Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894.Dank, ein versöhnliches Nachspiel gehabt, denn kaum daß die Glogauer Bürgerschaft von dem Grabsteinunglück ihres Groß-Sattlermeisters gehört hatte, so zeigte sie sich beflissen für Remedur zu sorgen und hat die Grabsteinstücke wieder zusammenkitten und alles in gute Wege bringen lassen. Eine Mosaik, die mehr sagt, als manche Museums-Mosaik. Aber nun bin ich matt und müde geworden und Sie müssen mich, ehe ich Sie freigebe, noch bis an meine Lieblingsstelle begleiten." Es war dies eine von einer Traueresche dicht überwachsene, ziemlich in der Mitte des Kirchhofes gelegene Bank, in deren unmittelbarer Nachbarschaft ein prächtiger und durch besondere Schönheit ausgezeichneter Granitwürfel mit Helm und Schwert hoch aufragte. "Wem gilt es?" "Einem Freunde. Ja, das war er mir. Und daß ich es gestehe, mehr noch als das. Und dann kam das Leben, um uns zu trennen. Aber diese frühesten Eindrücke bleiben, wenigstens einem Frauenherzen. Fast ein Menschenalter ist darüber hingegangen (ich war noch ein halbes Kind damals) und wär' ich gestorben, wie's mein Wunsch und meine Hoffnung war, so hätt' es auch auf meinem Grabsteine heißen dürfen: ,Hier ruht das unschuldige Dank, ein versöhnliches Nachspiel gehabt, denn kaum daß die Glogauer Bürgerschaft von dem Grabsteinunglück ihres Groß-Sattlermeisters gehört hatte, so zeigte sie sich beflissen für Remedur zu sorgen und hat die Grabsteinstücke wieder zusammenkitten und alles in gute Wege bringen lassen. Eine Mosaik, die mehr sagt, als manche Museums-Mosaik. Aber nun bin ich matt und müde geworden und Sie müssen mich, ehe ich Sie freigebe, noch bis an meine Lieblingsstelle begleiten.“ Es war dies eine von einer Traueresche dicht überwachsene, ziemlich in der Mitte des Kirchhofes gelegene Bank, in deren unmittelbarer Nachbarschaft ein prächtiger und durch besondere Schönheit ausgezeichneter Granitwürfel mit Helm und Schwert hoch aufragte. „Wem gilt es?“ „Einem Freunde. Ja, das war er mir. Und daß ich es gestehe, mehr noch als das. Und dann kam das Leben, um uns zu trennen. Aber diese frühesten Eindrücke bleiben, wenigstens einem Frauenherzen. Fast ein Menschenalter ist darüber hingegangen (ich war noch ein halbes Kind damals) und wär’ ich gestorben, wie’s mein Wunsch und meine Hoffnung war, so hätt’ es auch auf meinem Grabsteine heißen dürfen: ‚Hier ruht das unschuldige <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0077" n="75"/> Dank, ein versöhnliches Nachspiel gehabt, denn kaum daß die Glogauer Bürgerschaft von dem Grabsteinunglück ihres Groß-Sattlermeisters gehört hatte, so zeigte sie sich beflissen für Remedur zu sorgen und hat die Grabsteinstücke wieder zusammenkitten und alles in gute Wege bringen lassen. Eine Mosaik, die mehr sagt, als manche Museums-Mosaik. Aber nun bin ich matt und müde geworden und Sie müssen mich, ehe ich Sie freigebe, noch bis an meine Lieblingsstelle begleiten.“</p><lb/> <p>Es war dies eine von einer Traueresche dicht überwachsene, ziemlich in der Mitte des Kirchhofes gelegene Bank, in deren unmittelbarer Nachbarschaft ein prächtiger und durch besondere Schönheit ausgezeichneter Granitwürfel mit Helm und Schwert hoch aufragte.</p><lb/> <p>„Wem gilt es?“</p><lb/> <p>„Einem Freunde. Ja, das war er mir. Und daß ich es gestehe, mehr noch als das. Und dann kam das Leben, um uns zu trennen. Aber diese frühesten Eindrücke bleiben, wenigstens einem Frauenherzen. Fast ein Menschenalter ist darüber hingegangen (ich war noch ein halbes Kind damals) und wär’ ich gestorben, wie’s mein Wunsch und meine Hoffnung war, so hätt’ es auch auf meinem Grabsteine heißen dürfen: ‚Hier ruht das unschuldige </p> </div> </body> </text> </TEI> [75/0077]
Dank, ein versöhnliches Nachspiel gehabt, denn kaum daß die Glogauer Bürgerschaft von dem Grabsteinunglück ihres Groß-Sattlermeisters gehört hatte, so zeigte sie sich beflissen für Remedur zu sorgen und hat die Grabsteinstücke wieder zusammenkitten und alles in gute Wege bringen lassen. Eine Mosaik, die mehr sagt, als manche Museums-Mosaik. Aber nun bin ich matt und müde geworden und Sie müssen mich, ehe ich Sie freigebe, noch bis an meine Lieblingsstelle begleiten.“
Es war dies eine von einer Traueresche dicht überwachsene, ziemlich in der Mitte des Kirchhofes gelegene Bank, in deren unmittelbarer Nachbarschaft ein prächtiger und durch besondere Schönheit ausgezeichneter Granitwürfel mit Helm und Schwert hoch aufragte.
„Wem gilt es?“
„Einem Freunde. Ja, das war er mir. Und daß ich es gestehe, mehr noch als das. Und dann kam das Leben, um uns zu trennen. Aber diese frühesten Eindrücke bleiben, wenigstens einem Frauenherzen. Fast ein Menschenalter ist darüber hingegangen (ich war noch ein halbes Kind damals) und wär’ ich gestorben, wie’s mein Wunsch und meine Hoffnung war, so hätt’ es auch auf meinem Grabsteine heißen dürfen: ‚Hier ruht das unschuldige
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(2014-01-22T15:28:28Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2014-01-22T15:28:28Z)
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(2014-01-22T15:28:28Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Von vor und nach der Reise. Plaudereien und kleine Geschichten. Hrsg. von Walter Hettche und Gabriele Radecke. Berlin 2007 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das erzählerische Werk, Bd. 19]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Anmerkungen zur Transkription:
Auslassungszeichen im Text werden einheitlich als U+2026 <…> (HORIZONTAL ELLIPSIS) wiedergegeben.
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