sind immer von neidischen und boshaften Wesen mit Fuchsschwänzen und Fledermausflügeln umstellt, und wenn wir renommieren oder sicher thun, dann lachen sie. Und wenn sie erst lachen, dann sind wir schon so gut wie ver¬ loren. Mit unsrer eignen Kraft ist nichts gethan, ich habe nicht den Grashalm sicher, den ich hier ausreiße. Demut, Demut ... Aber trotzdem komm' ich dir mit der naiven Frage (denn man widerspricht sich in einem fort), ist es was Vornehmes, was Pikfeines?"
"Pikfein, Papa, will ich nicht sagen. Aber vornehm gewiß."
"Na, das freut mich. Falsche Vornehmheit ist mir ein Greuel; aber richtige Vornehmheit, -- a la bonne heure. Sage mal, vielleicht was vom Hofe?"
"Nein, Papa."
"Na, desto besser. Aber da kommen ja die Herren. Der Rex sieht wirklich verdeubelt gut aus, ganz das, was wir früher einen Garde-Assessor nannten. Und fromm, sagst du, -- wird also wohl Karriere machen; ,fromm' is wie 'ne untergelegte Hand."
Während dieser Worte stiegen Rex und Czako die Stufen zum Garten hinunter und begrüßten den Alten. Er erkundigte sich nach ihren nächtlichen Schicksalen, freute sich, daß sie "durchgeschlafen" hätten, und nahm dann Czakos Arm, um vom Garten her auf die Veranda, wo Engelke mittlerweile unter der großen Marquise den Frühstückstisch hergerichtet hatte, zurückzukehren. "Darf ich bitten, Herr von Rex." Und er wies auf einen Gartenstuhl, ihm gerade gegenüber, während Woldemar und Czako links und rechts neben ihm Platz nahmen. "Ich habe neuerdings den Thee eingeführt, das heißt nicht obligatorisch; im Gegenteil, ich persönlich, bleibe lieber bei Kaffee, "schwarz wie der Teufel, süß wie die
ſind immer von neidiſchen und boshaften Weſen mit Fuchsſchwänzen und Fledermausflügeln umſtellt, und wenn wir renommieren oder ſicher thun, dann lachen ſie. Und wenn ſie erſt lachen, dann ſind wir ſchon ſo gut wie ver¬ loren. Mit unſrer eignen Kraft iſt nichts gethan, ich habe nicht den Grashalm ſicher, den ich hier ausreiße. Demut, Demut ... Aber trotzdem komm' ich dir mit der naiven Frage (denn man widerſpricht ſich in einem fort), iſt es was Vornehmes, was Pikfeines?“
„Pikfein, Papa, will ich nicht ſagen. Aber vornehm gewiß.“
„Na, das freut mich. Falſche Vornehmheit iſt mir ein Greuel; aber richtige Vornehmheit, — à la bonne heure. Sage mal, vielleicht was vom Hofe?“
„Nein, Papa.“
„Na, deſto beſſer. Aber da kommen ja die Herren. Der Rex ſieht wirklich verdeubelt gut aus, ganz das, was wir früher einen Garde-Aſſeſſor nannten. Und fromm, ſagſt du, — wird alſo wohl Karriere machen; ‚fromm‘ is wie 'ne untergelegte Hand.“
Während dieſer Worte ſtiegen Rex und Czako die Stufen zum Garten hinunter und begrüßten den Alten. Er erkundigte ſich nach ihren nächtlichen Schickſalen, freute ſich, daß ſie „durchgeſchlafen“ hätten, und nahm dann Czakos Arm, um vom Garten her auf die Veranda, wo Engelke mittlerweile unter der großen Marquiſe den Frühſtückstiſch hergerichtet hatte, zurückzukehren. „Darf ich bitten, Herr von Rex.“ Und er wies auf einen Gartenſtuhl, ihm gerade gegenüber, während Woldemar und Czako links und rechts neben ihm Platz nahmen. „Ich habe neuerdings den Thee eingeführt, das heißt nicht obligatoriſch; im Gegenteil, ich perſönlich, bleibe lieber bei Kaffee, „ſchwarz wie der Teufel, ſüß wie die
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0068"n="61"/>ſind immer von neidiſchen und boshaften Weſen mit<lb/>
Fuchsſchwänzen und Fledermausflügeln umſtellt, und wenn<lb/>
wir renommieren oder ſicher thun, dann lachen ſie. Und<lb/>
