Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899.

Bild:
<< vorherige Seite
Zweiundzwanzigstes Kapitel.

Woldemar, von der ihm bevorstehenden Aus¬
zeichnung unterrichtet, kürzte seinen Aufenthalt in Ost¬
preußen um vierundzwanzig Stunden ab, hatte trotzdem
aber, nach seinem Wiedereintreffen in Berlin, nur noch
zwei Tage zur Verfügung. Das war wenig. Denn
außer allerlei zu treffenden Reisevorbereitungen lag ihm
doch auch noch ob, verschiedene Besuche zu machen, so bei
den Barbys, bei denen er sich für den letzten Abend
schon brieflich angemeldet hatte.

Dieser Abend war nun da. Die Koffer standen
gepackt um ihn her, er selber aber lehnte sich, ziemlich
abgespannt, in seinen Schaukelstuhl zurück, nochmals
überschlagend, ob auch nichts vergessen sei. Zuletzt
sagte er sich: "Was nun noch fehlt, fehlt; ich kann
nicht mehr." Und dabei sah er nach der Uhr. Bis
zu seinem am Kronprinzenufer angesagten Besuche war
noch fast eine Stunde. Die wollt' er ausnutzen und
sich vorher nach Möglichkeit ruhn. Aber er kam nicht
dazu. Sein Bursche trat ein und meldete: "Hauptmann
von Czako."

"Ah, sehr willkommen."

Und Woldemar, so wenig gelegen ihm Czako
auch kam, sprang doch auf und reichte dem Freunde die
Hand. "Sie kommen, um mir zu meiner englischen
Reise zu gratulieren. Und wiewohl es so so damit

Zweiundzwanzigſtes Kapitel.

Woldemar, von der ihm bevorſtehenden Aus¬
zeichnung unterrichtet, kürzte ſeinen Aufenthalt in Oſt¬
preußen um vierundzwanzig Stunden ab, hatte trotzdem
aber, nach ſeinem Wiedereintreffen in Berlin, nur noch
zwei Tage zur Verfügung. Das war wenig. Denn
außer allerlei zu treffenden Reiſevorbereitungen lag ihm
doch auch noch ob, verſchiedene Beſuche zu machen, ſo bei
den Barbys, bei denen er ſich für den letzten Abend
ſchon brieflich angemeldet hatte.

Dieſer Abend war nun da. Die Koffer ſtanden
gepackt um ihn her, er ſelber aber lehnte ſich, ziemlich
abgeſpannt, in ſeinen Schaukelſtuhl zurück, nochmals
überſchlagend, ob auch nichts vergeſſen ſei. Zuletzt
ſagte er ſich: „Was nun noch fehlt, fehlt; ich kann
nicht mehr.“ Und dabei ſah er nach der Uhr. Bis
zu ſeinem am Kronprinzenufer angeſagten Beſuche war
noch faſt eine Stunde. Die wollt' er ausnutzen und
ſich vorher nach Möglichkeit ruhn. Aber er kam nicht
dazu. Sein Burſche trat ein und meldete: „Hauptmann
von Czako.“

„Ah, ſehr willkommen.“

Und Woldemar, ſo wenig gelegen ihm Czako
auch kam, ſprang doch auf und reichte dem Freunde die
Hand. „Sie kommen, um mir zu meiner engliſchen
Reiſe zu gratulieren. Und wiewohl es ſo ſo damit

