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Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899.

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"Tuxen, der alte Süffel von Dietrichs-Ofen?"

"Ja, gnädiger Herr. Ich will mal sehen, was es
mit ihm is."

Und dabei gab er die Leinen an Dubslav und
stieg ab und rüttelte und schüttelte den am Wege
Liegenden. "Awer Tuxen, wat moakst du denn hier?
Wenn keen Moonschien wiehr, wiehrst du nu all kaput."

"Joa, joa," sagte der Alte. Aber man sah, daß
er ohne rechte Besinnung war.

Und nun stieg Dubslav auch ab, um den ganz
Unbehilflichen mit Martin gemeinschaftlich auf den
Rücksitz zu legen. Und bei dieser Prozedur kam der
Trunkene einigermaßen wieder zu sich und sagte: "Nei,
nei, Martin, nich doa; pack mi lewer vörn upp'n Bock."

Und wirklich, sie hoben ihn da hinauf, und da
saß er nun auch ganz still und sagte nichts. Denn er
schämte sich vor dem gnädigen Herrn.

Endlich aber nahm dieser wieder das Wort und
sagte: "Nu sage mal, Tuxen, kannst du denn von dem
Branntwein nich lassen? Legst dich da hin; is ja schon
Nachtfrost. Noch 'ne Stunde, dann warst du dod.
Waren sie denn alle so?

"Mehrschtendeels."

"Und da habt ihr denn für den Katzenstein ge¬
stimmt."

"Nei, gnäd'ger Herr, vör Katzenstein nich."

Und nun schwieg er wieder, während er vorn auf
dem Bock unsicher hin und her schwankte.

"Na, man 'raus mit der Sprache. Du weißt ja,
ich reiß' keinem den Kopp ab. Is auch alles egal.
Also für Katzenstein nich. Na, für wen denn?"

"Vör Torgelow'n."

Dubslav lachte. "Für Torgelow, den euch die
Berliner hergeschickt haben. Hat er denn schon was
für euch gethan?"

„Tuxen, der alte Süffel von Dietrichs-Ofen?“

„Ja, gnädiger Herr. Ich will mal ſehen, was es
mit ihm is.“

Und dabei gab er die Leinen an Dubslav und
ſtieg ab und rüttelte und ſchüttelte den am Wege
Liegenden. „Awer Tuxen, wat moakſt du denn hier?
Wenn keen Moonſchien wiehr, wiehrſt du nu all kaput.“

„Joa, joa,“ ſagte der Alte. Aber man ſah, daß
er ohne rechte Beſinnung war.

Und nun ſtieg Dubslav auch ab, um den ganz
Unbehilflichen mit Martin gemeinſchaftlich auf den
Rückſitz zu legen. Und bei dieſer Prozedur kam der
Trunkene einigermaßen wieder zu ſich und ſagte: „Nei,
nei, Martin, nich doa; pack mi lewer vörn upp'n Bock.“

Und wirklich, ſie hoben ihn da hinauf, und da
ſaß er nun auch ganz ſtill und ſagte nichts. Denn er
ſchämte ſich vor dem gnädigen Herrn.

Endlich aber nahm dieſer wieder das Wort und
ſagte: „Nu ſage mal, Tuxen, kannſt du denn von dem
Branntwein nich laſſen? Legſt dich da hin; is ja ſchon
Nachtfroſt. Noch 'ne Stunde, dann warſt du dod.
Waren ſie denn alle ſo?

„Mehrſchtendeels.“

„Und da habt ihr denn für den Katzenſtein ge¬
ſtimmt.“

„Nei, gnäd'ger Herr, vör Katzenſtein nich.“

Und nun ſchwieg er wieder, während er vorn auf
dem Bock unſicher hin und her ſchwankte.

„Na, man 'raus mit der Sprache. Du weißt ja,
ich reiß' keinem den Kopp ab. Is auch alles egal.
Alſo für Katzenſtein nich. Na, für wen denn?“

„Vör Torgelow'n.“

Dubslav lachte. „Für Torgelow, den euch die
Berliner hergeſchickt haben. Hat er denn ſchon was
für euch gethan?“

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[260/0267] „Tuxen, der alte Süffel von Dietrichs-Ofen?“ „Ja, gnädiger Herr. Ich will mal ſehen, was es mit ihm is.“ Und dabei gab er die Leinen an Dubslav und ſtieg ab und rüttelte und ſchüttelte den am Wege Liegenden. „Awer Tuxen, wat moakſt du denn hier? Wenn keen Moonſchien wiehr, wiehrſt du nu all kaput.“ „Joa, joa,“ ſagte der Alte. Aber man ſah, daß er ohne rechte Beſinnung war. Und nun ſtieg Dubslav auch ab, um den ganz Unbehilflichen mit Martin gemeinſchaftlich auf den Rückſitz zu legen. Und bei dieſer Prozedur kam der Trunkene einigermaßen wieder zu ſich und ſagte: „Nei, nei, Martin, nich doa; pack mi lewer vörn upp'n Bock.“ Und wirklich, ſie hoben ihn da hinauf, und da ſaß er nun auch ganz ſtill und ſagte nichts. Denn er ſchämte ſich vor dem gnädigen Herrn. Endlich aber nahm dieſer wieder das Wort und ſagte: „Nu ſage mal, Tuxen, kannſt du denn von dem Branntwein nich laſſen? Legſt dich da hin; is ja ſchon Nachtfroſt. Noch 'ne Stunde, dann warſt du dod. Waren ſie denn alle ſo? „Mehrſchtendeels.“ „Und da habt ihr denn für den Katzenſtein ge¬ ſtimmt.“ „Nei, gnäd'ger Herr, vör Katzenſtein nich.“ Und nun ſchwieg er wieder, während er vorn auf dem Bock unſicher hin und her ſchwankte. „Na, man 'raus mit der Sprache. Du weißt ja, ich reiß' keinem den Kopp ab. Is auch alles egal. Alſo für Katzenſtein nich. Na, für wen denn?“ „Vör Torgelow'n.“ Dubslav lachte. „Für Torgelow, den euch die Berliner hergeſchickt haben. Hat er denn ſchon was für euch gethan?“

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899/267>, abgerufen am 22.11.2024.