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Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899.

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haben schien. Er trug eine hohe schwarze Krawatte,
drauf ein kleiner vermickerter Kopf saß, und wenn er
sprach, war es, wie wenn Mäuse pfeifen. Er war die
komische Figur des Kreises und wurde gehänselt, nahm
es aber nicht übel, weil seine Mutter eine schlesische
Gräfin auf "inski" war, was ihm in seinen Augen
ein solches Übergewicht sicherte, daß er, wie Friedrich
der Große, jeden Augenblick bereit war, "die sich etwa
einstellenden Pasquille niedriger hängen zu lassen."

"Ich denke, meine Herren," sagte Dubslav, "wir
gehen in den Park. Da hat man doch immer was.
An der einen Stelle ruht das Herz des Prinzen, und
an der andern Stelle ruht er selbst und hat sogar eine
Pyramide zu Häupten, wie wenn er Sesostris gewesen
wäre. Ich würde gern einen andern nennen, aber ich
kenne bloß den."

"Natürlich gehen wir in den Park," sagte von
Gnewkow. "Und es ist schließlich immer noch ein
Glück, daß man so was hat ..."

"Und auch ein Glück," ergänzte von Molchow,
"daß man solchen Wahltag wie heute hat, der einen
ordentlich zwingt, sich mal um Historisches und Bildungs¬
mäßiges zu kümmern. Bismarcken is es auch mal so ge¬
gangen, noch dazu mit 'ner reichen Amerikanerin, und
hat auch gleich (das heißt eigentlich lange nachher) das
rechte Wort dafür gefunden."

"Der hat immer das rechte Wort gefunden."

"Immer. Aber weiter, Molchow."

"... Und als nun also die reiche Amerikanerin
so runde vierzig Jahr später ihn wiedersah und sich bei
ihm bedanken wollte von wegen des Bildermuseums, in
das er sie halb aus Verlegenheit und halb aus Ritter¬
lichkeit begleitet und ihr mutmaßlich alle Bilder falsch
erklärt hatte, da hat er all diesen Dank abgewiesen und
ihr -- ich seh' und hör' ihn ordentlich -- in aller

haben ſchien. Er trug eine hohe ſchwarze Krawatte,
drauf ein kleiner vermickerter Kopf ſaß, und wenn er
ſprach, war es, wie wenn Mäuſe pfeifen. Er war die
komiſche Figur des Kreiſes und wurde gehänſelt, nahm
es aber nicht übel, weil ſeine Mutter eine ſchleſiſche
Gräfin auf „inski“ war, was ihm in ſeinen Augen
ein ſolches Übergewicht ſicherte, daß er, wie Friedrich
der Große, jeden Augenblick bereit war, „die ſich etwa
einſtellenden Pasquille niedriger hängen zu laſſen.“

„Ich denke, meine Herren,“ ſagte Dubslav, „wir
gehen in den Park. Da hat man doch immer was.
An der einen Stelle ruht das Herz des Prinzen, und
an der andern Stelle ruht er ſelbſt und hat ſogar eine
Pyramide zu Häupten, wie wenn er Seſoſtris geweſen
wäre. Ich würde gern einen andern nennen, aber ich
kenne bloß den.“

„Natürlich gehen wir in den Park,“ ſagte von
Gnewkow. „Und es iſt ſchließlich immer noch ein
Glück, daß man ſo was hat ...“

„Und auch ein Glück,“ ergänzte von Molchow,
„daß man ſolchen Wahltag wie heute hat, der einen
ordentlich zwingt, ſich mal um Hiſtoriſches und Bildungs¬
mäßiges zu kümmern. Bismarcken is es auch mal ſo ge¬
gangen, noch dazu mit 'ner reichen Amerikanerin, und
hat auch gleich (das heißt eigentlich lange nachher) das
rechte Wort dafür gefunden.“

„Der hat immer das rechte Wort gefunden.“

„Immer. Aber weiter, Molchow.“

„... Und als nun alſo die reiche Amerikanerin
ſo runde vierzig Jahr ſpäter ihn wiederſah und ſich bei
ihm bedanken wollte von wegen des Bildermuſeums, in
das er ſie halb aus Verlegenheit und halb aus Ritter¬
lichkeit begleitet und ihr mutmaßlich alle Bilder falſch
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[239/0246] haben ſchien. Er trug eine hohe ſchwarze Krawatte, drauf ein kleiner vermickerter Kopf ſaß, und wenn er ſprach, war es, wie wenn Mäuſe pfeifen. Er war die komiſche Figur des Kreiſes und wurde gehänſelt, nahm es aber nicht übel, weil ſeine Mutter eine ſchleſiſche Gräfin auf „inski“ war, was ihm in ſeinen Augen ein ſolches Übergewicht ſicherte, daß er, wie Friedrich der Große, jeden Augenblick bereit war, „die ſich etwa einſtellenden Pasquille niedriger hängen zu laſſen.“ „Ich denke, meine Herren,“ ſagte Dubslav, „wir gehen in den Park. Da hat man doch immer was. An der einen Stelle ruht das Herz des Prinzen, und an der andern Stelle ruht er ſelbſt und hat ſogar eine Pyramide zu Häupten, wie wenn er Seſoſtris geweſen wäre. Ich würde gern einen andern nennen, aber ich kenne bloß den.“ „Natürlich gehen wir in den Park,“ ſagte von Gnewkow. „Und es iſt ſchließlich immer noch ein Glück, daß man ſo was hat ...“ „Und auch ein Glück,“ ergänzte von Molchow, „daß man ſolchen Wahltag wie heute hat, der einen ordentlich zwingt, ſich mal um Hiſtoriſches und Bildungs¬ mäßiges zu kümmern. Bismarcken is es auch mal ſo ge¬ gangen, noch dazu mit 'ner reichen Amerikanerin, und hat auch gleich (das heißt eigentlich lange nachher) das rechte Wort dafür gefunden.“ „Der hat immer das rechte Wort gefunden.“ „Immer. Aber weiter, Molchow.“ „... Und als nun alſo die reiche Amerikanerin ſo runde vierzig Jahr ſpäter ihn wiederſah und ſich bei ihm bedanken wollte von wegen des Bildermuſeums, in das er ſie halb aus Verlegenheit und halb aus Ritter¬ lichkeit begleitet und ihr mutmaßlich alle Bilder falſch erklärt hatte, da hat er all dieſen Dank abgewieſen und ihr — ich ſeh' und hör' ihn ordentlich — in aller

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899/246>, abgerufen am 22.11.2024.