den Rittmeister? Und wie denkst du dir die Damen? Und wie steht es überhaupt? Ist es die oder ist es die?
"Ja, Herr Graf, wie soll ich darüber denken? Mit Damen weiß man ja nie -- vornehm und nicht vor¬ nehm, klein und groß, arm und reich, das is all eins. Mit unsrer Lizzi is es gerad' ebenso wie mit Gräfin Melusine. Wenn man denkt, es is so, denn is es so, und wenn man denkt, es is so, denn is es wieder so. Wie meine Frau noch lebte, Gott habe sie selig, die sagte auch immer: ,Ja, Jeserich, was du dir bloß denkst; wir sind eben ein Rätsel.' Ach Gott, sie war ja man einfach, aber das können Sie mir glauben, Herr Graf, so sind sie alle."
"Hast ganz recht, Jeserich. Und deshalb können wir auch nicht gegen an. Und ich freue mich, daß du das auch so scharf aufgefaßt hast. Du bist überhaupt ein Menschenkenner. Wo du's bloß her hast? Du hast so was von 'nem Philosophen. Hast du schon mal einen gesehen?"
"Nein, Herr Graf. Wenn man so viel zu thun hat und immer Silber putzen muß."
"Ja, Jeserich, das hilft doch nu nich, davon kann ich dich nicht frei machen ..."
"Nein, so mein' ich es ja auch nich, Herr Graf, und bin ja auch fürs Alte. Gute Herrschaft und immer denken, "man gehört so halb wie mit dazu", -- dafür bin ich. Und manche sollen ja auch halb mit dazu gehören ... Aber ein bißchen anstrengend is es doch mitunter, und man is doch am Ende auch ein Mensch ..."
"Na höre, Jeserich, das hab' ich dir doch noch nicht abgesprochen."
"Nein, nein, Herr Graf. Gott, man sagt so was bloß. Aber ein bißchen is es doch damit ..."
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den Rittmeiſter? Und wie denkſt du dir die Damen? Und wie ſteht es überhaupt? Iſt es die oder iſt es die?
„Ja, Herr Graf, wie ſoll ich darüber denken? Mit Damen weiß man ja nie — vornehm und nicht vor¬ nehm, klein und groß, arm und reich, das is all eins. Mit unſrer Lizzi is es gerad' ebenſo wie mit Gräfin Meluſine. Wenn man denkt, es is ſo, denn is es ſo, und wenn man denkt, es is ſo, denn is es wieder ſo. Wie meine Frau noch lebte, Gott habe ſie ſelig, die ſagte auch immer: ‚Ja, Jeſerich, was du dir bloß denkſt; wir ſind eben ein Rätſel.‘ Ach Gott, ſie war ja man einfach, aber das können Sie mir glauben, Herr Graf, ſo ſind ſie alle.“
„Haſt ganz recht, Jeſerich. Und deshalb können wir auch nicht gegen an. Und ich freue mich, daß du das auch ſo ſcharf aufgefaßt haſt. Du biſt überhaupt ein Menſchenkenner. Wo du's bloß her haſt? Du haſt ſo was von 'nem Philoſophen. Haſt du ſchon mal einen geſehen?“
„Nein, Herr Graf. Wenn man ſo viel zu thun hat und immer Silber putzen muß.“
„Ja, Jeſerich, das hilft doch nu nich, davon kann ich dich nicht frei machen ...“
„Nein, ſo mein' ich es ja auch nich, Herr Graf, und bin ja auch fürs Alte. Gute Herrſchaft und immer denken, „man gehört ſo halb wie mit dazu“, — dafür bin ich. Und manche ſollen ja auch halb mit dazu gehören ... Aber ein bißchen anſtrengend is es doch mitunter, und man is doch am Ende auch ein Menſch ...“
„Na höre, Jeſerich, das hab' ich dir doch noch nicht abgeſprochen.“
„Nein, nein, Herr Graf. Gott, man ſagt ſo was bloß. Aber ein bißchen is es doch damit ...“
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den Rittmeiſter? Und wie denkſt du dir die Damen?
Und wie ſteht es überhaupt? Iſt es die oder iſt es die?
„Ja, Herr Graf, wie ſoll ich darüber denken? Mit
Damen weiß man ja nie — vornehm und nicht vor¬
nehm, klein und groß, arm und reich, das is all eins.
Mit unſrer Lizzi is es gerad' ebenſo wie mit Gräfin
Meluſine. Wenn man denkt, es is ſo, denn is es ſo,
und wenn man denkt, es is ſo, denn is es wieder ſo.
Wie meine Frau noch lebte, Gott habe ſie ſelig, die
ſagte auch immer: ‚Ja, Jeſerich, was du dir bloß
denkſt; wir ſind eben ein Rätſel.‘ Ach Gott, ſie war
ja man einfach, aber das können Sie mir glauben,
Herr Graf, ſo ſind ſie alle.“
„Haſt ganz recht, Jeſerich. Und deshalb können
wir auch nicht gegen an. Und ich freue mich, daß du
das auch ſo ſcharf aufgefaßt haſt. Du biſt überhaupt
ein Menſchenkenner. Wo du's bloß her haſt? Du haſt
ſo was von 'nem Philoſophen. Haſt du ſchon mal
einen geſehen?“
„Nein, Herr Graf. Wenn man ſo viel zu thun
hat und immer Silber putzen muß.“
„Ja, Jeſerich, das hilft doch nu nich, davon kann
ich dich nicht frei machen ...“
„Nein, ſo mein' ich es ja auch nich, Herr Graf,
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— dafür bin ich. Und manche ſollen ja auch halb
mit dazu gehören ... Aber ein bißchen anſtrengend
is es doch mitunter, und man is doch am Ende auch
ein Menſch ...“
„Na höre, Jeſerich, das hab' ich dir doch noch
nicht abgeſprochen.“
„Nein, nein, Herr Graf. Gott, man ſagt ſo was
bloß. Aber ein bißchen is es doch damit ...“
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Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899/154>, abgerufen am 22.11.2024.
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