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Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899.

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Fidelität gesagt, sie habe nicht ihm, sondern er habe ihr
zu danken, denn wenn jener Tag nicht gewesen wäre,
so hätt' er das ganze Bildermuseum höchst wahrschein¬
lich nie zu sehen gekriegt. Ja, Glück hat er immer
gehabt. Im großen und im kleinen. Es fehlt bloß
noch, daß er hinterher auch noch Generaldirektor der
königlichen Museen geworden wäre, was er schließlich
doch auch noch gekonnt hätte. Denn eigentlich konnt' er
alles und ist auch beinah' alles gewesen."

"Ja," nahm Gnewkow, der aus Langerweile viel
gereist war, seinen Urgedanken, daß solcher Park eigent¬
lich ein Glück sei, wieder auf. "Ich finde, was Molchow
da gesagt hat, ganz richtig; es kommt drauf an, daß
man 'reingezwungen wird, sonst weiß man überhaupt
gar nichts. Wenn ich so bloß an Italien zurückdenke.
Sehen Sie, da läuft man nu so 'rum, was einen doch
am Ende strapziert, und dabei dieser ewige pralle
Sonnenschein. Ein paar Stunden geht es; aber wenn man
nu schon zweimal Kaffee getrunken und Granito gegessen
hat, und es ist noch nicht mal Mittag, ja, ich bitte Sie,
was hat man da? Was fängt man da an? Gradezu
schrecklich. Und da kann ich Ihnen bloß sagen, da bin
ich ein kirchlicher Mensch geworden. Und wenn man
dann so von der Seite her still eintritt und hat mit
einem Male die Kühle um sich 'rum, ja, da will man
gar nicht wieder 'raus und sieht sich so seine funfzig
Bilder an, man weiß nicht, wie. Is doch immer noch
besser als draußen. Und die Zeit vergeht, und die
Stunde, wo man was Reguläres kriegt, läppert sich so
heran."

"Ich glaube doch," sagte der für kirchliche Kunst
schwärmende Baron Beetz, "unser Freund Gnewkow unter¬
schätzt die Wirkung, die, vielleicht gegen seinen Willen,
die Quattrocentisten auf ihn gemacht haben. Er hat
ihre Macht an sich selbst empfunden, aber er will es

Fidelität geſagt, ſie habe nicht ihm, ſondern er habe ihr
zu danken, denn wenn jener Tag nicht geweſen wäre,
ſo hätt' er das ganze Bildermuſeum höchſt wahrſchein¬
lich nie zu ſehen gekriegt. Ja, Glück hat er immer
gehabt. Im großen und im kleinen. Es fehlt bloß
noch, daß er hinterher auch noch Generaldirektor der
königlichen Muſeen geworden wäre, was er ſchließlich
doch auch noch gekonnt hätte. Denn eigentlich konnt' er
alles und iſt auch beinah' alles geweſen.“

„Ja,“ nahm Gnewkow, der aus Langerweile viel
gereiſt war, ſeinen Urgedanken, daß ſolcher Park eigent¬
lich ein Glück ſei, wieder auf. „Ich finde, was Molchow
da geſagt hat, ganz richtig; es kommt drauf an, daß
man 'reingezwungen wird, ſonſt weiß man überhaupt
gar nichts. Wenn ich ſo bloß an Italien zurückdenke.
Sehen Sie, da läuft man nu ſo 'rum, was einen doch
am Ende ſtrapziert, und dabei dieſer ewige pralle
Sonnenſchein. Ein paar Stunden geht es; aber wenn man
nu ſchon zweimal Kaffee getrunken und Granito gegeſſen
hat, und es iſt noch nicht mal Mittag, ja, ich bitte Sie,
was hat man da? Was fängt man da an? Gradezu
ſchrecklich. Und da kann ich Ihnen bloß ſagen, da bin
ich ein kirchlicher Menſch geworden. Und wenn man
dann ſo von der Seite her ſtill eintritt und hat mit
einem Male die Kühle um ſich 'rum, ja, da will man
gar nicht wieder 'raus und ſieht ſich ſo ſeine funfzig
Bilder an, man weiß nicht, wie. Is doch immer noch
beſſer als draußen. Und die Zeit vergeht, und die
Stunde, wo man was Reguläres kriegt, läppert ſich ſo
heran.“

„Ich glaube doch,“ ſagte der für kirchliche Kunſt
ſchwärmende Baron Beetz, „unſer Freund Gnewkow unter¬
ſchätzt die Wirkung, die, vielleicht gegen ſeinen Willen,
die Quattrocentiſten auf ihn gemacht haben. Er hat
ihre Macht an ſich ſelbſt empfunden, aber er will es

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[240/0247] Fidelität geſagt, ſie habe nicht ihm, ſondern er habe ihr zu danken, denn wenn jener Tag nicht geweſen wäre, ſo hätt' er das ganze Bildermuſeum höchſt wahrſchein¬ lich nie zu ſehen gekriegt. Ja, Glück hat er immer gehabt. Im großen und im kleinen. Es fehlt bloß noch, daß er hinterher auch noch Generaldirektor der königlichen Muſeen geworden wäre, was er ſchließlich doch auch noch gekonnt hätte. Denn eigentlich konnt' er alles und iſt auch beinah' alles geweſen.“ „Ja,“ nahm Gnewkow, der aus Langerweile viel gereiſt war, ſeinen Urgedanken, daß ſolcher Park eigent¬ lich ein Glück ſei, wieder auf. „Ich finde, was Molchow da geſagt hat, ganz richtig; es kommt drauf an, daß man 'reingezwungen wird, ſonſt weiß man überhaupt gar nichts. Wenn ich ſo bloß an Italien zurückdenke. Sehen Sie, da läuft man nu ſo 'rum, was einen doch am Ende ſtrapziert, und dabei dieſer ewige pralle Sonnenſchein. Ein paar Stunden geht es; aber wenn man nu ſchon zweimal Kaffee getrunken und Granito gegeſſen hat, und es iſt noch nicht mal Mittag, ja, ich bitte Sie, was hat man da? Was fängt man da an? Gradezu ſchrecklich. Und da kann ich Ihnen bloß ſagen, da bin ich ein kirchlicher Menſch geworden. Und wenn man dann ſo von der Seite her ſtill eintritt und hat mit einem Male die Kühle um ſich 'rum, ja, da will man gar nicht wieder 'raus und ſieht ſich ſo ſeine funfzig Bilder an, man weiß nicht, wie. Is doch immer noch beſſer als draußen. Und die Zeit vergeht, und die Stunde, wo man was Reguläres kriegt, läppert ſich ſo heran.“ „Ich glaube doch,“ ſagte der für kirchliche Kunſt ſchwärmende Baron Beetz, „unſer Freund Gnewkow unter¬ ſchätzt die Wirkung, die, vielleicht gegen ſeinen Willen, die Quattrocentiſten auf ihn gemacht haben. Er hat ihre Macht an ſich ſelbſt empfunden, aber er will es

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899/247>, abgerufen am 22.11.2024.