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Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899.

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So lange er darin wohnte, war es ihm gut ergangen,
nicht glänzender als früher, aber sorgenloser. Und das
sagte er sich jeden neuen Tag.

Sein Leben, so bunt es gewesen, war trotzdem in
gewissem Sinne durchschnittsmäßig verlaufen, ganz so wie
das Leben eines preußischen "Magnaten" (worunter man
in der Regel Schlesier versteht; aber es giebt doch auch
andre) zu verlaufen pflegt.

Im Juli dreißig, gerade als die Franzosen Algier
bombardierten und nebenher das Haus Bourbon end¬
gültig beseitigten, war der Graf auf einem der an der
mittleren Elbe gelegenen Barbyschen Güter geboren worden.
Auf eben diesem Gute, -- das landwirtschaftlich einer
von fremder Hand geführten Administration unterstand,
-- vergingen ihm die Kinderjahre; mit zwölf kam er
dann auf die Ritterakademie, mit achtzehn in das Regi¬
ment Gardeducorps, drin die Barbys standen, solang es
ein Regiment Gardeducorps gab. Mit dreißig war er
Rittmeister und führte eine Schwadron. Aber nicht lange
mehr. Auf einem in der Nähe von Potsdam veran¬
stalteten Kavalleriemanöver stürzte er unglücklich und brach
den Oberschenkel, unmittelbar unter der Hüfte. Leidlich
genesen, ging er nach Ragaz, um dort völlige Wieder¬
herstellung zu suchen, und machte hier die Bekanntschaft
eines alten Freiherrn von Planta, der ihn alsbald auf
seine Besitzungen einlud. Weil diese ganz in der Nähe
lagen, nahm er die Einladung nach Schloß Schuder an.
Hier blieb er länger als erwartet, und als er das schön
gelegene Bergschloß wieder verließ, war er mit der Tochter
und Erbin des Hauses verlobt. Es war eine große
Neigung, was sie zusammenführte. Die junge Freiin
drang alsbald in ihn, den Dienst zu quittieren, und er
entsprach dem um so lieber, als er seiner völligen Wieder¬
herstellung nicht ganz sicher war. Er nahm also den
Abschied und trat aus dem militärischen in den diplo¬

So lange er darin wohnte, war es ihm gut ergangen,
nicht glänzender als früher, aber ſorgenloſer. Und das
ſagte er ſich jeden neuen Tag.

Sein Leben, ſo bunt es geweſen, war trotzdem in
gewiſſem Sinne durchſchnittsmäßig verlaufen, ganz ſo wie
das Leben eines preußiſchen „Magnaten“ (worunter man
in der Regel Schleſier verſteht; aber es giebt doch auch
andre) zu verlaufen pflegt.

Im Juli dreißig, gerade als die Franzoſen Algier
bombardierten und nebenher das Haus Bourbon end¬
gültig beſeitigten, war der Graf auf einem der an der
mittleren Elbe gelegenen Barbyſchen Güter geboren worden.
Auf eben dieſem Gute, — das landwirtſchaftlich einer
von fremder Hand geführten Adminiſtration unterſtand,
— vergingen ihm die Kinderjahre; mit zwölf kam er
dann auf die Ritterakademie, mit achtzehn in das Regi¬
ment Gardeducorps, drin die Barbys ſtanden, ſolang es
ein Regiment Gardeducorps gab. Mit dreißig war er
Rittmeiſter und führte eine Schwadron. Aber nicht lange
mehr. Auf einem in der Nähe von Potsdam veran¬
ſtalteten Kavalleriemanöver ſtürzte er unglücklich und brach
den Oberſchenkel, unmittelbar unter der Hüfte. Leidlich
geneſen, ging er nach Ragaz, um dort völlige Wieder¬
herſtellung zu ſuchen, und machte hier die Bekanntſchaft
eines alten Freiherrn von Planta, der ihn alsbald auf
ſeine Beſitzungen einlud. Weil dieſe ganz in der Nähe
lagen, nahm er die Einladung nach Schloß Schuder an.
Hier blieb er länger als erwartet, und als er das ſchön
gelegene Bergſchloß wieder verließ, war er mit der Tochter
und Erbin des Hauſes verlobt. Es war eine große
Neigung, was ſie zuſammenführte. Die junge Freiin
drang alsbald in ihn, den Dienſt zu quittieren, und er
entſprach dem um ſo lieber, als er ſeiner völligen Wieder¬
herſtellung nicht ganz ſicher war. Er nahm alſo den
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[157/0164] So lange er darin wohnte, war es ihm gut ergangen, nicht glänzender als früher, aber ſorgenloſer. Und das ſagte er ſich jeden neuen Tag. Sein Leben, ſo bunt es geweſen, war trotzdem in gewiſſem Sinne durchſchnittsmäßig verlaufen, ganz ſo wie das Leben eines preußiſchen „Magnaten“ (worunter man in der Regel Schleſier verſteht; aber es giebt doch auch andre) zu verlaufen pflegt. Im Juli dreißig, gerade als die Franzoſen Algier bombardierten und nebenher das Haus Bourbon end¬ gültig beſeitigten, war der Graf auf einem der an der mittleren Elbe gelegenen Barbyſchen Güter geboren worden. Auf eben dieſem Gute, — das landwirtſchaftlich einer von fremder Hand geführten Adminiſtration unterſtand, — vergingen ihm die Kinderjahre; mit zwölf kam er dann auf die Ritterakademie, mit achtzehn in das Regi¬ ment Gardeducorps, drin die Barbys ſtanden, ſolang es ein Regiment Gardeducorps gab. Mit dreißig war er Rittmeiſter und führte eine Schwadron. Aber nicht lange mehr. Auf einem in der Nähe von Potsdam veran¬ ſtalteten Kavalleriemanöver ſtürzte er unglücklich und brach den Oberſchenkel, unmittelbar unter der Hüfte. Leidlich geneſen, ging er nach Ragaz, um dort völlige Wieder¬ herſtellung zu ſuchen, und machte hier die Bekanntſchaft eines alten Freiherrn von Planta, der ihn alsbald auf ſeine Beſitzungen einlud. Weil dieſe ganz in der Nähe lagen, nahm er die Einladung nach Schloß Schuder an. Hier blieb er länger als erwartet, und als er das ſchön gelegene Bergſchloß wieder verließ, war er mit der Tochter und Erbin des Hauſes verlobt. Es war eine große Neigung, was ſie zuſammenführte. Die junge Freiin drang alsbald in ihn, den Dienſt zu quittieren, und er entſprach dem um ſo lieber, als er ſeiner völligen Wieder¬ herſtellung nicht ganz ſicher war. Er nahm alſo den Abſchied und trat aus dem militäriſchen in den diplo¬

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899/164>, abgerufen am 25.11.2024.