Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899.

Bild:
<< vorherige Seite

Und während er noch so sprach, schob er seine
Stiefel auf den Flur hinaus, schloß ab und legte sich
nieder.

Rex war derweilen mit seiner Plaidrolle beschäftigt,
aus der er allerlei Toilettengegenstände hervorholte.
"Sie müssen mich entschuldigen, Czako, wenn ich mich
noch eine Viertelstunde hier bei Ihnen aufhalte. Habe
nämlich die Angewohnheit mich abends zu rasieren, und
der Toilettentisch mit Spiegel, ohne den es doch nicht
gut geht, der steht nun mal hier an Ihrem, statt an
meinem Fenster. Ich muß also stören."

"Mir sehr recht, trotz aller Müdigkeit. Nichts besser,
als noch ein bißchen aus dem Bett heraus plaudern
können. Und dabei so warm eingemummelt. Die Betten
auf dem Lande sind überhaupt das beste."

"Nun, Czako, das freut mich, daß Sie so bereit
sind, mir Quartier zu gönnen. Aber wenn Sie noch eine
Plauderei haben wollen, so müssen Sie sich die Haupt¬
sache selber leisten. Ich schneide mich sonst, was dann
hinterher immer ganz schändlich aussieht. Übrigens muß
ich erst Schaum schlagen, und so lange wenigstens kann
ich Ihnen Red' und Antwort stehen. Ein Glück neben¬
her, daß hier, außer der kleinen Lampe, noch diese zwei
Leuchter sind. Wenn ich nicht Licht von rechts und links
habe, komme ich nicht von der Stelle; das eine wackelt
zwar (alle diese dünnen Silberleuchter wackeln), aber
,wenn gute Reden sie begleiten ...' Also strengen Sie
sich an. Wie fanden Sie die Gundermanns? Sonderbare
Leute -- haben Sie schon mal den Namen Gundermann
gehört?"

"Ja. Aber das war in ,Waldmeisters Brautfahrt'."

"Richtig; so wirkt er auch. Und nun gar erst die
Frau! Der einzige, der sich sehen lassen konnte, war dieser
Katzler. Ein Karambolespieler ersten Ranges. Übrigens
eisernes Kreuz."

Und während er noch ſo ſprach, ſchob er ſeine
Stiefel auf den Flur hinaus, ſchloß ab und legte ſich
nieder.

Rex war derweilen mit ſeiner Plaidrolle beſchäftigt,
aus der er allerlei Toilettengegenſtände hervorholte.
„Sie müſſen mich entſchuldigen, Czako, wenn ich mich
noch eine Viertelſtunde hier bei Ihnen aufhalte. Habe
nämlich die Angewohnheit mich abends zu raſieren, und
der Toilettentiſch mit Spiegel, ohne den es doch nicht
gut geht, der ſteht nun mal hier an Ihrem, ſtatt an
meinem Fenſter. Ich muß alſo ſtören.“

„Mir ſehr recht, trotz aller Müdigkeit. Nichts beſſer,
als noch ein bißchen aus dem Bett heraus plaudern
können. Und dabei ſo warm eingemummelt. Die Betten
auf dem Lande ſind überhaupt das beſte.“

„Nun, Czako, das freut mich, daß Sie ſo bereit
ſind, mir Quartier zu gönnen. Aber wenn Sie noch eine
Plauderei haben wollen, ſo müſſen Sie ſich die Haupt¬
ſache ſelber leiſten. Ich ſchneide mich ſonſt, was dann
hinterher immer ganz ſchändlich ausſieht. Übrigens muß
ich erſt Schaum ſchlagen, und ſo lange wenigſtens kann
ich Ihnen Red' und Antwort ſtehen. Ein Glück neben¬
her, daß hier, außer der kleinen Lampe, noch dieſe zwei
Leuchter ſind. Wenn ich nicht Licht von rechts und links
habe, komme ich nicht von der Stelle; das eine wackelt
zwar (alle dieſe dünnen Silberleuchter wackeln), aber
,wenn gute Reden ſie begleiten ...‘ Alſo ſtrengen Sie
ſich an. Wie fanden Sie die Gundermanns? Sonderbare
Leute — haben Sie ſchon mal den Namen Gundermann
gehört?“

