Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860.Type, die der "Punch" so oft zu bringen pflegt und wenn er sich zu Port und Sherry auch nicht wie Hahnemann zum Kaffee verhielt (der ihn allen Patienten verbot, während ihm selber "nichts darüber ging"), so bestritt doch sein Erscheinen auf's Aeußerste, daß er bei Thee und Schmalbier alt geworden sei. Man konnte nicht umhin, sich seine Vergangenheit als eine lange Reihe von Diners vorzustellen und die Feuerräder seiner Beredtsamkeit verpufften wirkungslos in der Luft. Mit uns verließen ein Dutzend Leute den Platz, darunter drei Soldaten: ein riesiger Dragoner mit zwei "young hands" von der Sussex-Miliz am Arm. Sie bogen vom Platz aus in High-Street ein und verschwanden lachend in den Hof eines alten unsauberen Hauses, an dessen halberleuchteten Wänden zu lesen war: "Money lent here; highest prices paid for jewellery, watches etc." Die beste Probe von Straßenpredigerthum war uns aber noch vorbehalten. Als wir ziemlich die Ecke erreicht hatten, wo sich High-Street, um die Kirche von St. Giles herum, zu einem Platz erweitert, sahen wir die Straße durch eine gedrängt stehende Menschenmenge halb abgesperrt. Als wir in den Kreis traten, überraschte uns ein Doppelbild, zwei Figuren, von denen es schwer zu sagen war, welche mehr Anspruch hatte unsere Aufmerksamkeit zu fesseln. Der eine, ein etwas pockennarbiger Mann von etwa 50 Jahren, balancirte auf einer breiten Fußbank und sprach mit lauter Stimme, nur innehaltend, wenn er den Hut abnahm, um sich den Schweiß der Type, die der „Punch“ so oft zu bringen pflegt und wenn er sich zu Port und Sherry auch nicht wie Hahnemann zum Kaffee verhielt (der ihn allen Patienten verbot, während ihm selber „nichts darüber ging“), so bestritt doch sein Erscheinen auf’s Aeußerste, daß er bei Thee und Schmalbier alt geworden sei. Man konnte nicht umhin, sich seine Vergangenheit als eine lange Reihe von Diners vorzustellen und die Feuerräder seiner Beredtsamkeit verpufften wirkungslos in der Luft. Mit uns verließen ein Dutzend Leute den Platz, darunter drei Soldaten: ein riesiger Dragoner mit zwei „young hands“ von der Sussex-Miliz am Arm. Sie bogen vom Platz aus in High-Street ein und verschwanden lachend in den Hof eines alten unsauberen Hauses, an dessen halberleuchteten Wänden zu lesen war: „Money lent here; highest prices paid for jewellery, watches etc.“ Die beste Probe von Straßenpredigerthum war uns aber noch vorbehalten. Als wir ziemlich die Ecke erreicht hatten, wo sich High-Street, um die Kirche von St. Giles herum, zu einem Platz erweitert, sahen wir die Straße durch eine gedrängt stehende Menschenmenge halb abgesperrt. Als wir in den Kreis traten, überraschte uns ein Doppelbild, zwei Figuren, von denen es schwer zu sagen war, welche mehr Anspruch hatte unsere Aufmerksamkeit zu fesseln. Der eine, ein etwas pockennarbiger Mann von etwa 50 Jahren, balancirte auf einer breiten Fußbank und sprach mit lauter Stimme, nur innehaltend, wenn er den Hut abnahm, um sich den Schweiß der <TEI> <text> <body> <div> <div> <p><pb facs="#f0123" n="109"/> Type, die der „Punch“ so oft zu bringen pflegt und wenn er sich zu Port und Sherry auch nicht wie Hahnemann zum Kaffee verhielt (der ihn allen Patienten verbot, während ihm selber „nichts darüber ging“), so bestritt doch sein Erscheinen auf’s Aeußerste, daß er bei Thee und Schmalbier alt geworden sei. Man konnte nicht umhin, sich seine Vergangenheit als eine lange Reihe von Diners vorzustellen und die Feuerräder seiner Beredtsamkeit verpufften wirkungslos in der Luft. Mit uns verließen ein Dutzend Leute den Platz, darunter drei Soldaten: ein riesiger Dragoner mit zwei <hi rendition="#aq"><foreign xml:lang="eng">„young hands“</foreign></hi> von der Sussex-Miliz am Arm. Sie bogen vom Platz aus in High-Street ein und verschwanden lachend in den Hof eines alten unsauberen Hauses, an dessen halberleuchteten Wänden zu lesen war: <hi rendition="#aq"><foreign xml:lang="eng">„Money lent here; highest prices paid for jewellery, watches etc.