Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894.es zurück, auf immer, und nach einem kurzen Besuch in meiner Vaterstadt (ich sollte sagen auf dem Kirchhofe meiner Vaterstadt) will ich jetzt über das große Wasser. Hab' ich doch praktisch sein in England gelernt und gehe jetzt über New-York nach Chicago, um daselbst eine Schule zu gründen. Ich bin guten Muts und fürchte mich nur ein wenig vor Heimweh und Einsamkeit, denn ein deutsches Herz, und nun gar ein Thüringisches, ich bin aus dem Schwarza-Thal, hört nicht auf, für seinen Duodezstaat und seine Kirchturmspitze zu schlagen. Aber was sprech' ich davon? Heimweh und Einsamkeit, die meiner vielleicht harren, bedeuten nicht viel, sind jedenfalls nicht das Schlimmste; Hohlheit und Hochmut ertragen müssen, das ist schwerer und das wird Ihr Loos sein, wenn Sie nicht ein besonderes Glückskind sind. Ich hoffe, Sie wissen, welchen Schritt Sie thun und welchen Widerwärtigkeiten, ja vielleicht welchen Demütigungen Sie mit einer Art von Wahrscheinlichkeit entgegengehen." "Ich weiß es und weiß es auch nicht. Unter allen Umständen aber vertraue ich meinem guten Stern und möchte mich, wenn an nichts anderem, so doch an dem Ausspruche aufrichten dürfen, den ich eben erst Ihrer Güte verdanke: wo die Nähnadeln am feinsten sind, sind auch andere Sachen es zurück, auf immer, und nach einem kurzen Besuch in meiner Vaterstadt (ich sollte sagen auf dem Kirchhofe meiner Vaterstadt) will ich jetzt über das große Wasser. Hab’ ich doch praktisch sein in England gelernt und gehe jetzt über New-York nach Chicago, um daselbst eine Schule zu gründen. Ich bin guten Muts und fürchte mich nur ein wenig vor Heimweh und Einsamkeit, denn ein deutsches Herz, und nun gar ein Thüringisches, ich bin aus dem Schwarza-Thal, hört nicht auf, für seinen Duodezstaat und seine Kirchturmspitze zu schlagen. Aber was sprech’ ich davon? Heimweh und Einsamkeit, die meiner vielleicht harren, bedeuten nicht viel, sind jedenfalls nicht das Schlimmste; Hohlheit und Hochmut ertragen müssen, das ist schwerer und das wird Ihr Loos sein, wenn Sie nicht ein besonderes Glückskind sind. Ich hoffe, Sie wissen, welchen Schritt Sie thun und welchen Widerwärtigkeiten, ja vielleicht welchen Demütigungen Sie mit einer Art von Wahrscheinlichkeit entgegengehen.“ „Ich weiß es und weiß es auch nicht. Unter allen Umständen aber vertraue ich meinem guten Stern und möchte mich, wenn an nichts anderem, so doch an dem Ausspruche aufrichten dürfen, den ich eben erst Ihrer Güte verdanke: wo die Nähnadeln am feinsten sind, sind auch andere Sachen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0048" n="46"/> es zurück, auf immer, und nach einem kurzen Besuch in meiner Vaterstadt (ich sollte sagen auf dem Kirchhofe meiner Vaterstadt) will ich jetzt über das große Wasser. Hab’ ich doch praktisch sein in England gelernt und gehe jetzt über New-York nach Chicago, um daselbst eine Schule zu gründen. Ich bin guten Muts und fürchte mich nur ein wenig vor Heimweh und Einsamkeit, denn ein deutsches Herz, und nun gar ein Thüringisches, ich bin aus dem Schwarza-Thal, hört nicht auf, für seinen Duodezstaat und seine Kirchturmspitze zu schlagen. Aber was sprech’ ich davon? Heimweh und Einsamkeit, die meiner vielleicht harren, bedeuten nicht viel, sind jedenfalls nicht das Schlimmste; Hohlheit und Hochmut ertragen müssen, das ist schwerer und das wird Ihr Loos sein, wenn Sie nicht ein besonderes Glückskind sind. Ich hoffe, Sie wissen, welchen Schritt Sie thun und welchen Widerwärtigkeiten, ja vielleicht welchen Demütigungen Sie mit einer Art von Wahrscheinlichkeit entgegengehen.“</p><lb/> <p>„Ich weiß es und weiß es auch nicht. Unter allen Umständen aber vertraue ich meinem guten Stern und möchte mich, wenn an nichts anderem, so doch an dem Ausspruche aufrichten dürfen, den ich eben erst Ihrer Güte verdanke: wo die Nähnadeln am feinsten sind, sind auch andere Sachen </p> </div> </body> </text> </TEI> [46/0048]
es zurück, auf immer, und nach einem kurzen Besuch in meiner Vaterstadt (ich sollte sagen auf dem Kirchhofe meiner Vaterstadt) will ich jetzt über das große Wasser. Hab’ ich doch praktisch sein in England gelernt und gehe jetzt über New-York nach Chicago, um daselbst eine Schule zu gründen. Ich bin guten Muts und fürchte mich nur ein wenig vor Heimweh und Einsamkeit, denn ein deutsches Herz, und nun gar ein Thüringisches, ich bin aus dem Schwarza-Thal, hört nicht auf, für seinen Duodezstaat und seine Kirchturmspitze zu schlagen. Aber was sprech’ ich davon? Heimweh und Einsamkeit, die meiner vielleicht harren, bedeuten nicht viel, sind jedenfalls nicht das Schlimmste; Hohlheit und Hochmut ertragen müssen, das ist schwerer und das wird Ihr Loos sein, wenn Sie nicht ein besonderes Glückskind sind. Ich hoffe, Sie wissen, welchen Schritt Sie thun und welchen Widerwärtigkeiten, ja vielleicht welchen Demütigungen Sie mit einer Art von Wahrscheinlichkeit entgegengehen.“
„Ich weiß es und weiß es auch nicht. Unter allen Umständen aber vertraue ich meinem guten Stern und möchte mich, wenn an nichts anderem, so doch an dem Ausspruche aufrichten dürfen, den ich eben erst Ihrer Güte verdanke: wo die Nähnadeln am feinsten sind, sind auch andere Sachen
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Zitationshilfe: | Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_reise_1894/48>, abgerufen am 04.07.2024. |