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0283" n="[276]"/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b #g">Zweiundzwanzig&#x017F;tes Kapitel.</hi><lb/>
          </head>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <p>Woldemar, von der ihm bevor&#x017F;tehenden Aus¬<lb/>
zeichnung unterrichtet, kürzte &#x017F;einen Aufenthalt in O&#x017F;<lb/>
preußen um vierundzwanzig Stunden ab, hatte trotzdem<lb/>
aber, nach &#x017F;einem Wiedereintreffen in Berlin, nur noch<lb/>
zwei Tage zur Verfügung. Das war wenig. Denn<lb/>
außer allerlei zu treffenden Rei&#x017F;evorbereitungen lag ihm<lb/>
doch auch noch ob, ver&#x017F;chiedene Be&#x017F;uche zu machen, &#x017F;o bei<lb/>
den Barbys, bei denen er &#x017F;ich für den letzten Abend<lb/>
&#x017F;chon brieflich angemeldet hatte.</p><lb/>
          <p>Die&#x017F;er Abend war nun da. Die Koffer &#x017F;tanden<lb/>
gepackt um ihn her, er &#x017F;elber aber lehnte &#x017F;ich, ziemlich<lb/>
abge&#x017F;pannt, in &#x017F;einen Schaukel&#x017F;tuhl zurück, nochmals<lb/>
über&#x017F;chlagend, ob auch nichts verge&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ei. Zuletzt<lb/>
&#x017F;agte er &#x017F;ich: &#x201E;Was nun noch fehlt, fehlt; ich kann<lb/>
nicht mehr.&#x201C; Und dabei &#x017F;ah er nach der Uhr. Bis<lb/>
zu &#x017F;einem am Kronprinzenufer ange&#x017F;agten Be&#x017F;uche war<lb/>
noch fa&#x017F;t eine Stunde. Die wollt' er ausnutzen und<lb/>
&#x017F;ich vorher nach Möglichkeit ruhn. Aber er kam nicht<lb/>
dazu. Sein Bur&#x017F;che trat ein und meldete: &#x201E;Hauptmann<lb/>
von Czako.&#x201C;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Ah, &#x017F;ehr willkommen.&#x201C;</p><lb/>
          <p>Und Woldemar, &#x017F;o wenig gelegen ihm Czako<lb/>
auch kam, &#x017F;prang doch auf und reichte dem Freunde die<lb/>
Hand. &#x201E;Sie kommen, um mir zu meiner engli&#x017F;chen<lb/>
Rei&#x017F;e zu gratulieren. Und wiewohl es &#x017F;o &#x017F;o damit<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[276]/0283] Zweiundzwanzigſtes Kapitel. Woldemar, von der ihm bevorſtehenden Aus¬ zeichnung unterrichtet, kürzte ſeinen Aufenthalt in Oſt¬ preußen um vierundzwanzig Stunden ab, hatte trotzdem aber, nach ſeinem Wiedereintreffen in Berlin, nur noch zwei Tage zur Verfügung. Das war wenig. Denn außer allerlei zu treffenden Reiſevorbereitungen lag ihm doch auch noch ob, verſchiedene Beſuche zu machen, ſo bei den Barbys, bei denen er ſich für den letzten Abend ſchon brieflich angemeldet hatte. Dieſer Abend war nun da. Die Koffer ſtanden gepackt um ihn her, er ſelber aber lehnte ſich, ziemlich abgeſpannt, in ſeinen Schaukelſtuhl zurück, nochmals überſchlagend, ob auch nichts vergeſſen ſei. Zuletzt ſagte er ſich: „Was nun noch fehlt, fehlt; ich kann nicht mehr.“ Und dabei ſah er nach der Uhr. Bis zu ſeinem am Kronprinzenufer angeſagten Beſuche war noch faſt eine Stunde. Die wollt' er ausnutzen und ſich vorher nach Möglichkeit ruhn. Aber er kam nicht dazu. Sein Burſche trat ein und meldete: „Hauptmann von Czako.“ „Ah, ſehr willkommen.“ Und Woldemar, ſo wenig gelegen ihm Czako auch kam, ſprang doch auf und reichte dem Freunde die Hand. „Sie kommen, um mir zu meiner engliſchen Reiſe zu gratulieren. Und wiewohl es ſo ſo damit

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899/283
Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899, S. [276]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899/283>, abgerufen am 23.11.2024.