wenn ſie erſt lachen, dann ſind wir ſchon ſo gut wie ver¬<lb/>
loren. Mit unſrer eignen Kraft iſt nichts gethan, ich habe<lb/>
nicht den Grashalm ſicher, den ich hier ausreiße. Demut,<lb/>
Demut ... Aber trotzdem komm' ich dir mit der naiven<lb/>
Frage (denn man widerſpricht ſich in einem fort), iſt es<lb/>
was Vornehmes, was Pikfeines?“</p><lb/><p>„Pikfein, Papa, will ich nicht ſagen. Aber vornehm<lb/>
gewiß.“</p><lb/><p>„Na, das freut mich. Falſche Vornehmheit iſt mir<lb/>
ein Greuel; aber richtige Vornehmheit, —<hirendition="#aq">à la bonne<lb/>
heure</hi>. Sage mal, vielleicht was vom Hofe?“<lb/></p><p>„Nein, Papa.“</p><lb/><p>„Na, deſto beſſer. Aber da kommen ja die Herren.<lb/>
Der Rex ſieht wirklich verdeubelt gut aus, ganz das, was<lb/>
wir früher einen Garde-Aſſeſſor nannten. Und fromm,<lb/>ſagſt du, — wird alſo wohl Karriere machen; ‚fromm‘<lb/>
is wie 'ne untergelegte Hand.“</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p>Während dieſer Worte ſtiegen Rex und Czako die<lb/>
Stufen zum Garten hinunter und begrüßten den Alten.<lb/>
Er erkundigte ſich nach ihren nächtlichen Schickſalen, freute<lb/>ſich, daß ſie „durchgeſchlafen“ hätten, und nahm dann<lb/>
Czakos Arm, um vom Garten her auf die Veranda, wo<lb/>
Engelke mittlerweile unter der großen Marquiſe den<lb/>
Frühſtückstiſch hergerichtet hatte, zurückzukehren. „Darf<lb/>
ich bitten, Herr von Rex.“ Und er wies auf einen<lb/>
Gartenſtuhl, ihm gerade gegenüber, während Woldemar<lb/>
und Czako links und rechts neben ihm Platz nahmen.<lb/>„Ich habe neuerdings den Thee eingeführt, das heißt<lb/>
nicht obligatoriſch; im Gegenteil, ich perſönlich, bleibe<lb/>
lieber bei Kaffee, „ſchwarz wie der Teufel, ſüß wie die<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[61/0068]
ſind immer von neidiſchen und boshaften Weſen mit
Fuchsſchwänzen und Fledermausflügeln umſtellt, und wenn
wir renommieren oder ſicher thun, dann lachen ſie. Und
wenn ſie erſt lachen, dann ſind wir ſchon ſo gut wie ver¬
loren. Mit unſrer eignen Kraft iſt nichts gethan, ich habe
nicht den Grashalm ſicher, den ich hier ausreiße. Demut,
Demut ... Aber trotzdem komm' ich dir mit der naiven
Frage (denn man widerſpricht ſich in einem fort), iſt es
was Vornehmes, was Pikfeines?“
„Pikfein, Papa, will ich nicht ſagen. Aber vornehm
gewiß.“
„Na, das freut mich. Falſche Vornehmheit iſt mir
ein Greuel; aber richtige Vornehmheit, — à la bonne
heure. Sage mal, vielleicht was vom Hofe?“
„Nein, Papa.“
„Na, deſto beſſer. Aber da kommen ja die Herren.
Der Rex ſieht wirklich verdeubelt gut aus, ganz das, was
wir früher einen Garde-Aſſeſſor nannten. Und fromm,
ſagſt du, — wird alſo wohl Karriere machen; ‚fromm‘
is wie 'ne untergelegte Hand.“
Während dieſer Worte ſtiegen Rex und Czako die
Stufen zum Garten hinunter und begrüßten den Alten.
Er erkundigte ſich nach ihren nächtlichen Schickſalen, freute
ſich, daß ſie „durchgeſchlafen“ hätten, und nahm dann
Czakos Arm, um vom Garten her auf die Veranda, wo
Engelke mittlerweile unter der großen Marquiſe den
Frühſtückstiſch hergerichtet hatte, zurückzukehren. „Darf
ich bitten, Herr von Rex.“ Und er wies auf einen
Gartenſtuhl, ihm gerade gegenüber, während Woldemar
und Czako links und rechts neben ihm Platz nahmen.
„Ich habe neuerdings den Thee eingeführt, das heißt
nicht obligatoriſch; im Gegenteil, ich perſönlich, bleibe
lieber bei Kaffee, „ſchwarz wie der Teufel, ſüß wie die
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899/68>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.