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Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899.

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derinnen heiraten wollten ... Was ihnen schon ge¬
fallen sollte."

"Den Holländerinnen?"

"Nun, denen auch," lachte die Tante. "Aber ich
meinte jetzt unsre Leute. Mißverstehe mich übrigens
nicht. Ich weiß recht gut, was es mit den großen
Grenadieren auf sich hat; aber die andern sind doch
ebensogut, und Potsdam ist doch schließlich bloß Potsdam.

"Ja, Tante, das ist es ja eben. Daß sie noch
immer in Potsdam sind, das macht es. Deshalb ist
es nach wie vor die "Potsdamer Wachtparade". Und
dann das Wort "erstes" spielt allerdings auch mit. Ein
alter Römer, mit dessen Namen ich dich nicht behelligen will,
der wollte in seinem Potsdam lieber der Erste, als in
seinem Berlin der Zweite sein. Wer der Erste ist, nun, der
ist eben der Erste, und als die andern aufstanden, da
hatte dieser "Erste" schon seinen Morgenspaziergang ge¬
macht und mitunter was für einen! Sieh, als das
zweite Garderegiment geboren wurde, da hatten die mit
den Blechmützen schon den ganzen Siebenjährigen Krieg
hinter sich. Es ist damit, wie mit dem ältesten Sohn. Der
älteste Sohn kann unter Umständen dümmer und schlechter
sein als sein Bruder, aber er ist der älteste, das kann
ihm keiner nehmen, und das giebt ihm einen gewissen
Vorrang, auch wenn er sonst gar keinen Vorzug hat.
Alles ist göttliches Geschenk. Warum ist der eine hübsch
und der andere häßlich? Und nun gar erst die Damen.
In das eine Fräulein verliebt sich alles, und das
andre spielt bloß Mauerblümchen. Es wird jedem seine
Stelle gegeben. Und so ist es auch mit unserm Regiment.
Wir mögen nicht besser sein als die andern, aber wir
sind die ersten, wir haben die Nummer eins."

"Ich kann da beim besten Willen nicht recht mit,
Woldemar. Was in unsrer Armee den Ausschlag giebt,
ist doch immer die Schneidigkeit."

derinnen heiraten wollten ... Was ihnen ſchon ge¬
fallen ſollte.“

„Den Holländerinnen?“

„Nun, denen auch,“ lachte die Tante. „Aber ich
meinte jetzt unſre Leute. Mißverſtehe mich übrigens
nicht. Ich weiß recht gut, was es mit den großen
Grenadieren auf ſich hat; aber die andern ſind doch
ebenſogut, und Potsdam iſt doch ſchließlich bloß Potsdam.

„Ja, Tante, das iſt es ja eben. Daß ſie noch
immer in Potsdam ſind, das macht es. Deshalb iſt
es nach wie vor die „Potsdamer Wachtparade“. Und
dann das Wort „erſtes“ ſpielt allerdings auch mit. Ein
alter Römer, mit deſſen Namen ich dich nicht behelligen will,
der wollte in ſeinem Potsdam lieber der Erſte, als in
ſeinem Berlin der Zweite ſein. Wer der Erſte iſt, nun, der
iſt eben der Erſte, und als die andern aufſtanden, da
hatte dieſer „Erſte“ ſchon ſeinen Morgenſpaziergang ge¬
macht und mitunter was für einen! Sieh, als das
zweite Garderegiment geboren wurde, da hatten die mit
den Blechmützen ſchon den ganzen Siebenjährigen Krieg
hinter ſich. Es iſt damit, wie mit dem älteſten Sohn. Der
älteſte Sohn kann unter Umſtänden dümmer und ſchlechter
ſein als ſein Bruder, aber er iſt der älteſte, das kann
ihm keiner nehmen, und das giebt ihm einen gewiſſen
Vorrang, auch wenn er ſonſt gar keinen Vorzug hat.
Alles iſt göttliches Geſchenk. Warum iſt der eine hübſch
und der andere häßlich? Und nun gar erſt die Damen.
In das eine Fräulein verliebt ſich alles, und das
andre ſpielt bloß Mauerblümchen. Es wird jedem ſeine
Stelle gegeben. Und ſo iſt es auch mit unſerm Regiment.
Wir mögen nicht beſſer ſein als die andern, aber wir
ſind die erſten, wir haben die Nummer eins.“

„Ich kann da beim beſten Willen nicht recht mit,
Woldemar. Was in unſrer Armee den Ausſchlag giebt,
iſt doch immer die Schneidigkeit.“

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[125/0132] derinnen heiraten wollten ... Was ihnen ſchon ge¬ fallen ſollte.“ „Den Holländerinnen?“ „Nun, denen auch,“ lachte die Tante. „Aber ich meinte jetzt unſre Leute. Mißverſtehe mich übrigens nicht. Ich weiß recht gut, was es mit den großen Grenadieren auf ſich hat; aber die andern ſind doch ebenſogut, und Potsdam iſt doch ſchließlich bloß Potsdam. „Ja, Tante, das iſt es ja eben. Daß ſie noch immer in Potsdam ſind, das macht es. Deshalb iſt es nach wie vor die „Potsdamer Wachtparade“. Und dann das Wort „erſtes“ ſpielt allerdings auch mit. Ein alter Römer, mit deſſen Namen ich dich nicht behelligen will, der wollte in ſeinem Potsdam lieber der Erſte, als in ſeinem Berlin der Zweite ſein. Wer der Erſte iſt, nun, der iſt eben der Erſte, und als die andern aufſtanden, da hatte dieſer „Erſte“ ſchon ſeinen Morgenſpaziergang ge¬ macht und mitunter was für einen! Sieh, als das zweite Garderegiment geboren wurde, da hatten die mit den Blechmützen ſchon den ganzen Siebenjährigen Krieg hinter ſich. Es iſt damit, wie mit dem älteſten Sohn. Der älteſte Sohn kann unter Umſtänden dümmer und ſchlechter ſein als ſein Bruder, aber er iſt der älteſte, das kann ihm keiner nehmen, und das giebt ihm einen gewiſſen Vorrang, auch wenn er ſonſt gar keinen Vorzug hat. Alles iſt göttliches Geſchenk. Warum iſt der eine hübſch und der andere häßlich? Und nun gar erſt die Damen. In das eine Fräulein verliebt ſich alles, und das andre ſpielt bloß Mauerblümchen. Es wird jedem ſeine Stelle gegeben. Und ſo iſt es auch mit unſerm Regiment. Wir mögen nicht beſſer ſein als die andern, aber wir ſind die erſten, wir haben die Nummer eins.“ „Ich kann da beim beſten Willen nicht recht mit, Woldemar. Was in unſrer Armee den Ausſchlag giebt, iſt doch immer die Schneidigkeit.“

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899/132>, abgerufen am 25.11.2024.