Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894."Und was war es damit?" "Eines Winters in Wien sprach sie von ihrem zurückliegenden Liebesleben und von dem unendlichen Glücksgefühl, all diese Thorheit nun endlich überwunden und vor den Anfällen ihrer Leidenschaft Ruhe zu haben. Und einigermaßen indiskret gefragt, wann sie den letzten dieser Anfälle gehabt habe, seufzte sie: vor zwei Monaten." "Und wie alt war sie damals?" "Dreiundsechszig." "Also mehr als nötig, um meine Mutter zu sein. Und doch bleib' ich bei meinem Ausspruch: ,eine Frau in meinen Jahren' ... Aber wer war nur die stattliche Dame, der Sie sich gestern anschlossen, um sie als Cavaliere servente bis an den Finsterberg zu begleiten?" "Eine Freundin, Baronin Aßmannshausen, und seit vorgestern Großmutter, wie sie mir selbst mit Stolz erzählte." "Mit Stolz? Aber doch noch hübsch und lebhaft. Und dazu der feurige Name. Sehen Sie sich vor und gedenken Sie der Schroeder." "Ach, meine Gnädigste, Sie belieben zu scherzen. Ich, für mein Teil, ich darf sagen, ich habe abgeschlossen." "Wer's Ihnen glaubt! Männer schließen nie „Und was war es damit?“ „Eines Winters in Wien sprach sie von ihrem zurückliegenden Liebesleben und von dem unendlichen Glücksgefühl, all diese Thorheit nun endlich überwunden und vor den Anfällen ihrer Leidenschaft Ruhe zu haben. Und einigermaßen indiskret gefragt, wann sie den letzten dieser Anfälle gehabt habe, seufzte sie: vor zwei Monaten.“ „Und wie alt war sie damals?“ „Dreiundsechszig.“ „Also mehr als nötig, um meine Mutter zu sein. Und doch bleib’ ich bei meinem Ausspruch: ‚eine Frau in meinen Jahren‘ … Aber wer war nur die stattliche Dame, der Sie sich gestern anschlossen, um sie als Cavaliere servente bis an den Finsterberg zu begleiten?“ „Eine Freundin, Baronin Aßmannshausen, und seit vorgestern Großmutter, wie sie mir selbst mit Stolz erzählte.“ „Mit Stolz? Aber doch noch hübsch und lebhaft. Und dazu der feurige Name. Sehen Sie sich vor und gedenken Sie der Schroeder.“ „Ach, meine Gnädigste, Sie belieben zu scherzen. Ich, für mein Teil, ich darf sagen, ich habe abgeschlossen.“ „Wer’s Ihnen glaubt! Männer schließen nie <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0070" n="68"/> <p>„Und was war es damit?“</p><lb/> <p>„Eines Winters in Wien sprach sie von ihrem zurückliegenden Liebesleben und von dem unendlichen Glücksgefühl, all diese Thorheit nun endlich überwunden und vor den Anfällen ihrer Leidenschaft Ruhe zu haben. Und einigermaßen indiskret gefragt, <hi rendition="#g">wann</hi> sie den letzten dieser Anfälle gehabt habe, seufzte sie: vor zwei Monaten.“</p><lb/> <p>„Und wie alt war sie damals?“</p><lb/> <p>„Dreiundsechszig.“</p><lb/> <p>„Also mehr als nötig, um meine Mutter zu sein. Und doch bleib’ ich bei meinem Ausspruch: ‚eine Frau in meinen Jahren‘ … Aber wer war nur die stattliche Dame, der Sie sich gestern anschlossen, um sie als Cavaliere servente bis an den Finsterberg zu begleiten?“</p><lb/> <p>„Eine Freundin, Baronin Aßmannshausen, und seit vorgestern Großmutter, wie sie mir selbst mit Stolz erzählte.“</p><lb/> <p>„Mit Stolz? Aber doch noch hübsch und lebhaft. Und dazu der feurige Name. Sehen Sie sich vor und gedenken Sie der Schroeder.“</p><lb/> <p>„Ach, meine Gnädigste, Sie belieben zu scherzen. Ich, für mein Teil, <hi rendition="#g">ich</hi> darf sagen, ich habe abgeschlossen.“</p><lb/> <p>„Wer’s Ihnen glaubt! Männer schließen <hi rendition="#g">nie</hi> </p> </div> </body> </text> </TEI> [68/0070]
„Und was war es damit?“
„Eines Winters in Wien sprach sie von ihrem zurückliegenden Liebesleben und von dem unendlichen Glücksgefühl, all diese Thorheit nun endlich überwunden und vor den Anfällen ihrer Leidenschaft Ruhe zu haben. Und einigermaßen indiskret gefragt, wann sie den letzten dieser Anfälle gehabt habe, seufzte sie: vor zwei Monaten.“
„Und wie alt war sie damals?“
„Dreiundsechszig.“
„Also mehr als nötig, um meine Mutter zu sein. Und doch bleib’ ich bei meinem Ausspruch: ‚eine Frau in meinen Jahren‘ … Aber wer war nur die stattliche Dame, der Sie sich gestern anschlossen, um sie als Cavaliere servente bis an den Finsterberg zu begleiten?“
„Eine Freundin, Baronin Aßmannshausen, und seit vorgestern Großmutter, wie sie mir selbst mit Stolz erzählte.“
„Mit Stolz? Aber doch noch hübsch und lebhaft. Und dazu der feurige Name. Sehen Sie sich vor und gedenken Sie der Schroeder.“
„Ach, meine Gnädigste, Sie belieben zu scherzen. Ich, für mein Teil, ich darf sagen, ich habe abgeschlossen.“
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Zitationshilfe: | Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_reise_1894/70>, abgerufen am 25.07.2024. |