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Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899.

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für die Reise hab' ich mir einen neuen Paletot bauen
lassen) und kutschiere wieder durch Kreis Gransee."

"Na, Sponholz, das freut mich aber wirklich, daß
Sie mal 'rauskommen. Und bloß wenn Sie durch die
Viamala fahren, da müssen Sie sich in acht nehmen."

"Waren Sie denn mal da, Herr Major?"

"Bewahre. Meine Weltfahrten, mit ganz schwachen
Ausnahmen, lagen immer nur zwischen Berlin und
Stechlin. Höchstens mal Dresden und ein bißchen ins
Bayrische. Wenn man so gar nicht mehr weiß, wo man
hin soll, fährt man natürlich nach Dresden. Also
Viamala nie gesehen. Aber ein Bild davon. Im all¬
gemeinen ist Bilderankucken auch nicht gerade mein Fall,
und wenn die Museums von mir leben sollten, dann
thäten sie mir leid. Indessen wie so der Zufall spielt,
mal sieht man doch so was, und war da auf dem
Viamala-Bilde 'ne Felsenschlucht mit Figuren von einem
sehr berühmten Malermenschen, der, glaub' ich, Böcking
oder Böckling hieß."

"Ah so. Einer, wenn mir recht ist, heißt Böcklin."

"Wohl möglich, daß es der gewesen ist. Ja, sogar
sehr wahrscheinlich. Nun sehen Sie, Doktor, da war denn
also auf diesem Bilde diese Viamala, mit einem kleinen
Fluß unten, und über den Fluß weg lief ein Brücken¬
bogen, und ein Zug von Menschen (es können aber auch
Ritter gewesen sein) kam grade die Straße lang.
Und alle wollten über die Brücke."

"Sehr interessant."

"Und nun denken Sie sich, was geschieht da?
Grade neben dem Brückenbogen, dicht an der rechten
Seite, thut sich mit einem Male der Felsen auf, etwa
wie wenn morgens ein richtiger Spießbürger seine Laden
aufmacht und nachsehen will, wie's Wetter ist. Der
aber, der an dieser Brücke da von ungefähr 'rauskuckte,
hören Sie, Sponholz, das war kein Spießbürger, sondern

für die Reiſe hab' ich mir einen neuen Paletot bauen
laſſen) und kutſchiere wieder durch Kreis Granſee.“

„Na, Sponholz, das freut mich aber wirklich, daß
Sie mal 'rauskommen. Und bloß wenn Sie durch die
Viamala fahren, da müſſen Sie ſich in acht nehmen.“

„Waren Sie denn mal da, Herr Major?“

„Bewahre. Meine Weltfahrten, mit ganz ſchwachen
Ausnahmen, lagen immer nur zwiſchen Berlin und
Stechlin. Höchſtens mal Dresden und ein bißchen ins
Bayriſche. Wenn man ſo gar nicht mehr weiß, wo man
hin ſoll, fährt man natürlich nach Dresden. Alſo
Viamala nie geſehen. Aber ein Bild davon. Im all¬
gemeinen iſt Bilderankucken auch nicht gerade mein Fall,
und wenn die Muſeums von mir leben ſollten, dann
thäten ſie mir leid. Indeſſen wie ſo der Zufall ſpielt,
mal ſieht man doch ſo was, und war da auf dem
Viamala-Bilde 'ne Felſenſchlucht mit Figuren von einem
ſehr berühmten Malermenſchen, der, glaub' ich, Böcking
oder Böckling hieß.“

„Ah ſo. Einer, wenn mir recht iſt, heißt Böcklin.“

„Wohl möglich, daß es der geweſen iſt. Ja, ſogar
ſehr wahrſcheinlich. Nun ſehen Sie, Doktor, da war denn
alſo auf dieſem Bilde dieſe Viamala, mit einem kleinen
Fluß unten, und über den Fluß weg lief ein Brücken¬
bogen, und ein Zug von Menſchen (es können aber auch
Ritter geweſen ſein) kam grade die Straße lang.
Und alle wollten über die Brücke.“

„Sehr intereſſant.“

„Und nun denken Sie ſich, was geſchieht da?
Grade neben dem Brückenbogen, dicht an der rechten
Seite, thut ſich mit einem Male der Felſen auf, etwa
wie wenn morgens ein richtiger Spießbürger ſeine Laden
aufmacht und nachſehen will, wie's Wetter iſt. Der
aber, der an dieſer Brücke da von ungefähr 'rauskuckte,
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[424/0431] für die Reiſe hab' ich mir einen neuen Paletot bauen laſſen) und kutſchiere wieder durch Kreis Granſee.“ „Na, Sponholz, das freut mich aber wirklich, daß Sie mal 'rauskommen. Und bloß wenn Sie durch die Viamala fahren, da müſſen Sie ſich in acht nehmen.“ „Waren Sie denn mal da, Herr Major?“ „Bewahre. Meine Weltfahrten, mit ganz ſchwachen Ausnahmen, lagen immer nur zwiſchen Berlin und Stechlin. Höchſtens mal Dresden und ein bißchen ins Bayriſche. Wenn man ſo gar nicht mehr weiß, wo man hin ſoll, fährt man natürlich nach Dresden. Alſo Viamala nie geſehen. Aber ein Bild davon. Im all¬ gemeinen iſt Bilderankucken auch nicht gerade mein Fall, und wenn die Muſeums von mir leben ſollten, dann thäten ſie mir leid. Indeſſen wie ſo der Zufall ſpielt, mal ſieht man doch ſo was, und war da auf dem Viamala-Bilde 'ne Felſenſchlucht mit Figuren von einem ſehr berühmten Malermenſchen, der, glaub' ich, Böcking oder Böckling hieß.“ „Ah ſo. Einer, wenn mir recht iſt, heißt Böcklin.“ „Wohl möglich, daß es der geweſen iſt. Ja, ſogar ſehr wahrſcheinlich. Nun ſehen Sie, Doktor, da war denn alſo auf dieſem Bilde dieſe Viamala, mit einem kleinen Fluß unten, und über den Fluß weg lief ein Brücken¬ bogen, und ein Zug von Menſchen (es können aber auch Ritter geweſen ſein) kam grade die Straße lang. Und alle wollten über die Brücke.“ „Sehr intereſſant.“ „Und nun denken Sie ſich, was geſchieht da? Grade neben dem Brückenbogen, dicht an der rechten Seite, thut ſich mit einem Male der Felſen auf, etwa wie wenn morgens ein richtiger Spießbürger ſeine Laden aufmacht und nachſehen will, wie's Wetter iſt. Der aber, der an dieſer Brücke da von ungefähr 'rauskuckte, hören Sie, Sponholz, das war kein Spießbürger, ſondern

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899, S. 424. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899/431>, abgerufen am 25.11.2024.