"Das ist eine Dame und ein Frauenzimmer dazu," sagte sich Dubslav still in seinem alten Herzen, als er jetzt Melusine den Arm bot, um sie vom Flur her in den Salon zu führen. "So müssen Weiber sein."
Auch Adelheid mühte sich, Entgegenkommen zu zeigen, aber sie war wie gelähmt. Das Leichte, das Heitre, das Sprunghafte, das die junge Gräfin in jedem Wort zeigte, das alles war ihr eine fremde Welt, und daß ihr eine innere Stimme dabei beständig zuraunte: "Ja, dies Leichte, das du nicht hast, das ist das Leben, und das Schwere, das du hast, das ist eben das Gegenteil davon," -- das verdroß sie. Denn trotzdem sie beständig Demut predigte, hatte sie doch nicht gelernt, sich in Demut zu überwinden. So war denn alles, was über ihre Lippen kam, mehr oder weniger verzerrt, ein Versuch zu Freundlichkeiten, die schließlich in Herbigkeiten ausliefen. Lorenzen, der erschienen war, half nach Möglichkeit aus, aber er war kein Damenmann, noch weniger ein Causeur, und so kam es denn, daß Dubslav mit einer Art Sehnsucht nach dem Oberförster ausblickte, trotzdem er doch seit Mittag wußte, daß er nicht kommen würde. Das jüngste Töchterchen war nämlich gestorben und sollte den andern Tag schon auf einem kleinen, von Weihnachtsbäumen umstellten Privatfriedhofe, den sich Katzler zwischen Garten und Wald angelegt hatte, begraben werden. Es war das
Siebenundzwanzigſtes Kapitel.
„Das iſt eine Dame und ein Frauenzimmer dazu,“ ſagte ſich Dubslav ſtill in ſeinem alten Herzen, als er jetzt Meluſine den Arm bot, um ſie vom Flur her in den Salon zu führen. „So müſſen Weiber ſein.“
Auch Adelheid mühte ſich, Entgegenkommen zu zeigen, aber ſie war wie gelähmt. Das Leichte, das Heitre, das Sprunghafte, das die junge Gräfin in jedem Wort zeigte, das alles war ihr eine fremde Welt, und daß ihr eine innere Stimme dabei beſtändig zuraunte: „Ja, dies Leichte, das du nicht haſt, das iſt das Leben, und das Schwere, das du haſt, das iſt eben das Gegenteil davon,“ — das verdroß ſie. Denn trotzdem ſie beſtändig Demut predigte, hatte ſie doch nicht gelernt, ſich in Demut zu überwinden. So war denn alles, was über ihre Lippen kam, mehr oder weniger verzerrt, ein Verſuch zu Freundlichkeiten, die ſchließlich in Herbigkeiten ausliefen. Lorenzen, der erſchienen war, half nach Möglichkeit aus, aber er war kein Damenmann, noch weniger ein Cauſeur, und ſo kam es denn, daß Dubslav mit einer Art Sehnſucht nach dem Oberförſter ausblickte, trotzdem er doch ſeit Mittag wußte, daß er nicht kommen würde. Das jüngſte Töchterchen war nämlich geſtorben und ſollte den andern Tag ſchon auf einem kleinen, von Weihnachtsbäumen umſtellten Privatfriedhofe, den ſich Katzler zwiſchen Garten und Wald angelegt hatte, begraben werden. Es war das
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Siebenundzwanzigſtes Kapitel.
„Das iſt eine Dame und ein Frauenzimmer dazu,“
ſagte ſich Dubslav ſtill in ſeinem alten Herzen, als er
jetzt Meluſine den Arm bot, um ſie vom Flur her in den
Salon zu führen. „So müſſen Weiber ſein.“
Auch Adelheid mühte ſich, Entgegenkommen zu zeigen,
aber ſie war wie gelähmt. Das Leichte, das Heitre, das
Sprunghafte, das die junge Gräfin in jedem Wort zeigte,
das alles war ihr eine fremde Welt, und daß ihr eine
innere Stimme dabei beſtändig zuraunte: „Ja, dies Leichte,
das du nicht haſt, das iſt das Leben, und das Schwere,
das du haſt, das iſt eben das Gegenteil davon,“ — das
verdroß ſie. Denn trotzdem ſie beſtändig Demut predigte,
hatte ſie doch nicht gelernt, ſich in Demut zu überwinden.
So war denn alles, was über ihre Lippen kam, mehr
oder weniger verzerrt, ein Verſuch zu Freundlichkeiten,
die ſchließlich in Herbigkeiten ausliefen. Lorenzen, der
erſchienen war, half nach Möglichkeit aus, aber er war
kein Damenmann, noch weniger ein Cauſeur, und ſo kam
es denn, daß Dubslav mit einer Art Sehnſucht nach dem
Oberförſter ausblickte, trotzdem er doch ſeit Mittag wußte,
daß er nicht kommen würde. Das jüngſte Töchterchen
war nämlich geſtorben und ſollte den andern Tag ſchon
auf einem kleinen, von Weihnachtsbäumen umſtellten
Privatfriedhofe, den ſich Katzler zwiſchen Garten und
Wald angelegt hatte, begraben werden. Es war das
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Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899, S. [332]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899/339>, abgerufen am 26.11.2024.
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