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Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899.

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mangelung dieser besseren muß er für mich aus¬
reichen."

Ermyntrud nickte freundlich und schien ihre Zu¬
stimmung ausdrücken zu wollen.

"Und," fuhr Dublav fort, "ich muß es wieder¬
holen, genau so wie mit dem Leib, so auch mit der
Seele. Wenn sich meine arme Seele ängstigt, dann
nehm' ich mir Trost und Hilfe, so gut ich sie gerade
finden kann. Und dabei denk' ich dann, der nächste
Trost ist der beste. Den hat man am schnellsten, und
wer schnell giebt, der giebt doppelt. Eigentlich muß
man es lateinisch sagen. Ich rufe mir Sponholz, weil
ich ihn, wenn benötigt, in ziemlicher Nähe habe; den
andern aber, den Arzt für die Seele, den hab' ich
glücklicherweise noch näher und brauche nicht mal nach
Gransee hineinzuschicken. Alle Worte, die von Herzen
kommen, sind gute Worte, und wenn sie mir helfen
(und sie helfen mir), so frag' ich nicht viel danach, ob
es sogenannte ,richtige' Worte sind oder nicht."

Ermyntrud richtete sich höher auf; ihr bis dahin
verbindliches Lächeln war sichtlich in raschem Hinschwinden.

"Überdies," so schloß Dubslav seine Bekenntnis¬
rede, "was sind die richtigen Worte? Wo sind sie?"

"Sie haben Sie, Herr von Stechlin, wenn Sie sie
haben wollen. Und Sie haben sie nah, wenn auch
nicht in Ihrer unmittelbarsten Nähe. Mich persönlich
haben diese Worte während schwerer Tage gestützt und
aufgerichtet. Ich weiß, er hat Feinde, voran im eignen
Lager. Und diese Feinde sprechen von ,schönen Worten'.
Aber soll ich mich einem Heilswort verschließen, weil es
sich in Schönheit kleidet? Soll ich eine mich segnende
Hand zurückweisen, weil es eine weiche Hand ist? Sie
haben Sponholz genannt. Unser Superintendent liegt
wohl weit über diesen hinaus und wenn es nicht eitel
und vermessen wäre, würd' ich eine gnäd'ge Fügung darin

mangelung dieſer beſſeren muß er für mich aus¬
reichen.“

Ermyntrud nickte freundlich und ſchien ihre Zu¬
ſtimmung ausdrücken zu wollen.

„Und,“ fuhr Dublav fort, „ich muß es wieder¬
holen, genau ſo wie mit dem Leib, ſo auch mit der
Seele. Wenn ſich meine arme Seele ängſtigt, dann
nehm' ich mir Troſt und Hilfe, ſo gut ich ſie gerade
finden kann. Und dabei denk' ich dann, der nächſte
Troſt iſt der beſte. Den hat man am ſchnellſten, und
wer ſchnell giebt, der giebt doppelt. Eigentlich muß
man es lateiniſch ſagen. Ich rufe mir Sponholz, weil
ich ihn, wenn benötigt, in ziemlicher Nähe habe; den
andern aber, den Arzt für die Seele, den hab' ich
glücklicherweiſe noch näher und brauche nicht mal nach
Granſee hineinzuſchicken. Alle Worte, die von Herzen
kommen, ſind gute Worte, und wenn ſie mir helfen
(und ſie helfen mir), ſo frag' ich nicht viel danach, ob
es ſogenannte ,richtige‘ Worte ſind oder nicht.“

Ermyntrud richtete ſich höher auf; ihr bis dahin
verbindliches Lächeln war ſichtlich in raſchem Hinſchwinden.

„Überdies,“ ſo ſchloß Dubslav ſeine Bekenntnis¬
rede, „was ſind die richtigen Worte? Wo ſind ſie?“

„Sie haben Sie, Herr von Stechlin, wenn Sie ſie
haben wollen. Und Sie haben ſie nah, wenn auch
nicht in Ihrer unmittelbarſten Nähe. Mich perſönlich
haben dieſe Worte während ſchwerer Tage geſtützt und
aufgerichtet. Ich weiß, er hat Feinde, voran im eignen
Lager. Und dieſe Feinde ſprechen von ‚ſchönen Worten‘.
Aber ſoll ich mich einem Heilswort verſchließen, weil es
ſich in Schönheit kleidet? Soll ich eine mich ſegnende
Hand zurückweiſen, weil es eine weiche Hand iſt? Sie
haben Sponholz genannt. Unſer Superintendent liegt
wohl weit über dieſen hinaus und wenn es nicht eitel
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[436/0443] mangelung dieſer beſſeren muß er für mich aus¬ reichen.“ Ermyntrud nickte freundlich und ſchien ihre Zu¬ ſtimmung ausdrücken zu wollen. „Und,“ fuhr Dublav fort, „ich muß es wieder¬ holen, genau ſo wie mit dem Leib, ſo auch mit der Seele. Wenn ſich meine arme Seele ängſtigt, dann nehm' ich mir Troſt und Hilfe, ſo gut ich ſie gerade finden kann. Und dabei denk' ich dann, der nächſte Troſt iſt der beſte. Den hat man am ſchnellſten, und wer ſchnell giebt, der giebt doppelt. Eigentlich muß man es lateiniſch ſagen. Ich rufe mir Sponholz, weil ich ihn, wenn benötigt, in ziemlicher Nähe habe; den andern aber, den Arzt für die Seele, den hab' ich glücklicherweiſe noch näher und brauche nicht mal nach Granſee hineinzuſchicken. Alle Worte, die von Herzen kommen, ſind gute Worte, und wenn ſie mir helfen (und ſie helfen mir), ſo frag' ich nicht viel danach, ob es ſogenannte ,richtige‘ Worte ſind oder nicht.“ Ermyntrud richtete ſich höher auf; ihr bis dahin verbindliches Lächeln war ſichtlich in raſchem Hinſchwinden. „Überdies,“ ſo ſchloß Dubslav ſeine Bekenntnis¬ rede, „was ſind die richtigen Worte? Wo ſind ſie?“ „Sie haben Sie, Herr von Stechlin, wenn Sie ſie haben wollen. Und Sie haben ſie nah, wenn auch nicht in Ihrer unmittelbarſten Nähe. Mich perſönlich haben dieſe Worte während ſchwerer Tage geſtützt und aufgerichtet. Ich weiß, er hat Feinde, voran im eignen Lager. Und dieſe Feinde ſprechen von ‚ſchönen Worten‘. Aber ſoll ich mich einem Heilswort verſchließen, weil es ſich in Schönheit kleidet? Soll ich eine mich ſegnende Hand zurückweiſen, weil es eine weiche Hand iſt? Sie haben Sponholz genannt. Unſer Superintendent liegt wohl weit über dieſen hinaus und wenn es nicht eitel und vermeſſen wäre, würd' ich eine gnäd'ge Fügung darin

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899, S. 436. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899/443>, abgerufen am 25.11.2024.