„Ja. Aber das war in ‚Waldmeiſters Brautfahrt‘.“

„Richtig; ſo wirkt er auch. Und nun gar erſt die
Frau! Der einzige, der ſich ſehen laſſen konnte, war dieſer
Katzler. Ein Karamboleſpieler erſten Ranges. Übrigens
eiſernes Kreuz.“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0061" n="54"/>
          <p>Und während er noch &#x017F;o &#x017F;prach, &#x017F;chob er &#x017F;eine<lb/>
Stiefel auf den Flur hinaus, &#x017F;chloß ab und legte &#x017F;ich<lb/>
nieder.</p><lb/>
          <p>Rex war derweilen mit &#x017F;einer Plaidrolle be&#x017F;chäftigt,<lb/>
aus der er allerlei Toilettengegen&#x017F;tände hervorholte.<lb/>
&#x201E;Sie mü&#x017F;&#x017F;en mich ent&#x017F;chuldigen, Czako, wenn ich mich<lb/>
noch eine Viertel&#x017F;tunde hier bei Ihnen aufhalte. Habe<lb/>
nämlich die Angewohnheit mich abends zu ra&#x017F;ieren, und<lb/>
der Toilettenti&#x017F;ch mit Spiegel, ohne den es doch nicht<lb/>
gut geht, der &#x017F;teht nun mal hier an Ihrem, &#x017F;tatt an<lb/>
meinem Fen&#x017F;ter. Ich muß al&#x017F;o &#x017F;tören.&#x201C;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Mir &#x017F;ehr recht, trotz aller Müdigkeit. Nichts be&#x017F;&#x017F;er,<lb/>
als noch ein bißchen aus dem Bett heraus plaudern<lb/>
können. Und dabei &#x017F;o warm eingemummelt. Die Betten<lb/>
auf dem Lande &#x017F;ind überhaupt das be&#x017F;te.&#x201C;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Nun, Czako, das freut mich, daß Sie &#x017F;o bereit<lb/>
&#x017F;ind, mir Quartier zu gönnen. Aber wenn Sie noch eine<lb/>
Plauderei haben wollen, &#x017F;o mü&#x017F;&#x017F;en Sie &#x017F;ich die Haupt¬<lb/>
&#x017F;ache &#x017F;elber lei&#x017F;ten. Ich &#x017F;chneide mich &#x017F;on&#x017F;t, was dann<lb/>
hinterher immer ganz &#x017F;chändlich aus&#x017F;ieht. Übrigens muß<lb/>
ich er&#x017F;t Schaum &#x017F;chlagen, und &#x017F;o lange wenig&#x017F;tens kann<lb/>
ich Ihnen Red' und Antwort &#x017F;tehen. Ein Glück neben¬<lb/>
her, daß hier, außer der kleinen Lampe, noch die&#x017F;e zwei<lb/>
Leuchter &#x017F;ind. Wenn ich nicht Licht von rechts und links<lb/>
habe, komme ich nicht von der Stelle; das eine wackelt<lb/>
zwar (alle die&#x017F;e dünnen Silberleuchter wackeln), aber<lb/>
,wenn gute Reden &#x017F;ie begleiten ...&#x2018; Al&#x017F;o &#x017F;trengen Sie<lb/>
&#x017F;ich an. Wie fanden Sie die Gundermanns? Sonderbare<lb/>
Leute &#x2014; haben Sie &#x017F;chon mal den Namen Gundermann<lb/>
gehört?&#x201C;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Ja. Aber das war in &#x201A;Waldmei&#x017F;ters Brautfahrt&#x2018;.&#x201C;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Richtig; &#x017F;o wirkt er auch. Und nun gar er&#x017F;t die<lb/>
Frau! Der einzige, der &#x017F;ich &#x017F;ehen la&#x017F;&#x017F;en konnte, war die&#x017F;er<lb/>
Katzler. Ein Karambole&#x017F;pieler er&#x017F;ten Ranges. Übrigens<lb/>
ei&#x017F;ernes Kreuz.&#x201C;<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[54/0061] Und während er noch ſo ſprach, ſchob er ſeine Stiefel auf den Flur hinaus, ſchloß ab und legte ſich nieder. Rex war derweilen mit ſeiner Plaidrolle beſchäftigt, aus der er allerlei Toilettengegenſtände hervorholte. „Sie müſſen mich entſchuldigen, Czako, wenn ich mich noch eine Viertelſtunde hier bei Ihnen aufhalte. Habe nämlich die Angewohnheit mich abends zu raſieren, und der Toilettentiſch mit Spiegel, ohne den es doch nicht gut geht, der ſteht nun mal hier an Ihrem, ſtatt an meinem Fenſter. Ich muß alſo ſtören.“ „Mir ſehr recht, trotz aller Müdigkeit. Nichts beſſer, als noch ein bißchen aus dem Bett heraus plaudern können. Und dabei ſo warm eingemummelt. Die Betten auf dem Lande ſind überhaupt das beſte.“ „Nun, Czako, das freut mich, daß Sie ſo bereit ſind, mir Quartier zu gönnen. Aber wenn Sie noch eine Plauderei haben wollen, ſo müſſen Sie ſich die Haupt¬ ſache ſelber leiſten. Ich ſchneide mich ſonſt, was dann hinterher immer ganz ſchändlich ausſieht. Übrigens muß ich erſt Schaum ſchlagen, und ſo lange wenigſtens kann ich Ihnen Red' und Antwort ſtehen. Ein Glück neben¬ her, daß hier, außer der kleinen Lampe, noch dieſe zwei Leuchter ſind. Wenn ich nicht Licht von rechts und links habe, komme ich nicht von der Stelle; das eine wackelt zwar (alle dieſe dünnen Silberleuchter wackeln), aber ,wenn gute Reden ſie begleiten ...‘ Alſo ſtrengen Sie ſich an. Wie fanden Sie die Gundermanns? Sonderbare Leute — haben Sie ſchon mal den Namen Gundermann gehört?“ „Ja. Aber das war in ‚Waldmeiſters Brautfahrt‘.“ „Richtig; ſo wirkt er auch. Und nun gar erſt die Frau! Der einzige, der ſich ſehen laſſen konnte, war dieſer Katzler. Ein Karamboleſpieler erſten Ranges. Übrigens eiſernes Kreuz.“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899/61
Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899/61>, abgerufen am 08.05.2024.