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Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899.

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in seiner Standarte und trägt die Siegesnachricht von
Fehrbellin ins märkische Land. Erleb' ich's noch und
giebt Krippenstapel seine Zustimmung, so stell' ich, kurz
oder lang, auch meinerseits einen Dragoner auf meinen
Dachreiter (einen Turm hab' ich nicht) und zwar einen
Dragoner vom Regiment Königin von Großbritannien
und Irland, und auch er trägt eine Siegesbotschaft ins
Land. Nicht die von Königgrätz und nicht die von Mars¬
la-Tour, aber die von einem gleich gewichtigen Siege.
Das Haus Barby lebe hoch und meine liebe Schwieger¬
tochter Armgard!"

Alle waren bewegt. Am meisten Lorenzen. Als er
an den Alten heran trat, flüsterte er ihm zu: "Sehn Sie.
Ich wußt' es." Armgard küßte dem Alten die Hand,
Melusine strahlte. "Ja, die alte Garde!" sagte sie. Nur
Schwester Adelheid konnte sich in dieser allgemeinen Freude
nicht gut zurechtfinden. Alle Feierungen mußten eben
das Maß halten, das sie vorschrieb. Sie hatte den
landesüblichen Zug: "Nur nicht zuviel von irgend was,
am wenigsten aber von Huldigungen oder gar von Hin¬
gebung."

Als man wieder saß, sagte Melusine: "Krippenstapel
wird übrigens verstimmt sein, wenn er von Ihrem Trink¬
spruche hört. Es war doch eigentlich eine erneute feier¬
liche Proklamierung des Derfflingerschen. Und was bei
solcher Gelegenheit gesagt wird, das gilt ... Interessiert
sich übrigens irgendwer für dies Ihr Museum?"

"Dann und wann ein Mann von Fach. Sonst
niemand."

"Was sie verdrießt."

"Nein, gnädigste Gräfin. Nicht im geringsten. Ich
nehme nicht vieles ernsthaft, und am wenigsten ernsthaft
nehm' ich mein Museum. Es ist freilich von mir aus¬
gegangen und interessierte mich auch eine Weile, hinterher
aber hat sich eigentlich alles ohne mich gemacht. Das

in ſeiner Standarte und trägt die Siegesnachricht von
Fehrbellin ins märkiſche Land. Erleb' ich's noch und
giebt Krippenſtapel ſeine Zuſtimmung, ſo ſtell' ich, kurz
oder lang, auch meinerſeits einen Dragoner auf meinen
Dachreiter (einen Turm hab' ich nicht) und zwar einen
Dragoner vom Regiment Königin von Großbritannien
und Irland, und auch er trägt eine Siegesbotſchaft ins
Land. Nicht die von Königgrätz und nicht die von Mars¬
la-Tour, aber die von einem gleich gewichtigen Siege.
Das Haus Barby lebe hoch und meine liebe Schwieger¬
tochter Armgard!“

Alle waren bewegt. Am meiſten Lorenzen. Als er
an den Alten heran trat, flüſterte er ihm zu: „Sehn Sie.
Ich wußt' es.“ Armgard küßte dem Alten die Hand,
Meluſine ſtrahlte. „Ja, die alte Garde!“ ſagte ſie. Nur
Schweſter Adelheid konnte ſich in dieſer allgemeinen Freude
nicht gut zurechtfinden. Alle Feierungen mußten eben
das Maß halten, das ſie vorſchrieb. Sie hatte den
landesüblichen Zug: „Nur nicht zuviel von irgend was,
am wenigſten aber von Huldigungen oder gar von Hin¬
gebung.“

Als man wieder ſaß, ſagte Meluſine: „Krippenſtapel
wird übrigens verſtimmt ſein, wenn er von Ihrem Trink¬
ſpruche hört. Es war doch eigentlich eine erneute feier¬
liche Proklamierung des Derfflingerſchen. Und was bei
ſolcher Gelegenheit geſagt wird, das gilt ... Intereſſiert
ſich übrigens irgendwer für dies Ihr Muſeum?“

„Dann und wann ein Mann von Fach. Sonſt
niemand.“

„Was ſie verdrießt.“

„Nein, gnädigſte Gräfin. Nicht im geringſten. Ich
nehme nicht vieles ernſthaft, und am wenigſten ernſthaft
nehm' ich mein Muſeum. Es iſt freilich von mir aus¬
gegangen und intereſſierte mich auch eine Weile, hinterher
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[368/0375] in ſeiner Standarte und trägt die Siegesnachricht von Fehrbellin ins märkiſche Land. Erleb' ich's noch und giebt Krippenſtapel ſeine Zuſtimmung, ſo ſtell' ich, kurz oder lang, auch meinerſeits einen Dragoner auf meinen Dachreiter (einen Turm hab' ich nicht) und zwar einen Dragoner vom Regiment Königin von Großbritannien und Irland, und auch er trägt eine Siegesbotſchaft ins Land. Nicht die von Königgrätz und nicht die von Mars¬ la-Tour, aber die von einem gleich gewichtigen Siege. Das Haus Barby lebe hoch und meine liebe Schwieger¬ tochter Armgard!“ Alle waren bewegt. Am meiſten Lorenzen. Als er an den Alten heran trat, flüſterte er ihm zu: „Sehn Sie. Ich wußt' es.“ Armgard küßte dem Alten die Hand, Meluſine ſtrahlte. „Ja, die alte Garde!“ ſagte ſie. Nur Schweſter Adelheid konnte ſich in dieſer allgemeinen Freude nicht gut zurechtfinden. Alle Feierungen mußten eben das Maß halten, das ſie vorſchrieb. Sie hatte den landesüblichen Zug: „Nur nicht zuviel von irgend was, am wenigſten aber von Huldigungen oder gar von Hin¬ gebung.“ Als man wieder ſaß, ſagte Meluſine: „Krippenſtapel wird übrigens verſtimmt ſein, wenn er von Ihrem Trink¬ ſpruche hört. Es war doch eigentlich eine erneute feier¬ liche Proklamierung des Derfflingerſchen. Und was bei ſolcher Gelegenheit geſagt wird, das gilt ... Intereſſiert ſich übrigens irgendwer für dies Ihr Muſeum?“ „Dann und wann ein Mann von Fach. Sonſt niemand.“ „Was ſie verdrießt.“ „Nein, gnädigſte Gräfin. Nicht im geringſten. Ich nehme nicht vieles ernſthaft, und am wenigſten ernſthaft nehm' ich mein Muſeum. Es iſt freilich von mir aus¬ gegangen und intereſſierte mich auch eine Weile, hinterher aber hat ſich eigentlich alles ohne mich gemacht. Das

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899, S. 368. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899/375>, abgerufen am 22.11.2024.