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Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899.

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"Name: Greeley, Leutnant Greeley; Yankee pur
sang
. Und im übrigen auch einer aus der Nordpol¬
fahrergruppe."

"Will also sagen: Nansen der Zweite."

"Nein, nicht der Zweite. Was er that, war viele
Jahre vor Nansen."

"Und er kam höher hinauf? Weiter nach dem Pol
zu. Oder waren seine Eisbär-Rencontres von noch ernst¬
hafterer Natur?"

"All das würde mir nicht viel besagen. Das her¬
kömmlich Heldische fehlt in seiner Geschichte völlig. Was
an seine Stelle tritt, ist ein ganz andres. Aber dies
andre, das gerade macht es."

"Und das war?"

"Nun denn, -- ich erzähle nach dem Gedächtnis
und im Einzelnen und Nebensächlichen irr' ich vielleicht ..
Aber in der Hauptsache stimmt es ... Also zuletzt, nach
langer Irrfahrt, waren's noch ihrer fünf: Greeley selbst
und vier seiner Leute. Das Schiff hatten sie verlassen,
und so zogen sie hin über Eis und Schnee. Sie wußten
den Weg, soweit sich da von Weg sprechen läßt, und
die Sorge war nur, ob das bißchen Proviant, das sie
mit sich führten, Schiffszwieback und gesalzenes Fleisch,
bis an die nächste menschenbewohnte Stelle reichen würde.
Jedem war ein höchstes und doch zugleich auch wieder
geringstes Maß als tägliche Provision zubewilligt, und
wenn man dies Maß einhielt und kein Zwischenfall kam,
so mußt' es reichen. Und einer, der noch am meisten bei
Kräften war, schleppte den gesamten Proviant. Das
ging so durch Tage. Da nahm Leutnant Greeley wahr,
daß der Proviant schneller hinschmolz als berechnet, und
nahm auch wahr, daß der Proviantträger selbst, wenn
er sich nicht beobachtet glaubte, von den Rationen
nahm. Das war eine schreckliche Wahrnehmung. Denn
ging es so fort, so waren sie samt und sonders ver¬

„Name: Greeley, Leutnant Greeley; Yankee pur
sang
. Und im übrigen auch einer aus der Nordpol¬
fahrergruppe.“

„Will alſo ſagen: Nanſen der Zweite.“

„Nein, nicht der Zweite. Was er that, war viele
Jahre vor Nanſen.“

„Und er kam höher hinauf? Weiter nach dem Pol
zu. Oder waren ſeine Eisbär-Rencontres von noch ernſt¬
hafterer Natur?“

„All das würde mir nicht viel beſagen. Das her¬
kömmlich Heldiſche fehlt in ſeiner Geſchichte völlig. Was
an ſeine Stelle tritt, iſt ein ganz andres. Aber dies
andre, das gerade macht es.“

„Und das war?“

„Nun denn, — ich erzähle nach dem Gedächtnis
und im Einzelnen und Nebenſächlichen irr' ich vielleicht ..
Aber in der Hauptſache ſtimmt es ... Alſo zuletzt, nach
langer Irrfahrt, waren's noch ihrer fünf: Greeley ſelbſt
und vier ſeiner Leute. Das Schiff hatten ſie verlaſſen,
und ſo zogen ſie hin über Eis und Schnee. Sie wußten
den Weg, ſoweit ſich da von Weg ſprechen läßt, und
die Sorge war nur, ob das bißchen Proviant, das ſie
mit ſich führten, Schiffszwieback und geſalzenes Fleiſch,
bis an die nächſte menſchenbewohnte Stelle reichen würde.
Jedem war ein höchſtes und doch zugleich auch wieder
geringſtes Maß als tägliche Proviſion zubewilligt, und
wenn man dies Maß einhielt und kein Zwiſchenfall kam,
ſo mußt' es reichen. Und einer, der noch am meiſten bei
Kräften war, ſchleppte den geſamten Proviant. Das
ging ſo durch Tage. Da nahm Leutnant Greeley wahr,
daß der Proviant ſchneller hinſchmolz als berechnet, und
nahm auch wahr, daß der Proviantträger ſelbſt, wenn
er ſich nicht beobachtet glaubte, von den Rationen
nahm. Das war eine ſchreckliche Wahrnehmung. Denn
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[453/0460] „Name: Greeley, Leutnant Greeley; Yankee pur sang. Und im übrigen auch einer aus der Nordpol¬ fahrergruppe.“ „Will alſo ſagen: Nanſen der Zweite.“ „Nein, nicht der Zweite. Was er that, war viele Jahre vor Nanſen.“ „Und er kam höher hinauf? Weiter nach dem Pol zu. Oder waren ſeine Eisbär-Rencontres von noch ernſt¬ hafterer Natur?“ „All das würde mir nicht viel beſagen. Das her¬ kömmlich Heldiſche fehlt in ſeiner Geſchichte völlig. Was an ſeine Stelle tritt, iſt ein ganz andres. Aber dies andre, das gerade macht es.“ „Und das war?“ „Nun denn, — ich erzähle nach dem Gedächtnis und im Einzelnen und Nebenſächlichen irr' ich vielleicht .. Aber in der Hauptſache ſtimmt es ... Alſo zuletzt, nach langer Irrfahrt, waren's noch ihrer fünf: Greeley ſelbſt und vier ſeiner Leute. Das Schiff hatten ſie verlaſſen, und ſo zogen ſie hin über Eis und Schnee. Sie wußten den Weg, ſoweit ſich da von Weg ſprechen läßt, und die Sorge war nur, ob das bißchen Proviant, das ſie mit ſich führten, Schiffszwieback und geſalzenes Fleiſch, bis an die nächſte menſchenbewohnte Stelle reichen würde. Jedem war ein höchſtes und doch zugleich auch wieder geringſtes Maß als tägliche Proviſion zubewilligt, und wenn man dies Maß einhielt und kein Zwiſchenfall kam, ſo mußt' es reichen. Und einer, der noch am meiſten bei Kräften war, ſchleppte den geſamten Proviant. Das ging ſo durch Tage. Da nahm Leutnant Greeley wahr, daß der Proviant ſchneller hinſchmolz als berechnet, und nahm auch wahr, daß der Proviantträger ſelbſt, wenn er ſich nicht beobachtet glaubte, von den Rationen nahm. Das war eine ſchreckliche Wahrnehmung. Denn ging es ſo fort, ſo waren ſie ſamt und ſonders ver¬

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899, S. 453. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899/460>, abgerufen am 25.11.2024.