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Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899.

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Gott? Wenn Sie kommen und den alten Fritzen frei
beten wollen, werden Sie 'rausgeschmissen."

Baron Beetz -- auch ein Anzweifler des Philosophen
von Sanssouci -- wollte seinem Freunde Nonne zu
Hilfe kommen und erwog einen Augenblick ernstlich, ob
er nicht seinen in der ganzen Grafschaft längst bekannten
Vortrag über die "schiefe Ebene" oder "c'est le premier
pas qui coute
" noch einmal zum besten geben solle.
Klugerweise jedoch ließ er es wieder fallen und war ein¬
verstanden, als Dubslav sagte: "Meine Herren, ich
meinerseits schlage vor, daß mir unsern Auslug von dem
Wackelstege, drauf mir hier stehen (jeden Augenblick kann
einer von uns ins Wasser fallen), endlich aufgeben und
uns lieber in einem der hier herum liegenden Kähne
über den See setzen lassen. Unterwegs, wenn noch welche
da sind, können wir Teichrosen pflücken und drüben am
andern Ufer den großen Prinz Heinrich-Obelisken mit
seinen französischen Inschriften durchstudieren. Solche
Rekapitulation stärkt einen immer historisch und patrio¬
tisch, und unser Etappenfranzösisch kommt auch wieder
zu Kräften."

Alle waren einverstanden, selbst Nonne.


Gegen vier war man von dem Ausfluge zurück und
hielt wieder vor dem "Prinzregenten", auf einem mit
alten Bäumen besetzten Platz, der wegen seiner Dreiecks¬
form schon von alter Zeit her den Namen "Triangel¬
platz" führte. Die Wahlresultate lagen noch keineswegs
sicher vor; es ließ sich aber schon ziemlich deutlich er¬
kennen, daß viele Fortschrittlerstimmen auf den sozial¬
demokratischen Kandidaten, Feilenhauer Torgelow, über¬
gehen würden, der, trotzdem er nicht persönlich zugegen

Gott? Wenn Sie kommen und den alten Fritzen frei
beten wollen, werden Sie 'rausgeſchmiſſen.“

Baron Beetz — auch ein Anzweifler des Philoſophen
von Sansſouci — wollte ſeinem Freunde Nonne zu
Hilfe kommen und erwog einen Augenblick ernſtlich, ob
er nicht ſeinen in der ganzen Grafſchaft längſt bekannten
Vortrag über die „ſchiefe Ebene“ oder „c'est le premier
pas qui coute
“ noch einmal zum beſten geben ſolle.
Klugerweiſe jedoch ließ er es wieder fallen und war ein¬
verſtanden, als Dubslav ſagte: „Meine Herren, ich
meinerſeits ſchlage vor, daß mir unſern Auslug von dem
Wackelſtege, drauf mir hier ſtehen (jeden Augenblick kann
einer von uns ins Waſſer fallen), endlich aufgeben und
uns lieber in einem der hier herum liegenden Kähne
über den See ſetzen laſſen. Unterwegs, wenn noch welche
da ſind, können wir Teichroſen pflücken und drüben am
andern Ufer den großen Prinz Heinrich-Obelisken mit
ſeinen franzöſiſchen Inſchriften durchſtudieren. Solche
Rekapitulation ſtärkt einen immer hiſtoriſch und patrio¬
tiſch, und unſer Etappenfranzöſiſch kommt auch wieder
zu Kräften.“

Alle waren einverſtanden, ſelbſt Nonne.


Gegen vier war man von dem Ausfluge zurück und
hielt wieder vor dem „Prinzregenten“, auf einem mit
alten Bäumen beſetzten Platz, der wegen ſeiner Dreiecks¬
form ſchon von alter Zeit her den Namen „Triangel¬
platz“ führte. Die Wahlreſultate lagen noch keineswegs
ſicher vor; es ließ ſich aber ſchon ziemlich deutlich er¬
kennen, daß viele Fortſchrittlerſtimmen auf den ſozial¬
demokratiſchen Kandidaten, Feilenhauer Torgelow, über¬
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[242/0249] Gott? Wenn Sie kommen und den alten Fritzen frei beten wollen, werden Sie 'rausgeſchmiſſen.“ Baron Beetz — auch ein Anzweifler des Philoſophen von Sansſouci — wollte ſeinem Freunde Nonne zu Hilfe kommen und erwog einen Augenblick ernſtlich, ob er nicht ſeinen in der ganzen Grafſchaft längſt bekannten Vortrag über die „ſchiefe Ebene“ oder „c'est le premier pas qui coute“ noch einmal zum beſten geben ſolle. Klugerweiſe jedoch ließ er es wieder fallen und war ein¬ verſtanden, als Dubslav ſagte: „Meine Herren, ich meinerſeits ſchlage vor, daß mir unſern Auslug von dem Wackelſtege, drauf mir hier ſtehen (jeden Augenblick kann einer von uns ins Waſſer fallen), endlich aufgeben und uns lieber in einem der hier herum liegenden Kähne über den See ſetzen laſſen. Unterwegs, wenn noch welche da ſind, können wir Teichroſen pflücken und drüben am andern Ufer den großen Prinz Heinrich-Obelisken mit ſeinen franzöſiſchen Inſchriften durchſtudieren. Solche Rekapitulation ſtärkt einen immer hiſtoriſch und patrio¬ tiſch, und unſer Etappenfranzöſiſch kommt auch wieder zu Kräften.“ Alle waren einverſtanden, ſelbſt Nonne. Gegen vier war man von dem Ausfluge zurück und hielt wieder vor dem „Prinzregenten“, auf einem mit alten Bäumen beſetzten Platz, der wegen ſeiner Dreiecks¬ form ſchon von alter Zeit her den Namen „Triangel¬ platz“ führte. Die Wahlreſultate lagen noch keineswegs ſicher vor; es ließ ſich aber ſchon ziemlich deutlich er¬ kennen, daß viele Fortſchrittlerſtimmen auf den ſozial¬ demokratiſchen Kandidaten, Feilenhauer Torgelow, über¬ gehen würden, der, trotzdem er nicht perſönlich zugegen

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899/249>, abgerufen am 25.11.2024.