Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894."Ohne Frühstück?" "Ohne Frühstück; ausgenommen ein Glas von unsrem Sprudel. Und dann vorwärts. Und jeder Platz ist gut. Ich denke, wir nehmen Schöneberg, immer an dem Botanischen vorbei, bis Steglitz oder Wilmersdorf. Oder auch den Lehrter Bahnhof. Es muß nur eine freie Stelle sein, an die die Luft heran kann und ein erfrischender Morgenwind. Und wenn es regnet, ich meine wirklich regnet, so haben wir die Halle mit dem Doppel-Perron und sehen wie der Zug abgeht. Ich sehe nichts lieber als das, und ist mir immer, als reist' ich mit jedem einzelnen mit. Und dann zurück, und dann unser Frühstück, das in solchem Momente wieder einen Ernst und eine Bedeutung gewinnt, und jenes Dankesgefühl anregt, das in sich selber einer Andacht nahe kommt. Und auch daran liegt mir. Denn ich hab' es satt, Eveline, so beziehungslos zu dem, was doch schließlich immer das Höchste bleibt, in den Tag hineinzuleben. Ich will Stellung nehmen, und wenn es sein muß (aber selbstverständlich ohne mich vorzudrängen), ein Zeugnis ablegen." "Und dann?" "Und dann ins Bureau, freudig und frisch. Und mit dem Kopfweh, denk ich, soll es vorbei sein. „Ohne Frühstück?“ „Ohne Frühstück; ausgenommen ein Glas von unsrem Sprudel. Und dann vorwärts. Und jeder Platz ist gut. Ich denke, wir nehmen Schöneberg, immer an dem Botanischen vorbei, bis Steglitz oder Wilmersdorf. Oder auch den Lehrter Bahnhof. Es muß nur eine freie Stelle sein, an die die Luft heran kann und ein erfrischender Morgenwind. Und wenn es regnet, ich meine wirklich regnet, so haben wir die Halle mit dem Doppel-Perron und sehen wie der Zug abgeht. Ich sehe nichts lieber als das, und ist mir immer, als reist’ ich mit jedem einzelnen mit. Und dann zurück, und dann unser Frühstück, das in solchem Momente wieder einen Ernst und eine Bedeutung gewinnt, und jenes Dankesgefühl anregt, das in sich selber einer Andacht nahe kommt. Und auch daran liegt mir. Denn ich hab’ es satt, Eveline, so beziehungslos zu dem, was doch schließlich immer das Höchste bleibt, in den Tag hineinzuleben. Ich will Stellung nehmen, und wenn es sein muß (aber selbstverständlich ohne mich vorzudrängen), ein Zeugnis ablegen.“ „Und dann?“ „Und dann ins Bureau, freudig und frisch. Und mit dem Kopfweh, denk ich, soll es vorbei sein. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0025" n="23"/> <p>„Ohne Frühstück?“</p><lb/> <p>„Ohne Frühstück; ausgenommen ein Glas von unsrem Sprudel. Und dann vorwärts. Und jeder Platz ist gut. Ich denke, wir nehmen Schöneberg, immer an dem Botanischen vorbei, bis Steglitz oder Wilmersdorf. Oder auch den Lehrter Bahnhof. Es muß nur eine freie Stelle sein, an die die Luft heran kann und ein erfrischender Morgenwind. Und wenn es regnet, ich meine wirklich regnet, so haben wir die Halle mit dem Doppel-Perron und sehen wie der Zug abgeht. Ich sehe nichts lieber als das, und ist mir immer, als reist’ ich mit jedem einzelnen mit. Und dann zurück, und dann unser Frühstück, das in solchem Momente wieder einen Ernst und eine Bedeutung gewinnt, und jenes Dankesgefühl anregt, das in sich selber einer Andacht nahe kommt. Und auch daran liegt mir. Denn ich hab’ es satt, Eveline, so beziehungslos zu dem, was doch schließlich immer das Höchste bleibt, in den Tag hineinzuleben. Ich will Stellung nehmen, und wenn es sein muß (aber selbstverständlich ohne mich vorzudrängen), ein Zeugnis ablegen.“</p><lb/> <p>„Und dann?“</p><lb/> <p>„Und dann ins Bureau, freudig und frisch. Und mit dem Kopfweh, denk ich, soll es vorbei sein. </p> </div> </body> </text> </TEI> [23/0025]
„Ohne Frühstück?“
„Ohne Frühstück; ausgenommen ein Glas von unsrem Sprudel. Und dann vorwärts. Und jeder Platz ist gut. Ich denke, wir nehmen Schöneberg, immer an dem Botanischen vorbei, bis Steglitz oder Wilmersdorf. Oder auch den Lehrter Bahnhof. Es muß nur eine freie Stelle sein, an die die Luft heran kann und ein erfrischender Morgenwind. Und wenn es regnet, ich meine wirklich regnet, so haben wir die Halle mit dem Doppel-Perron und sehen wie der Zug abgeht. Ich sehe nichts lieber als das, und ist mir immer, als reist’ ich mit jedem einzelnen mit. Und dann zurück, und dann unser Frühstück, das in solchem Momente wieder einen Ernst und eine Bedeutung gewinnt, und jenes Dankesgefühl anregt, das in sich selber einer Andacht nahe kommt. Und auch daran liegt mir. Denn ich hab’ es satt, Eveline, so beziehungslos zu dem, was doch schließlich immer das Höchste bleibt, in den Tag hineinzuleben. Ich will Stellung nehmen, und wenn es sein muß (aber selbstverständlich ohne mich vorzudrängen), ein Zeugnis ablegen.“
„Und dann?“
„Und dann ins Bureau, freudig und frisch. Und mit dem Kopfweh, denk ich, soll es vorbei sein.
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Zitationshilfe: | Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_reise_1894/25>, abgerufen am 04.07.2024. |