich in Nebel und Ferne verlieren. Nach Süden hin die Stadt, die sich ziemlich dicht an den Pallast lehnt; unmittelbar vor uns aber ein kleiner, inselreicher See, der sich rechtwinklig, nach Nord und West hin, um die Fronten des alten Schlosses legt. Wir standen wie geblendet; einzelne Möven flogen vor uns auf und mit Gekreisch bald diese bald jene Insel umschwebend, glänzte das Weiß ihrer Flügel wunderbar über dem Graublau des Wassers. Es würde sich verlohnen den Margarethen-Thurm zu ersteigen, wenn er auch nichts böte als diese Aussicht. uns wirklich bereits an, die warme feuchte Luft in langen Zügen einzuathmen, als die Stimme des Führers uns daran erinnert, daß wir um keines Spaziergangs willen dies alte Mauerwerk erklettert haben, sondern blos, um mit Benutzung desselben, auf bestem Wege an den Margarethen-Thurm zu gelangen. Vor diesem stehn wir nunmehr, die Mauern sind ziemlich dick und durch eine schmale Seitenthür treten wir jetzt in das erste Stockwerk desselben ein. Die hinauf führende, schmale Wendeltreppe hat der Stufen nicht allzu viele und ohne sonderliche Anstrengung erreichen wir alsbald das oberste, laternenartige Gemach des Thurmes, das den Namen Queen Margrets bower (Zimmerchen) führt. Die Aussicht von diesem Thurm ist entzückend. Nach allen Seiten hin, aber sehr allmälig, hebt sich das Terrain; breite, goldgelbe Haferfelder steigen die Hügel hinauf und verdünnen sich landeinwärts zu immer schmaleren Streifen. Hier und dort Hecken und Baumgruppen, die sich in Nebel und Ferne verlieren. Nach Süden hin die Stadt, die sich ziemlich dicht an den Pallast lehnt; unmittelbar vor uns aber ein kleiner, inselreicher See, der sich rechtwinklig, nach Nord und West hin, um die Fronten des alten Schlosses legt. Wir standen wie geblendet; einzelne Möven flogen vor uns auf und mit Gekreisch bald diese bald jene Insel umschwebend, glänzte das Weiß ihrer Flügel wunderbar über dem Graublau des Wassers. Es würde sich verlohnen den Margarethen-Thurm zu ersteigen, wenn er auch nichts böte als diese Aussicht. <TEI> <text> <body> <div> <div> <p><pb facs="#f0142" n="128"/> uns wirklich bereits an, die warme feuchte Luft in langen Zügen einzuathmen, als die Stimme des Führers uns daran erinnert, daß wir um keines Spaziergangs willen dies alte Mauerwerk erklettert haben, sondern blos, um mit Benutzung desselben, auf bestem Wege an den Margarethen-Thurm zu gelangen. <hi rendition="#g">Vor</hi> diesem stehn wir nunmehr, die Mauern sind ziemlich dick und durch eine schmale Seitenthür treten wir jetzt in das erste Stockwerk desselben ein. Die hinauf führende, schmale Wendeltreppe hat der Stufen nicht allzu viele und ohne sonderliche Anstrengung erreichen wir alsbald das oberste, laternenartige Gemach des Thurmes, das den Namen <hi rendition="#aq"><foreign xml:lang="eng">Queen Margrets bower</foreign></hi> (Zimmerchen) führt. Die Aussicht von diesem Thurm ist entzückend. Nach allen Seiten hin, aber sehr allmälig, hebt sich das Terrain; breite, goldgelbe Haferfelder steigen die Hügel hinauf und verdünnen sich landeinwärts zu immer schmaleren Streifen. Hier und dort Hecken und Baumgruppen, die sich in Nebel und Ferne verlieren. Nach Süden hin die Stadt, die sich ziemlich dicht an den Pallast lehnt; unmittelbar vor uns aber ein kleiner, inselreicher See, der sich rechtwinklig, nach Nord und West hin, um die Fronten des alten Schlosses legt. Wir standen wie geblendet; einzelne Möven flogen vor uns auf und mit Gekreisch bald diese bald jene Insel umschwebend, glänzte das Weiß ihrer Flügel wunderbar über dem Graublau des Wassers.</p><lb/> <p>Es würde sich verlohnen den Margarethen-Thurm zu ersteigen, wenn er auch nichts böte als diese Aussicht.<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [128/0142]
uns wirklich bereits an, die warme feuchte Luft in langen Zügen einzuathmen, als die Stimme des Führers uns daran erinnert, daß wir um keines Spaziergangs willen dies alte Mauerwerk erklettert haben, sondern blos, um mit Benutzung desselben, auf bestem Wege an den Margarethen-Thurm zu gelangen. Vor diesem stehn wir nunmehr, die Mauern sind ziemlich dick und durch eine schmale Seitenthür treten wir jetzt in das erste Stockwerk desselben ein. Die hinauf führende, schmale Wendeltreppe hat der Stufen nicht allzu viele und ohne sonderliche Anstrengung erreichen wir alsbald das oberste, laternenartige Gemach des Thurmes, das den Namen Queen Margrets bower (Zimmerchen) führt. Die Aussicht von diesem Thurm ist entzückend. Nach allen Seiten hin, aber sehr allmälig, hebt sich das Terrain; breite, goldgelbe Haferfelder steigen die Hügel hinauf und verdünnen sich landeinwärts zu immer schmaleren Streifen. Hier und dort Hecken und Baumgruppen, die sich in Nebel und Ferne verlieren. Nach Süden hin die Stadt, die sich ziemlich dicht an den Pallast lehnt; unmittelbar vor uns aber ein kleiner, inselreicher See, der sich rechtwinklig, nach Nord und West hin, um die Fronten des alten Schlosses legt. Wir standen wie geblendet; einzelne Möven flogen vor uns auf und mit Gekreisch bald diese bald jene Insel umschwebend, glänzte das Weiß ihrer Flügel wunderbar über dem Graublau des Wassers.
Es würde sich verlohnen den Margarethen-Thurm zu ersteigen, wenn er auch nichts böte als diese Aussicht.
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Zitationshilfe: | Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_tweed_1860/142>, abgerufen am 22.07.2024. |