“</foreign></hi></p><lb/> <p>Die beste Probe von Straßenpredigerthum war uns aber noch vorbehalten. Als wir ziemlich die Ecke erreicht hatten, wo sich High-Street, um die Kirche von St. Giles herum, zu einem Platz erweitert, sahen wir die Straße durch eine gedrängt stehende Menschenmenge halb abgesperrt. Als wir in den Kreis traten, überraschte uns ein Doppelbild, zwei Figuren, von denen es schwer zu sagen war, welche mehr Anspruch hatte unsere Aufmerksamkeit zu fesseln. Der eine, ein etwas pockennarbiger Mann von etwa 50 Jahren, balancirte auf einer breiten Fußbank und sprach mit lauter Stimme, nur innehaltend, wenn er den Hut abnahm, um sich den Schweiß der<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [109/0123]
Type, die der „Punch“ so oft zu bringen pflegt und wenn er sich zu Port und Sherry auch nicht wie Hahnemann zum Kaffee verhielt (der ihn allen Patienten verbot, während ihm selber „nichts darüber ging“), so bestritt doch sein Erscheinen auf’s Aeußerste, daß er bei Thee und Schmalbier alt geworden sei. Man konnte nicht umhin, sich seine Vergangenheit als eine lange Reihe von Diners vorzustellen und die Feuerräder seiner Beredtsamkeit verpufften wirkungslos in der Luft. Mit uns verließen ein Dutzend Leute den Platz, darunter drei Soldaten: ein riesiger Dragoner mit zwei „young hands“ von der Sussex-Miliz am Arm. Sie bogen vom Platz aus in High-Street ein und verschwanden lachend in den Hof eines alten unsauberen Hauses, an dessen halberleuchteten Wänden zu lesen war: „Money lent here; highest prices paid for jewellery, watches etc.“
Die beste Probe von Straßenpredigerthum war uns aber noch vorbehalten. Als wir ziemlich die Ecke erreicht hatten, wo sich High-Street, um die Kirche von St. Giles herum, zu einem Platz erweitert, sahen wir die Straße durch eine gedrängt stehende Menschenmenge halb abgesperrt. Als wir in den Kreis traten, überraschte uns ein Doppelbild, zwei Figuren, von denen es schwer zu sagen war, welche mehr Anspruch hatte unsere Aufmerksamkeit zu fesseln. Der eine, ein etwas pockennarbiger Mann von etwa 50 Jahren, balancirte auf einer breiten Fußbank und sprach mit lauter Stimme, nur innehaltend, wenn er den Hut abnahm, um sich den Schweiß der
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(2018-07-25T15:22:45Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Alexandra Priesterath, Christian Thomas, Linda Martin: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2018-07-25T15:22:45Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Hrsg. von Maren Ermisch. Berlin 2017 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das reiseliterarische Werk, Bd. 2]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Der Text der Ausgabe wird hier ergänzt um das Kapitel „Lochleven-Castle“, das aus verlagstechnischen Gründen in der Erstausgabe fehlte (vgl. dazu die entsprechenden Informationen auf der Seite der Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen). Die dazugehörigen Faksimiles, 0331 bis 0333, wurden von Seiten der Österreichischen Nationalbibliothek übernommen. Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).
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