Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894.die als Erste zurück war, trat auf den Vorplatz hinaus, um das Kaffeegeschirr wegzuräumen, das noch auf verschiedenen Tischen umherstand. "Da haben Sie ja, liebe Frau Meergans, einen neuen Gast im Hause. Ich hab' ihn gestern schon mit der Schubkarre kommen sehen. Wer ist denn der Alte?" "Das ist der alte Wilhelm." "Ein freundlicher alter Mann. Und er sagt, er sei achtzig." "Das ist er auch. Vielleicht noch ein paar Jahre mehr." "Ich kann mich nicht recht in ihm zurecht finden. Schon gestern, in seiner Jacke, fiel er mir auf. Und nun gar heute. Wie kommt er nur zu dem blauen Frack und zu all dem andern?" "Ich weiß nicht. Als wir vor funfzehn Jahren aus dem Böhmischen herüberkamen und das Haus hier kauften, da war er schon im Dorf. Und er trug auch schon Sonntags den Frack und den spitzen Hut, und sah auch ebenso alt aus wie jetzt. Aber das mag täuschen; wenn man selber jung ist, erscheinen einem die Leute so alt, als könnten sie nicht älter werden." "Und der alte Wilhelm heißt er?" "Ja." die als Erste zurück war, trat auf den Vorplatz hinaus, um das Kaffeegeschirr wegzuräumen, das noch auf verschiedenen Tischen umherstand. „Da haben Sie ja, liebe Frau Meergans, einen neuen Gast im Hause. Ich hab’ ihn gestern schon mit der Schubkarre kommen sehen. Wer ist denn der Alte?“ „Das ist der alte Wilhelm.“ „Ein freundlicher alter Mann. Und er sagt, er sei achtzig.“ „Das ist er auch. Vielleicht noch ein paar Jahre mehr.“ „Ich kann mich nicht recht in ihm zurecht finden. Schon gestern, in seiner Jacke, fiel er mir auf. Und nun gar heute. Wie kommt er nur zu dem blauen Frack und zu all dem andern?“ „Ich weiß nicht. Als wir vor funfzehn Jahren aus dem Böhmischen herüberkamen und das Haus hier kauften, da war er schon im Dorf. Und er trug auch schon Sonntags den Frack und den spitzen Hut, und sah auch ebenso alt aus wie jetzt. Aber das mag täuschen; wenn man selber jung ist, erscheinen einem die Leute so alt, als könnten sie nicht älter werden.“ „Und der alte Wilhelm heißt er?“ „Ja.“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0219" n="217"/> die als Erste zurück war, trat auf den Vorplatz hinaus, um das Kaffeegeschirr wegzuräumen, das noch auf verschiedenen Tischen umherstand.</p><lb/> <p>„Da haben Sie ja, liebe Frau Meergans, einen neuen Gast im Hause. Ich hab’ ihn gestern schon mit der Schubkarre kommen sehen. Wer ist denn der Alte?“</p><lb/> <p>„Das ist der alte Wilhelm.“</p><lb/> <p>„Ein freundlicher alter Mann. Und er sagt, er sei achtzig.“</p><lb/> <p>„Das ist er auch. Vielleicht noch ein paar Jahre mehr.“</p><lb/> <p>„Ich kann mich nicht recht in ihm zurecht finden. Schon gestern, in seiner Jacke, fiel er mir auf. Und nun gar heute. Wie kommt er nur zu dem blauen Frack und zu all dem andern?“</p><lb/> <p>„Ich weiß nicht. Als wir vor funfzehn Jahren aus dem Böhmischen herüberkamen und das Haus hier kauften, da war er schon im Dorf. Und er trug auch schon Sonntags den Frack und den spitzen Hut, und sah auch ebenso alt aus wie jetzt. Aber das mag täuschen; wenn man selber jung ist, erscheinen einem die Leute so alt, als könnten sie nicht älter werden.“</p><lb/> <p>„Und der alte Wilhelm heißt er?“</p><lb/> <p>„Ja.“</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [217/0219]
die als Erste zurück war, trat auf den Vorplatz hinaus, um das Kaffeegeschirr wegzuräumen, das noch auf verschiedenen Tischen umherstand.
„Da haben Sie ja, liebe Frau Meergans, einen neuen Gast im Hause. Ich hab’ ihn gestern schon mit der Schubkarre kommen sehen. Wer ist denn der Alte?“
„Das ist der alte Wilhelm.“
„Ein freundlicher alter Mann. Und er sagt, er sei achtzig.“
„Das ist er auch. Vielleicht noch ein paar Jahre mehr.“
„Ich kann mich nicht recht in ihm zurecht finden. Schon gestern, in seiner Jacke, fiel er mir auf. Und nun gar heute. Wie kommt er nur zu dem blauen Frack und zu all dem andern?“
„Ich weiß nicht. Als wir vor funfzehn Jahren aus dem Böhmischen herüberkamen und das Haus hier kauften, da war er schon im Dorf. Und er trug auch schon Sonntags den Frack und den spitzen Hut, und sah auch ebenso alt aus wie jetzt. Aber das mag täuschen; wenn man selber jung ist, erscheinen einem die Leute so alt, als könnten sie nicht älter werden.“
„Und der alte Wilhelm heißt er?“
„Ja.“
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Zitationshilfe: | Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_reise_1894/219>, abgerufen am 04.07.2024. |