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Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899.

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Ufer hinlaufende Straßenzug breite Lücken aufwies, in
tiefem Dunkel lag. Urplötzlich aber stieg gerad aus dem
Dunkel heraus ein Lichtstreifen hoch in den Himmel und
zerstob da, wobei rote und blaue Leuchtkugeln langsam
zur Erde niederfielen.

"Wie schön," sagte Melusine. "Das ist mehr, als
wir erwarten durften; Ende gut, alles gut, -- nun haben
wir auch noch ein Feuerwerk. Wo mag es sein? Welche
Dörfer liegen da hinüber? Sie sind ja so gut wie ein
Generalstäbler, lieber Stechlin, Sie müssen es wissen. Ich
vermute Friedrichsfelde. Reizendes Dorf und reizendes
Schloß. Ich war einmal da; die Dame des Hauses ist
eine Schwester der Frau von Hülsen. Ist es Friedrichs¬
felde?"

"Vielleicht, gnädigste Gräfin. Aber doch nicht wahr¬
scheinlich, Friedrichsfelde gehört nicht in die Reihe der
Vororte, wo Feuerwerke sozusagen auf dem Programm
stehen. Ich denke, wir lassen es im Ungewissen und
freuen uns der Sache selbst. Sehen Sie, jetzt beginnt
es erst recht eigentlich. Die Rakete, die wir da vorhin
gesehen haben, das war nur Vorspiel. Jetzt haben wir
erst das Stück. Es ist zu weit ab, sonst würden wir
das Knattern hören und die Kanonenschläge. Wahr¬
scheinlich ist es Sedan oder Düppel oder der Übergang
nach Alsen. Übrigens ist die Pyrotechnik eine profunde
Wissenschaft geworden."

"Und es soll auch Personen geben, die ganz dafür
leben und ihr Vermögen hinopfern wie früher die Hol¬
länder für die Tulpen. Tulpen wäre nun freilich nicht
mein Geschmack. Aber Feuerwerk!"

"Ja, unbedingt. Und nur schade, daß alle die, die
damit zu thun haben, über kurz oder lang in die Luft
fliegen."

"Das ist fatal. Aber es steigert andrerseits doch auch
wieder den Reiz. Sonderbar, gefahrlose Berufe, solche,

Ufer hinlaufende Straßenzug breite Lücken aufwies, in
tiefem Dunkel lag. Urplötzlich aber ſtieg gerad aus dem
Dunkel heraus ein Lichtſtreifen hoch in den Himmel und
zerſtob da, wobei rote und blaue Leuchtkugeln langſam
zur Erde niederfielen.

„Wie ſchön,“ ſagte Meluſine. „Das iſt mehr, als
wir erwarten durften; Ende gut, alles gut, — nun haben
wir auch noch ein Feuerwerk. Wo mag es ſein? Welche
Dörfer liegen da hinüber? Sie ſind ja ſo gut wie ein
Generalſtäbler, lieber Stechlin, Sie müſſen es wiſſen. Ich
vermute Friedrichsfelde. Reizendes Dorf und reizendes
Schloß. Ich war einmal da; die Dame des Hauſes iſt
eine Schweſter der Frau von Hülſen. Iſt es Friedrichs¬
felde?“

„Vielleicht, gnädigſte Gräfin. Aber doch nicht wahr¬
ſcheinlich, Friedrichsfelde gehört nicht in die Reihe der
Vororte, wo Feuerwerke ſozuſagen auf dem Programm
ſtehen. Ich denke, wir laſſen es im Ungewiſſen und
freuen uns der Sache ſelbſt. Sehen Sie, jetzt beginnt
es erſt recht eigentlich. Die Rakete, die wir da vorhin
geſehen haben, das war nur Vorſpiel. Jetzt haben wir
erſt das Stück. Es iſt zu weit ab, ſonſt würden wir
das Knattern hören und die Kanonenſchläge. Wahr¬
ſcheinlich iſt es Sedan oder Düppel oder der Übergang
nach Alſen. Übrigens iſt die Pyrotechnik eine profunde
Wiſſenſchaft geworden.“

„Und es ſoll auch Perſonen geben, die ganz dafür
leben und ihr Vermögen hinopfern wie früher die Hol¬
länder für die Tulpen. Tulpen wäre nun freilich nicht
mein Geſchmack. Aber Feuerwerk!“

„Ja, unbedingt. Und nur ſchade, daß alle die, die
damit zu thun haben, über kurz oder lang in die Luft
fliegen.“

„Das iſt fatal. Aber es ſteigert andrerſeits doch auch
wieder den Reiz. Sonderbar, gefahrloſe Berufe, ſolche,

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[198/0205] Ufer hinlaufende Straßenzug breite Lücken aufwies, in tiefem Dunkel lag. Urplötzlich aber ſtieg gerad aus dem Dunkel heraus ein Lichtſtreifen hoch in den Himmel und zerſtob da, wobei rote und blaue Leuchtkugeln langſam zur Erde niederfielen. „Wie ſchön,“ ſagte Meluſine. „Das iſt mehr, als wir erwarten durften; Ende gut, alles gut, — nun haben wir auch noch ein Feuerwerk. Wo mag es ſein? Welche Dörfer liegen da hinüber? Sie ſind ja ſo gut wie ein Generalſtäbler, lieber Stechlin, Sie müſſen es wiſſen. Ich vermute Friedrichsfelde. Reizendes Dorf und reizendes Schloß. Ich war einmal da; die Dame des Hauſes iſt eine Schweſter der Frau von Hülſen. Iſt es Friedrichs¬ felde?“ „Vielleicht, gnädigſte Gräfin. Aber doch nicht wahr¬ ſcheinlich, Friedrichsfelde gehört nicht in die Reihe der Vororte, wo Feuerwerke ſozuſagen auf dem Programm ſtehen. Ich denke, wir laſſen es im Ungewiſſen und freuen uns der Sache ſelbſt. Sehen Sie, jetzt beginnt es erſt recht eigentlich. Die Rakete, die wir da vorhin geſehen haben, das war nur Vorſpiel. Jetzt haben wir erſt das Stück. Es iſt zu weit ab, ſonſt würden wir das Knattern hören und die Kanonenſchläge. Wahr¬ ſcheinlich iſt es Sedan oder Düppel oder der Übergang nach Alſen. Übrigens iſt die Pyrotechnik eine profunde Wiſſenſchaft geworden.“ „Und es ſoll auch Perſonen geben, die ganz dafür leben und ihr Vermögen hinopfern wie früher die Hol¬ länder für die Tulpen. Tulpen wäre nun freilich nicht mein Geſchmack. Aber Feuerwerk!“ „Ja, unbedingt. Und nur ſchade, daß alle die, die damit zu thun haben, über kurz oder lang in die Luft fliegen.“ „Das iſt fatal. Aber es ſteigert andrerſeits doch auch wieder den Reiz. Sonderbar, gefahrloſe Berufe, ſolche,

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899/205>, abgerufen am 22.11.2024.