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Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899.

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wahren Meinung, immer aufs neue versicherte, "daß in
diesem klösterlichen Beamten eine seltene Verquickung
von Prinzipienstrenge mit Geschäftsgenie vorzuliegen
scheine."

Das waren die zwei Paare, die den linken Flügel,
beziehungsweise die Mitte des Tisches bildeten. Die
beiden Hauptfiguren waren aber doch Czako und die
Schmargendorf, die ganz nach rechts hin saßen, in Nähe
der dicken Fenstergardinen aus Wollstoff, in deren Falten
denn auch vieles glücklicherweise verklang. An die Suppe
hatte sich ein Fisch und an diesen ein Linsenpüree mit
gebackenem Schinken gereiht, und nun wurden gespickte
Rebhuhnflügel in einer pikanten Sauce, die zugleich
Küchengeheimnis der Domina war, herumgereicht. Czako,
trotzdem er schon dem gebackenen Schinken erheblich zu¬
gesprochen hatte, nahm ein zweites Mal auch noch von
dem Rebhuhngericht und fühlte das Bedürfnis, dies zu
motivieren.

"Eine gesegnete Gegend, Ihre Grafschaft hier,"
begann er. "Aber freilich heuer auch eine gesegnete
Jahreszeit. Gestern abend bei Dubslav von Stechlin
Krammetsvögelbrüste, heute bei Adelheid von Stechlin
Rebhuhnflügel."

"Und was ziehen Sie vor?" fragte die Schmargen¬
dorf.

"Im allgemeinen, mein gnädigstes Fräulein, ist
die Frage wohl zu Gunsten ersterer entschieden. Aber
hier und speziell für mich ist doch wohl der Ausnahme¬
fall gegeben."

"Warum ein Ausnahmefall?"

"Sie haben recht, eine solche Frage zu stellen.
Und ich antworte, so gut ich kann. Nun denn, in
Brust und Flügel ..."

"Hihi."

"In Brust und Flügel schlummert, wie mir scheinen

wahren Meinung, immer aufs neue verſicherte, „daß in
dieſem klöſterlichen Beamten eine ſeltene Verquickung
von Prinzipienſtrenge mit Geſchäftsgenie vorzuliegen
ſcheine.“

Das waren die zwei Paare, die den linken Flügel,
beziehungsweiſe die Mitte des Tiſches bildeten. Die
beiden Hauptfiguren waren aber doch Czako und die
Schmargendorf, die ganz nach rechts hin ſaßen, in Nähe
der dicken Fenſtergardinen aus Wollſtoff, in deren Falten
denn auch vieles glücklicherweiſe verklang. An die Suppe
hatte ſich ein Fiſch und an dieſen ein Linſenpüree mit
gebackenem Schinken gereiht, und nun wurden geſpickte
Rebhuhnflügel in einer pikanten Sauce, die zugleich
Küchengeheimnis der Domina war, herumgereicht. Czako,
trotzdem er ſchon dem gebackenen Schinken erheblich zu¬
geſprochen hatte, nahm ein zweites Mal auch noch von
dem Rebhuhngericht und fühlte das Bedürfnis, dies zu
motivieren.

„Eine geſegnete Gegend, Ihre Grafſchaft hier,“
begann er. „Aber freilich heuer auch eine geſegnete
Jahreszeit. Geſtern abend bei Dubslav von Stechlin
Krammetsvögelbrüſte, heute bei Adelheid von Stechlin
Rebhuhnflügel.“

„Und was ziehen Sie vor?“ fragte die Schmargen¬
dorf.

„Im allgemeinen, mein gnädigſtes Fräulein, iſt
die Frage wohl zu Gunſten erſterer entſchieden. Aber
hier und ſpeziell für mich iſt doch wohl der Ausnahme¬
fall gegeben.“

„Warum ein Ausnahmefall?“

„Sie haben recht, eine ſolche Frage zu ſtellen.
Und ich antworte, ſo gut ich kann. Nun denn, in
Bruſt und Flügel ...“

„Hihi.“

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[114/0121] wahren Meinung, immer aufs neue verſicherte, „daß in dieſem klöſterlichen Beamten eine ſeltene Verquickung von Prinzipienſtrenge mit Geſchäftsgenie vorzuliegen ſcheine.“ Das waren die zwei Paare, die den linken Flügel, beziehungsweiſe die Mitte des Tiſches bildeten. Die beiden Hauptfiguren waren aber doch Czako und die Schmargendorf, die ganz nach rechts hin ſaßen, in Nähe der dicken Fenſtergardinen aus Wollſtoff, in deren Falten denn auch vieles glücklicherweiſe verklang. An die Suppe hatte ſich ein Fiſch und an dieſen ein Linſenpüree mit gebackenem Schinken gereiht, und nun wurden geſpickte Rebhuhnflügel in einer pikanten Sauce, die zugleich Küchengeheimnis der Domina war, herumgereicht. Czako, trotzdem er ſchon dem gebackenen Schinken erheblich zu¬ geſprochen hatte, nahm ein zweites Mal auch noch von dem Rebhuhngericht und fühlte das Bedürfnis, dies zu motivieren. „Eine geſegnete Gegend, Ihre Grafſchaft hier,“ begann er. „Aber freilich heuer auch eine geſegnete Jahreszeit. Geſtern abend bei Dubslav von Stechlin Krammetsvögelbrüſte, heute bei Adelheid von Stechlin Rebhuhnflügel.“ „Und was ziehen Sie vor?“ fragte die Schmargen¬ dorf. „Im allgemeinen, mein gnädigſtes Fräulein, iſt die Frage wohl zu Gunſten erſterer entſchieden. Aber hier und ſpeziell für mich iſt doch wohl der Ausnahme¬ fall gegeben.“ „Warum ein Ausnahmefall?“ „Sie haben recht, eine ſolche Frage zu ſtellen. Und ich antworte, ſo gut ich kann. Nun denn, in Bruſt und Flügel ...“ „Hihi.“ „In Bruſt und Flügel ſchlummert, wie mir ſcheinen

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899/121>, abgerufen am 23.11.2024.