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Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899.

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zu lassen; aber sie kamen nicht recht dazu, weil sie, wäh¬
rend sie sich umschauten, eines alten Mannes ansichtig
wurden, der, nur durch einen flachen Graben von ihnen
getrennt, auf einem Stück Wiese stand und das hoch¬
stehende Gras mähte. Jetzt erst sah auch er von seiner
Arbeit auf und zog seine Mütze. Die Herren thaten ein
Gleiches und schwankten, ob sie näher heranreiten und
eine Ansprache mit ihm haben sollten. Aber er schien
das weder zu wünschen noch zu erwarten, und so ritten
sie denn weiter.

"Mein Gott," sagte Rex, "das war ja Krippenstapel.
Und hier draußen, so weit ab von seiner Schule. Wenn
er nicht die Seehundsfellmütze gehabt hätte, die wie aus
einer konfiszierten Schulmappe geschnitten aussah, hätt'
ich ihn nicht wieder erkannt."

"Ja, er war es, und das mit der Schulmappe wird
wohl auch zutreffen," sagte Woldemar. "Krippenstapel
kann eben alles -- der reine Robinson."

"Ja, Stechlin," warf Czako hier ein, "Sie sagen das
so hin, als ob Sie's bespötteln wollten. Eigentlich ist
es doch aber was Großes, sich immer selber helfen zu
können. Er wird wohl 'nen Sparren haben, zugegeben,
aber Ihrem gepriesenen Lorenzen ist er denn doch um ein
gut Stück überlegen. Schon weil er ein Original ist und
ein Eulengesicht hat. Eulengesichtsmenschen sind anderen
Menschen fast immer überlegen.

"Aber Czako, ich bitte Sie, das ist ja doch alles
Unsinn. Und Sie wissen es auch. Sie möchten nur,
ganz wie Rex, wenn auch aus einem andern Motiv, dem
armen Lorenzen was am Zeug flicken, bloß weil Sie her¬
ausfühlen: "das ist eine lautere Persönlichkeit"."

"Da thun Sie mir unrecht, Stechlin. Ganz und gar.
Ich bin auch fürs Lautere, wenn ich nur persönlich nicht
in Anspruch genommen werde."

"Nun, davor sind Sie sicher, -- vom Brombeer¬

zu laſſen; aber ſie kamen nicht recht dazu, weil ſie, wäh¬
rend ſie ſich umſchauten, eines alten Mannes anſichtig
wurden, der, nur durch einen flachen Graben von ihnen
getrennt, auf einem Stück Wieſe ſtand und das hoch¬
ſtehende Gras mähte. Jetzt erſt ſah auch er von ſeiner
Arbeit auf und zog ſeine Mütze. Die Herren thaten ein
Gleiches und ſchwankten, ob ſie näher heranreiten und
eine Anſprache mit ihm haben ſollten. Aber er ſchien
das weder zu wünſchen noch zu erwarten, und ſo ritten
ſie denn weiter.

„Mein Gott,“ ſagte Rex, „das war ja Krippenſtapel.
Und hier draußen, ſo weit ab von ſeiner Schule. Wenn
er nicht die Seehundsfellmütze gehabt hätte, die wie aus
einer konfiszierten Schulmappe geſchnitten ausſah, hätt'
ich ihn nicht wieder erkannt.“

„Ja, er war es, und das mit der Schulmappe wird
wohl auch zutreffen,“ ſagte Woldemar. „Krippenſtapel
kann eben alles — der reine Robinſon.“

„Ja, Stechlin,“ warf Czako hier ein, „Sie ſagen das
ſo hin, als ob Sie's beſpötteln wollten. Eigentlich iſt
es doch aber was Großes, ſich immer ſelber helfen zu
können. Er wird wohl 'nen Sparren haben, zugegeben,
aber Ihrem geprieſenen Lorenzen iſt er denn doch um ein
gut Stück überlegen. Schon weil er ein Original iſt und
ein Eulengeſicht hat. Eulengeſichtsmenſchen ſind anderen
Menſchen faſt immer überlegen.

„Aber Czako, ich bitte Sie, das iſt ja doch alles
Unſinn. Und Sie wiſſen es auch. Sie möchten nur,
ganz wie Rex, wenn auch aus einem andern Motiv, dem
armen Lorenzen was am Zeug flicken, bloß weil Sie her¬
ausfühlen: „das iſt eine lautere Perſönlichkeit“.“

„Da thun Sie mir unrecht, Stechlin. Ganz und gar.
Ich bin auch fürs Lautere, wenn ich nur perſönlich nicht
in Anſpruch genommen werde.“

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[86/0093] zu laſſen; aber ſie kamen nicht recht dazu, weil ſie, wäh¬ rend ſie ſich umſchauten, eines alten Mannes anſichtig wurden, der, nur durch einen flachen Graben von ihnen getrennt, auf einem Stück Wieſe ſtand und das hoch¬ ſtehende Gras mähte. Jetzt erſt ſah auch er von ſeiner Arbeit auf und zog ſeine Mütze. Die Herren thaten ein Gleiches und ſchwankten, ob ſie näher heranreiten und eine Anſprache mit ihm haben ſollten. Aber er ſchien das weder zu wünſchen noch zu erwarten, und ſo ritten ſie denn weiter. „Mein Gott,“ ſagte Rex, „das war ja Krippenſtapel. Und hier draußen, ſo weit ab von ſeiner Schule. Wenn er nicht die Seehundsfellmütze gehabt hätte, die wie aus einer konfiszierten Schulmappe geſchnitten ausſah, hätt' ich ihn nicht wieder erkannt.“ „Ja, er war es, und das mit der Schulmappe wird wohl auch zutreffen,“ ſagte Woldemar. „Krippenſtapel kann eben alles — der reine Robinſon.“ „Ja, Stechlin,“ warf Czako hier ein, „Sie ſagen das ſo hin, als ob Sie's beſpötteln wollten. Eigentlich iſt es doch aber was Großes, ſich immer ſelber helfen zu können. Er wird wohl 'nen Sparren haben, zugegeben, aber Ihrem geprieſenen Lorenzen iſt er denn doch um ein gut Stück überlegen. Schon weil er ein Original iſt und ein Eulengeſicht hat. Eulengeſichtsmenſchen ſind anderen Menſchen faſt immer überlegen. „Aber Czako, ich bitte Sie, das iſt ja doch alles Unſinn. Und Sie wiſſen es auch. Sie möchten nur, ganz wie Rex, wenn auch aus einem andern Motiv, dem armen Lorenzen was am Zeug flicken, bloß weil Sie her¬ ausfühlen: „das iſt eine lautere Perſönlichkeit“.“ „Da thun Sie mir unrecht, Stechlin. Ganz und gar. Ich bin auch fürs Lautere, wenn ich nur perſönlich nicht in Anſpruch genommen werde.“ „Nun, davor ſind Sie ſicher, — vom Brombeer¬

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899/93>, abgerufen am 23.11.2024.